18 | Schluss machen.

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In der folgenden Nacht habe ich kaum geschlafen. Ich habe mich in mein Bett gelegt und gelesen. Oder es zumindest versucht. Meine Gedanken waren in dem Moment leider lauter, als jedes einzelne Wort in diesem Buch. Ich wollte aber nicht. Ich wollte nicht über meine Probleme nachdenken. Ich wollte mich in dem Buch verlieren und die Realität kurz vergessen.

Irgendwann sah ich allerdings ein, dass das nicht funktionierte, warf das Buch auf den Boden und fuhr mir seufzend durch die Haare. "Ach, fuck." Das was ich die ganze Zeit vermeiden wollte, ist eingetroffen. Andre stellte sich als Arsch heraus und ich Idiot mochte ihn.

Warum war bloß alles so scheiße?

Als ich nicht gekommen war, zu unserer Verabredung zum schwimmen, hatte er mir 'n paar Nachrichten geschickt. Er wollte wissen, wo ich war. Warum ich mich nicht meldete. Was mit mir los war. Gott, als ob ihn das wirklich interessiert hätte, pah. Kurz gesagt, ich hab' nicht geantwortet.

Beinahe die ganze Nacht über dachte ich nach. Aber nicht über Andre. Zumindest nicht nur. Eher über Leon. Auch wenn das mit Andre gelaufen war, wollte ich mich von ihm trennen.

Ich liebte ihn nicht mehr. Das war eine Tatsache, die ich nicht leugnen konnte. Und er hatte es verdient das zu wissen. Danach war ich eben alleine. Aber egal. Ich brauchte keinen Typen, um glücklich zu sein. Ich gehörte nicht zu den Mädchen, die ohne Freund nicht existieren konnten. So war ich nicht. Ich brauchte niemanden. Ich kam mehr als gut alleine klar.

Als ich zu diesem Schluss gekommen war, nahm ich mir meinen Laptop, fuhr ihn hoch und surfte im Internet. Hörte mir Musik an und las mir einige Artikel durch, bis ich schließlich bei Tumblr landete.

Ich war nicht allzu oft auf Tumblr unterwegs, aber wenn dann richtig. Tumblr war wir eine Sucht, wie eine Droge. Diese Seite hatte irgendeine magische Anziehungskraft, die es mir verbot sie wieder zu verlassen. Ich schlief in dieser Nacht also so gut wie gar nicht. Ich war nur im Internet unterwegs und dachte nach. Das war's.

Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, warf ich einen Blick auf meine Uhr. 08.56 Uhr. Ich fiel fast vom Bett und wurde sofort panisch. Leon wollte um 9 Uhr zu mir kommen und ich war null vorbereitet!

Okay, das war ein guter Zeitpunkt, um zu hyperventilieren.

Ich legte meinen Laptop schnell neben mich und stand auf. Dann lief ich, wie verrückt geworden, in meinem Zimmer auf und ab. Ich musste gleich Schluss machen. Ich wollte auch!

Das was mich so fertig machte, war eine Frage, die nicht ganz unwichtig dabei war. Eine, die ich mir bis jetzt noch gar nicht so richtig gestellt hatte: wie? Wie machte ich richtig Schluss? Ich hatte noch nie mit einem Jungen Schluss gemacht und hatte keine Ahnung was genau man am besten sagte. Oder was nicht. Wie sollte ich mich verhalten, wenn e-

Die Türklingel riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich kurz erstarren. Ich fasste mich aber bald darauf wieder und verließ mein Zimmer. Mein Herz rutschte mir in die Hose, als ich langsam auf die Tür zuging und diese dann aufmachte. Es war Leon. Natürlich war er es. Wer auch sonst?

"Hey, Schatz.", begrüßte er mich. - Leute, alleine dieses 'Schatz' tat mir im Herzen weh. Dieses eine Wort stach in mein Herz und trampelte darauf herum. Aber, halt, nein. Okay. Schluss machen. Ich schaffte das schon. Bloß nicht kneifen. Irgendwie musste es doch gehen. Ich zwang mich dazu ruhig zu bleiben. Weder zu schnell zu atmen, noch zu stottern. Ich wollte das durchziehen.

"Hi!", entgegnete ich und trat zur Seite. "Komm rein."

"Du, öhm, sorry, aber das mit dem reinkommen und langem Hierbleiben wird wohl nichts mehr. Ich bin schon so echt spät dran. Ich hab' da was mit den Zeiten verwechselt und so, kennst mich doch." Ich starrte ihn mit großen Augen an. Das konnte doch wohl nicht sein verdammter Ernst sein. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sah ich ihn nur weiterhin an. Nach einigen Sekunden kam er ein paar Schritte auf mich zu und legte seine Hand auf meine Taille.

"Ich bin scheiße, ich weiß. Tut mir echt leid. Ich werd' dich vermissen. Aber wir können telefonieren, okay? Bald." Dann lehnte er seinen Kopf zu mir, um mich zu küssen. Aber alles in mir schrie, ich sollte ihn nicht küssen, es war nicht richtig. Also zog ich meinen Kopf ruckartig zurück, wofür ich fragende Blicke von ihm erntete.

Ich atmete tief durch. - Er hatte nicht viel Zeit? Okay, dann eben nur die Kurzversion.

"Ich kann das nicht, Leon. 'tschuldigung, aber ich kann einfach nicht."

Er runzelte die Stirn. "Was meinst du? Warum kannst du mich nicht küssen?"

"Weil es sich nicht mehr richtig anfühlt.", sagte ich leise. - Er entgegnete nichts, er sah mich nur an. Wahrscheinlich verstand er nicht so ganz, was abging, also erklärte ich es ihm genauer.

"Ich, also okay...in dieser Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben, da wurde mir irgendwie klar, dass das so nicht mehr funktionieren kann. Dass ich das, was ich vor ein paar Monaten noch für dich empfunden habe, jetzt nicht mehr empfinde. Es ist so viel passiert. Und ich hab' echt viel nachgedacht. Also, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es wohl besser wäre, wenn wir Schluss machen. Tut mir leid. Wirklich. Auch, dass ich dir das jetzt, so plötzlich, sage. Ich vermassel dir wahrscheinlich München."

"Du willst Schluss machen." Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, also nickte ich.

Er nickte ebenfalls. "Ich, okay. Wenn du das willst. Nur... Also, es gibt aber keinen anderen Grund oder? Einen anderen... Kerl?"

Ich schluckte. Irgendwie ja schon. Also indirekt hatte ich einen anderen gehabt. "Nein.", meinte ich. Nicht mehr. "Also, naja, okay. Ich habe einen anderen geküsst, ich geb's zu. Aber, Leon, das war ein Fehler. Wirklich. Es hat nichts bedeutet und ich habe auch nicht vor, das nochmal zu machen."

Es fühlte sich wirklich gut an das zu sagen, denn es war die Wahrheit. Das mit Andre war ein Fehler. Einer, den ich zu spät bemerkt hatte. Ich hatte auch nicht vor ihn nochmal zu küssen oder zu sehen.

Er verzog keine Miene, stand einfach nur da, dachte über meine Worte nach. "Vielleicht hast du Recht.", meinte er schließlich. "Wir sollten Schluss machen. Mal 'ne Pause einlegen." Ich nickte nur leicht und sah auf den Boden. Wartete darauf, dass er noch etwas sagte. Aber das tat er nicht. Er starrte mich nur an. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich daraus schließen sollte.

Diese unangenehme Stille, die herrschte, war schlimmer als alle Worte, die er mir an den Kopf hättte werfen können. Um sie zu durchbrechen sagte ich einfach das Erstbeste was mir einfiel.

"He, du solltest vielleicht jetzt gehen. Du kommst noch zu spät und verpasst München." Ich lächelte ihn vorsichtig an, er lächelte allerding nicht zurück. Er drehte sich nur langsam von mir weg. "Mh. Tschau.", meinte er emotionslos. "Tschau.", flüsterte ich. "Bis da- bis irgendwann." Und dann war er weg.

Ich ging einen Schritt rückwärts, in die Wohnung, machte die Tür zu und lehnte mich dann gegen sie.

Ich hatte es geschafft. Es war vorbei. Es fühlte sich so befreiend an, aber ich fühle mich irgendwie auch schlecht gegenüber Leon. Wir würden uns wahscheinlich nicht mehr sehen. Zumindest für's erste. Vielleicht schafften wir es irgendwann Freunde zu werden, aber bis dahin war es noch eine ganze Weile hin. Immerhin war er erstmal weg, da konnten wir uns nicht zufällig über den Weg laufen. - War vielleicht ganz gut so.

Tja, das war's jetzt also.

Jetzt gab es kein 'Leon und ich' mehr. Jetzt war da nur noch ich. Das war das erste Mal seit einem guten Jahr, dass ich wieder single war.

Und nach der Sache mit Andre, hatte ich auch vor, das erstmal zu bleiben.

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hi Leute. :) heute mal ein Update am Mittwoch, weil ich krank bin. und wenn ich krank bin hänge ich nur am Laptop und versuche nicht zu sterben, hahah. und jetzt mal für die, die gefragt haben: ich update normalerweise ein Mal die Woche, meistens Freitag oder Samstag. :D diese Woche eben zwei Mal, weil ich krank bin, mhja. und lasst gerne ein Vote da. :)

wrong choice | andre schiebler ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt