Kapitel 1

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Hi ,
Das ist mein erstes Buch und ich würde mich über Kommentare und Votes von euch sehr freuen ! :)

"Emily ?!", riss mich die Stimme meiner Mutter in die Wirklichkeit zurück. "Ja ?", gab ich als Antwort. Die letzten Minuten waren aus meinem Gedächtnis gestrichen. Wie lange hatte ich teilnahmslos auf meinem Stuhl gesessen ? Sie fixierte mich mit einem überfürsorglichen Blick. Typisch meine Mutter. "Geht es dir gut ? Heute wird ein harter Tag, du musst doch wenigstens eine Kleinigkeit essen." Ach ja , wir waren dabei , zu frühstücken. Immerhin, ein Detail der letzten Minuten war mir wieder eingefallen. Da meine Mutter nun stirnrunzelnd zu mir herübersah und eine Antwort zu erwarten schien, arbeitete es in meinem Kopf. Schließlich nickte ich nur und begann, mir eine Mandarine abzupellen. Das Letzte was ich gerade wollte, war etwas zu essen aber da ich mit leerem Magen später garantiert Hunger bekommen würde, gab ich nach. Mein Vater war mit seinem Butterbrot beschäftigt und mein Bruder sah mich mitfühlend an. Er war 17, zwei Jahre älter als ich, und verstand absolut immer meine Gefühlslage. Er half mir bei schwierigen Hausaufgaben und unterstützte mich auch sonst wo es möglich war. Beliebt, hilfsbereit, humorvoll, mitfühlend, schlau. Er war immer für mich da, wenn es mir nicht gut ging. Ein echter Traumbruder eben. Mich bedrückte etwas und das war auch offensichtlich. Ich nahm an, er hatte das gleiche Problem. Im Gegensatz zu mir ging er nur anders damit um. Er ließ den Kopf nicht hängen und machte nicht aus allem ein Drama. Nein, er fand sich damit ab, anstatt rumzuheulen wie ich. Wir waren dabei, umzuziehen. Aus vielerlei Gründen wollten meine Eltern den Wohnort wechseln. Mein Vater würde dort als Anwalt arbeiten und meine Mutter hatte endlich eine Agentur gefunden, bei der sie als Architektin tätig werden würde. Des weiteren war es schon sehr lange der Traum meiner Eltern, am Meer zu wohnen. Noch lebten wir in Omaha/Nebraska und unser neues zu Hause würde Miami/Florida sein. Selbstverständlich wollten mein Bruder Lucas und ich auch am Meer wohnen, wir mussten dafür jedoch ein Kompromiss eingehen, und zwar sehr weit von unseren besten Freunden entfernt sein. Dieser war der Tag des Aufbruchs und ich war nicht darauf vorbereitet. In den Ferien hatte ich mich bislang so oft es ging mit meinen Freunden getroffen, genauso wie Lucas mit seinen Freunden. Wir hatten viel unternommen und auch viel Spaß gehabt, jedoch plagte mich stets der Hintergedanke, sie bald verlassen zu müssen. Man, das klang ja als würde ich sterben !!! Vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ich war eben traurig. Heute stand mir noch der Abschied bevor. Sobald ich letzte Dinge eingepackt hätte, würde ich meine Freundinnen treffen. Dieser Gedanke ließ mich meine Mandarine aufessen und, gleichzeitig mit meinem Bruder, aufstehen, sowie in mein Zimmer hochgehen. Wir liefen schweigend die Treppe hoch, dann bog jeder in Richtung seines Zimmer ab. Ein kahler Raum erwartete mich. Ich hatte noch nie irgendwelche Poster an den Wänden gehabt, allerdings fehlten jetzt auch sämtliche Möbel, Dekorationen und generell alle Gegenstände in meinem Zimmer. In Miami würde ich ein größeres Zimmer haben, da das Haus dort auch größer sein würde. Wie unschwer erkennbar, war meine Stimmung schon den Bach runtergegangen und hatte sich nicht wieder blicken lassen. Die Kahlheit des Raumes verband ich nur mit weiterem Trübsinn. Dabei freute ich mich eigentlich auf das Leben an der Küste. Klar würde ich neue Freunde finden können, meine besten Freunde hier in Omaha waren bisher nur unersetzbar gewesen. Denk gefälligst positiv !!! ,dachte ich. Ja ok... ich würde irgendwie den Kontakt halten können... Nach diesem herrschte Gedankenstille. Ich packte einfach nur letzte Sachen, wie mein Handy und ein Buch, in meine Umhängetasche. Dann begann ich, die leichten Kartons nach unten in das ehemalige Wohnzimmer zu verfrachten. Die schweren Kisten überließ ich den angeheuerten Umzugshelfern. Sie mussten ja ohnehin den Umzugswagen vollpacken und zum neuen Haus fahren. Und so etwas wie ein großer Schrank in Einzelteilen in eine Kiste verbannt war für mich zu schwer. Ich beschloss, nun meinen besten Freunden mitzuteilen, dass ich bereit für unser Abschiedstreffen war. Alle drei kontaktierte ich per Telefon. Wir einigten uns auf ein kleines Café ein paar Straßen weiter. Ich wollte sofort aufbrechen. Ein dumpfes Geräusch war zu hören. Sicher eine Tür. Mein Bruder musste genau das Gleiche vorgehabt haben, wie ich. Ein wenig gruselig war es schon, dass wir so oft das gleiche dachten... Wir gaben unseren Eltern bescheid und verließen gemeinsam das Haus. Ja, wir machten viel gemeinsam, da wir uns so gut verstanden. Einige Meter lang herrschte die gewohnte Stille. Es war mittlerweile fast schon zu einem Ritual geworden, schweigend loszugehen. Die ganzen Ferien über, fast jeden Tag. Ich musste einfach irgendetwas sagen. "Wo trefft ihr euch ? "
"Bei Shawn zu hause ", kam die Antwort. "Ich werde sie vermissen aber ich muss mir eben neue Kumpels suchen.", fügte er kurz darauf hinzu. Von anderen Jungs konnte ich mir gar nicht vorstellen, so etwas zu hören wie "Ich werde sie vermissen". Für Lucas war das ganz normal. Er war eben kein gemeiner Badboy, sondern ein ganz netter Typ. Shawn war sein absolut bester Freund. Auch ich kannte ihn schon sehr lange und wusste daher, dass auch er sehr nett war. Obwohl Mädchenfreundschaften meist stärker und vertrauensvoller waren, ging er mit ihm durch dick und dünn. Sie verstanden sich blendend. "Jap. Das sehe ich genauso.", sagte ich, bedacht darauf, nicht traurig zu klingen. Der Punkt an dem Lucas abbiegen musste war erreicht. "Na dann bis heute Nachmittag !", rief er mir noch hinterher. Wir sagten das einfach so. Aber vielleicht war es gar nicht so einfach, Anschluss an der neuen Schule zu finden. Vielleicht waren die Leute dort auch gemein und unsympathisch. Ich konnte es nicht wissen. Das einzige was ich wusste war, dass wir umziehen würden und dass ich das Beste daraus machen sollte. Ach ich dachte schon wieder viel zu negativ! Wieder riss mich etwas aus meinen Grübeleien, doch dieses Mal war es keine Stimme. Die Tatsache, dass ich angekommen war, ließ es nicht zu, dass ich mir weiter den Kopf zerbrach. Ich erblickte meine Freundinnen schon durch die Fensterscheibe. Ein breites Grinsen erfüllte mein Gesicht. Wer kennt das nicht, wenn man auf seine Freunde zukommt und schon einige Meter vorher anfängt zu lachen ? Einfach schön. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, umgab mich die fröhliche Stimmung der lärmenden Menschen. Ich hatte das Gefühl, sie fast schon greifen zu können, so deutlich war die Fröhlichkeit spürbar. Die drei Mädchen deuteten auf einen leeren Stuhl am Tisch und ich setzte mich zu ihnen. Marie, Lisa und Liana, meine besten Freunde, schauten mich mit undeutlichen Gesichtsausdrücken an. Sie schienen sich nicht sicher zu sein, wie sie auf die Situation reagieren sollten. Mir war klar, dass es nichts gebracht hätte, um den heißen Brei herumzureden. Es würde so oder so bestimmt auf ein trauriges Gespräch hinauslaufen. Schon wieder übermannte mich Traurigkeit, bis ich mich selbst im Griff hatte. Ich sagte einfach direkt, was uns alle beschäftigte. "Ich werde euch wahnsinnig vermissen."
"Und wir alle werden dich vermissen.", meinte Marie. Liana entgegnete was ich schon so oft gedacht und gehört hatte.
"Aber du wirst neue Freunde finden und wir können natürlich trotzdem in Kontakt bleiben." Meine Worte platzten nur so aus mir heraus. "Ich weiß nur nicht, wie ich dort ohne euch klarkommen soll. Ihr wart bislang für mich immer unersetzbar." Mir wurde bewusst, dass dies, wenn auch nur ein kurzes, ein Drama werden würde. Das ist ja wie im Film, dachte ich, ein unglaublich trübsinniger Film. Allerdings war damit zu rechnen, da ich mich für unbestimmte Zeit von ihnen verabschiedete. Wenn überhaupt, könnten wir selten persönlichen Kontakt haben. Vor allem der Anfang an der neuen Schule würde hart werden. Lisa brachte uns zu den Tatsachen zurück. "Leute, ich erkenne doch an euren Gesichtern was ihr denkt. Aber ganz im Gegenteil ! Wir können nicht wissen, wie es Emily auf der neuen Schule ergeht. Vielleicht wird auch alles traumhaft, du findest perfekte neue Freunde und fühlst dich da total wohl." Der letzte Satz war nur an mich gerichtet. Und sie hatte recht ! Wie so oft schon, wusste sie genau wie man die Stimmung anderer hob. In diesem Moment beschloss ich, neutral eingestellt und nicht voreingenommen dort hinzureisen. Vielleicht war das noch gerade rechtzeitig gekommen. Diese Aufmunterung hatte einiges bewirkt. Auch Marie und Liana schienen glücklicher als zuvor. Wir genossen die vorerst letzten Stunden miteinander und lachten viel. Jegliche Anspannung und Traurigkeit war verflogen. Und das nur aufgrund von geschickt gewählten Worten. Gegen 13 : 00 Uhr, zur Mittagszeit, bestellten wir uns Sandwiches. Etwas Sättigenderes war in der Karte nicht zu finden. Das hatten wir auch nicht erwartet, schließlich befanden wir uns in einem Café. Zwischendurch tranken wir immer mal wieder Wasser oder Cola. Das hatte seinen Preis, ich musste sofort nach dem Mittagessen auf die Toilette. An den unzähligen Tischen mit noch mehr Stühlen vorbeigewunden, betrat ich den Raum. Ich hatte mir gerade die Hände gewaschen und betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte mich noch nie wirklich runter gemacht, mein Aussehen aber auch nicht übermäßig gelobt. Im Bezug auf mein Äußeres reagierte ich immer normal. Ich sah ja auch normal aus. Schon wieder riss mich etwas brutal aus meinen Gedanken. Wie oft sollte das denn noch so geschehen ?! Die Eingangstür der Mädchentoilette wurde aufgestoßen. Und eine mir bekannte Person trat ein. Es war Melina, oder " Die Zicke der Schule ", wie ich sie insgeheim auch nannte. Da war die Stimmung gerade so gut gewesen und schon brachte sie etwas zum Kippen. Was für ein Zufall ! War ja nicht so, dass mir sowas andauernd passierte ! Irgendjemand schaffte es doch immer, einem die Laune zu vermiesen. Dieses Mädchen konnte man einfach nur verabscheuen. Sie war fies, selbstgefällig und ihr war keine Methode zu schade, jemand anderes zu ärgern oder schlecht dastehen zu lassen. In meiner alten Schule stolzierte sie immer mit ihrer Clique aus aufgedonnerten Tussis umher und kam sich unglaublich toll vor. So jemanden würde es wohl auf jeder Schule geben, darauf müsste ich mich einstellen. Melina erkannte mich, ihr Mund ging auf, da sie etwas sagen wollte und bei dem Gedanken an ein Gespräch würgte ich innerlich. Ich riss mich zusammen und da ich sie bald los sein würde, hörte ich ihr halbherzig zu. " Oh hi Emily ! Was für ein Zufall ! Ich habe gehört, dass du wegziehst und wollte mich sowieso noch von dir verabschieden. Wir hatten doch immer so viel Spaß miteinander !" Ihre affektiert zuckersüße Stimme hatte mir noch nie gefallen. Warum log dieses Mädchen, wenn niemand in der Nähe war, der ihr das glauben könnte ? Ich wusste nicht, warum manche Menschen auf sie reinfielen. Aber es war leider so. Wir hatten immer genau das Gegenteil von "Spaß miteinander" gehabt. Ich verstand nicht wirklich, warum sie so war und ihr Charakter schien sich nicht ändern zu wollen. Sie verabschiedete sich also von mir, aha. Mich beeilend, wieder in das Café zu kommen, lief ich an ihr vorbei. Im Hinausgehen verstellte ich genauso wie sie meine Stimme. "Danke ! Ich wünsche dir noch ein schönes Leben !" Wieder am Tisch angekommen, freute ich mich, dass es durch mein überstürztes Aufbrechen gar nicht zu einer Gemeinheit ihrerseits kommen konnte. Als Marie, Liana und Lisa erfuhren, was passiert war, mussten sie unwillkürlich lachen. "Mit der musst du dich dann nicht mehr herumschlagen", bemerkte Liana. Meine Freundinnen und ich dachten also annähernd das gleiche. Ein Gefühl, verstanden zu werden, ermöglichte mir, nicht traurig zu klingen, als ich ihnen sagte, dass ich losmusste. Ich bemühte mich, den Abschied kurz und schmerzlos zu machen. "Na dann", begann ich, "wir werden uns bestimmt in den Ferien mal treffen können." Sie waren der gleichen Meinung. Wir umarmten uns einzeln und ich schnappte mir meine Tasche von der Rückenlehne meines Stuhls. Es war schon 14:00 Uhr und es war nun wirklich Zeit, mich auf den Weg zu machen. Schließlich wollten wir heute noch losfahren. Nach dem Verlassen des Cafés beeilte ich mich nach hause zu kommen. Positiv eingestellt, wanderte ich die Straßen entlang. Ich fragte mich, ob Lucas schon zu hause war. Hatte er auch so ein schönes Abschiedstreffen gehabt ? Jungs gingen ja generell cooler mit solchen Situationen um. Die hatten bestimmt nicht so ein Drama daraus gemacht. Freudestrahlend kam ich schließlich zu hause an. Der Rückweg erschien mir viel kürzer als der Hinweg. Das erste Mal seit einigen Tagen war ich wieder so richtig optimistisch und fröhlich ! Lucas stand vor dem Haus und sah auch nicht gerade traurig aus. Ich freute mich für ihn. Der Lastwagen war schon vollgetankt und unser Auto stand bereit. Sie hatten nur noch auf mich gewartet. "So, jetzt aber schnell ! Lasst uns aufbrechen !", meinte mein Vater. Daraufhin stiegen mein Bruder und ich auf die Rücksitze und meine Eltern nahmen vorne ihre Plätze ein. Nun ging es also los. Wir brachen in unser neues Leben auf !

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East Coast BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt