2 | Kaffee oder Cola?

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Der Ansturm hatte nach einer Weile stark abgenommen und ich konnte mich etwas zurücklehnen und entspannen. Ich verließ die Theke für einen Moment und ging in den Pausenraum. - Eigentlich hatte ich keine Pause, aber es war wie gesagt nicht viel los, also war es bestimmt kein großes Problem. - Dort lag Flo auf dem kleinen Sofa und blätterte gedankenverloren in irgendeiner Fitnesszeitschrift. - Das war echt so typisch für ihn. 

"Na? Ist deine kleine Freundin schon weg oder warum bist du hier?", witzelte ich.

Damit meinte ich nicht seine richtige Freundin, sondern ein blondes Mädchen, das beinahe jeden Tag ins Fitnessstudio kam. Flo trainierte ziemlich oft mit ihr. - Nein, nicht nur ziemlich oft, sondern sogar schon auffällig oft. Es war wirklich mehr als offensichtlich, dass er auf sie stand, was ich, ehrlich gesagt, gar nicht nachvollziehen konnte.

Vom Aussehen und vom Auftreten her passte er überhaupt nicht zu ihr.

Sie trug immer Trainingsklamotten von Chanel oder anderen teuren Marken, hatte die Haare zu einem strengen Dutt geknotet und verhielt sich, milde gesagt, wie eine unsympatische, verwöhnte Prinzessin, die alles in den Arsch gesteckt bekam. -  Ich hatte mich ein Mal mit ihr unterhalten und... bah. Einfach nur bah. Sie war das genaue Gegenteil von Flo.

Ich konnte, wie schon gesagt, absolut nicht verstehen, warum er sie mochte.

"Nein, sie war noch nicht da.", entgegnete er. "Ohh Flo, keine Sorge, dein kleines Prinzesschen taucht ganz bestimmt bald auf." Er sah auf und warf mir ziemlich feindselige Blicke zu, woraufhin ich in einem viel zu lauten Lachanfall ausbrach.

"Jetzt hör doch auf, Viola. Und warum bist du eigentlich hier? Du hast doch nicht mal 'ne Pause. Oder?", fragte er sichtlich zerknirscht.  Ich winkte ab. "Ist nichts los. Außerdem steh' ich gleich wieder hinter der Theke, als wäre ich nie weg gewesen.", erwiderte ich schulterzuckend und versuchte mich neben ihn auf das Sofa zu zwängen.

"He?! Ich war zuerst da.", beschwerte er sich. Ich hob abwehrend die Hände. "Bleib mal cool. Wir sind heute anscheinend 'n bisschen zickig, hm? Warum wohl?", meinte ich grinsend. Flo murmelte etwas unverständliches, dann wendete er sich wieder der Zeitschrift zu.

Da ich das Sofa anscheinend vergessen konnte, stand ich auf und ging zum Schrank, um einen Becher zu suchen, da klingelte plötzlich mein Handy. Ich zog es geschickt aus meiner Hosentasche und sah auf das Display. - 'Unbekannte Nummer', stand da. - Na toll. Meiner Erfahrung nach bedeutete es nie etwas Gutes, wenn eine unbekannte Nummer anrief. 

Trotzdem ging ich ran und legte das Handy zwischen mein Ohr und meine Schulter, während ich, in dem schon erwähnten Schrank, nach einem Becher für den Kaffee, den ich mir machen wollte, kramte. "Ja hallo? Wer ist da?", fragte ich neugierig in den Hörer.

"Heyho Babe, ich bin's.", meldete sich Leon, mein Freund.

"Oh, ähm, hi. Was ist das denn für ne Nummer? Von wo aus rufst du an?", wollte ich wissen. "Ach, das is' doch nicht so wichtig. Du Viola, hör mal, ich muss dir was wichtiges sagen. Es is' wegen heute Abend." Ich runzelte die Stirn und ging zur Kaffeemaschine.

Das erste woran ich dachte, war das Restaurant. - Kein Platz mehr für uns. 

"Die hatten wohl keinen Tisch mehr frei, was? Nicht schlimm. Wir können von mir aus auch ins Kino gehen, ist doch auch schön.", meinte ich. "Ja. Ähm, nee. Das is' es nicht. Also die Sache ist die. - Ich kann doch nicht.", entschuldigte er sich. - Er konnte doch nicht? 

"Ist das dein Ernst?", fragte ich. "Warum geht's diesmal nicht?"

"Tut mir ja leid, aber es ist was wichtiges dazwischengekommen.", antwortete er nur.

"Gut, dann eben nicht. Ich wünsch' dir viel Spaß.", keifte ich und legte auf. - Ugh. Eigentlich regte mich sowas nicht auf. Ich meine, jedem konnte doch mal was dazwischenkommen. Aber bei Leon kam sowas in letzter Zeit wirklich anormal häufig vor. Wir hatten uns seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen, weil er nie Zeit für mich hatte.

Das tat unserer Beziehung gar nicht gut. Im Gegenteil.

Sein Verhalten zerstörte unsere Beziehung langsam aber sicher. 

Ich zwang mich regelrecht nicht mehr an diesen Idioten zu denken und drehte mich mit meinem, inzwischen vollen Becher, wieder zu Flo um.

Dieser grinste mich triumphierend an. "Na, Stress?" Er wackelte mit den Augenbrauen.

"Nope. Es ist alles super. Könnte nicht besser sein.", log ich. 

"Oh, bestimmt ist es das.", konterte er grinsend. 

Ich verdrehte die Augen. "Ja. Ja, das ist es. Und jetzt, entschuldige mich bitte, ich muss, im Gegensatz zu dir, arbeiten.", meinte ich und ging mit schnellen Schritten Richtung Tür. "Ich weiß doch dass du lügst, Viola!", rief er mir lachend hinterher.

"Na schön! Wenn du das weißt, dann weiß ich, dass du auf Blondie stehst!", konterte ich grinsend, verließ den Raum und warf dann die Tür hinter mir zu.

Ich schlurfte zurück zur Theke, vor der nach wie vor keine Menschenseele stand. Ich setzte mich seufzend auf den Drehstuhl und stellte den Becher neben mich. Dann begann ich, aus Langeweile, die vielen Blätter, die überall verstreut lagen, zu sortieren. 

Ich hatte noch nicht einmal die Hälfte geschafft, da räusperte sich eine männliche Stimme vor mir und ich sah überrascht auf. Oh nein. Es war der Typ von vorhin.

"Ja bitte? Wie kann ich helfen?", fragte ich. Ich versuchte einfach nicht so genervt zu wirken, wie ich es eigentlich war. "Ich wollte nur noch tschüss sagen, bevor ich gehe.", entgegnete er lächelnd. Tschüss sagen? Ich zog verwundert die Augenbrauen zusammen.

"Aha. Dann... tschüss.", meinte ich langsam und hob die Hand. "Und... außerdem wollte ich dich fragen, ob wir mal was zusammen trinken gehen wollen. Wie wär's mit 'nem Kaffee?", schlug er vor. Oh, das verstand er also unter 'tschüss sagen', interessant. 

"Danke, aber ich hab' schon einen." Ich hielt ihm meinen Becher vor die Nase.

"Schade. Vielleicht ein andermal? Du kannst mir ja deine Nummer gehen, ich ruf' dich an."

Gott, war dieser Typ hartnäckig. - Verstand er denn nicht, dass ich angepisst war und meine Ruhe wollte? So schwer von Begriff konnte er doch gar nicht sein. 

"Sorry, aber ich hab' echt keine Zeit für sowas. Könntest du bitte einfach gehen, wenn du nichts willst? Du hältst alles auf." Er warf einen Blick hinter sich, dann schaute er wieder zu mir. "Da ist aber keiner, den ich aufhalten könnte.", meinte er grinsend.

Ich kniff die Augen zusammen und funkelte ihn an. "Jetzt hör mir mal gut zu: ich hab' weder vor dir meine Nummer zu geben, noch mit dir einen Kaffee trinken zu gehen, also verschwende deine und meine Zeit nicht und verschwinde einfach."

"Wie wär's mit ner Cola?", witzelte er. 

Ich schüttelte den Kopf. "Da drüben ist der Ausgang.", konterte ich, deutete dahin und widmete mich dann wieder meinen Blättern, die ich sortieren wollte. Ich konnte hören wie er leise auflachte. Kurz darauf Schritte, die sich langsam von mir entfernten.

Vorsichtig lugte ich hoch. Er war tatsächlich gegangen. - Endlich.

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Über Votes und Kommis freu' ich mich immer! :D Ihr könnt jetzt zwar noch nicht viel zu der ff sagen, weil sie erst zwei Kapitel hat, aber ich hoffe mal, dass diese beiden euch gefallen haben. ^.^

wrong choice | andre schiebler ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt