Allmählich hatte ich echt zu viel von diesen ganzen Drehungen und Wendungen in meinem Leben. Erst dachte ich, ich hätte neue Freunde gefunden, dann belogen sie mich und ich war wieder allein. Dann gestand ich mir selbst ein, etwas für Jayden zu empfinden, was bei mir schon rekordverdächtig war, woraufhin rauskam, dass er eine Freundin hat und ich war immer noch allein mit meinem Elend. Ich nahm mir vor, mit solchen Sachen ab sofort langsamer umzugehen. Immerhin erschien es mir im Nachhinein völlig unlogisch umzuziehen und gleich am ersten Schultag Freunde zu finden, sowie mich in einen Typen zu verknallen und überhaupt die Chance zu bekommen, mir einzureden er wäre single. Die Sache mit Jayden hatte mich ziemlich umgehauen, so saß ich an diesem Nachmittag einfach nur auf meinem Bett und dachte über alles nach. Ich beschloss, nie wieder einfach so völlig fremden Menschen zu vertrauen. Meine Gedanken wanderten wieder zurück zu meiner ersten vermeintlichen Liebe. War das Liebe auf den ersten Blick gewesen ? Es war eigentlich überhaupt nicht mein Ding, mich so schnell anzufreunden, geschweige denn zu verlieben. Sein Geruch stieg mir wieder in die Nase. Er hatte immer irgendwie frisch gerochen, ich konnte den Duft nie richtig zuordnen. Plötzlich kam ich auf ganz andere Gedanken. Wie konnte ich denn jetzt schon solche Wörter wie "immer" und "nie" benutzen. Ich war gerademal ein paar Tage auf dieser Schule. Es gäbe noch so viele Möglichkeiten, Freunde zu finden oder sich zu verlieben. Nach einer Weile hielt ich diese ganzen Grübeleien einfach nicht mehr aus. Irgendwas tun. Du musst irgendwas tun um dich abzulenken, hatte ich gedacht. Da fiel es mir wieder ein. Ich hatte Lisa doch noch nicht angerufen ! Hoffnung auf Besserung war ein tolles Gefühl. So schön warm machte es sich in meinem ganzen Körper breit. Ich würde mit ihr telefonieren und sie würde ganz sicher alle Antworten auf meine Fragen wissen. Das Festnetztelefon lag unten im Wohnzimmer auf dem Tisch, ich nahm es einfach mit nach oben. Mein Vater arbeitete ohnehin gerade und meine Mutter hatte sich ausnahmsweise mal auf das Ehebett gesetzt und war tief in einem Roman versunken. Diese Leidenschaft fürs Lesen hatte ich garantiert von ihr. Das Telefon würde also erstmal keiner brauchen, hatte ich mir gedacht. Wieder auf meinem Bett sitzend, wählte ich die Vorwahl von Omaha und danach Lisas Nummer. Anschließend piepte es einige Male und Lisas Mutter ging ans Telefon. Als sie bemerkt hatte, dass ich anrief, war sie völlig aus dem Häuschen gewesen. Sie hatte mich immer sehr gern gehabt. " Emily, schön, dass du anrufst. Und, wie ist es in Miami ?" "Ganz gut.", hatte ich geantwortet. Daraufhin hatte sie sich auch schon verabschiedet und ihrer Tochter den Hörer überreicht. Es war nicht gerade ein langes Gespräch gewesen. Doch das würde mit Lisa anders werden. Bei ihr würde ich alles haarklein erläutern müssen, damit sie sich ein Bild machen konnte. " Hey, wie gehtˋs ?", sie klang ganz normal. Ich kam gleich zur Sache. " Naja also hier läuft irgendwas komisches ab. Deswegen rufe ich auch an. Ich brauche unbedingt deinen Rat."
Ein paar Minuten später war Lisa komplett über die Situation aufgeklärt und ich glaubte fast schon hören zu können, wie sie die Stirn runzelte. "Blöde Sache. Wie bist du denn bisher damit umgegangen ?" " Ich bin ihnen aus dem Weg gegangen und habe sie so weit wie möglich ignoriert. Bis gestern diese Sache mit Jayden passiert ist." Ein mitfühlendes "Hm" war zu hören. " Ich an deiner Stelle würde sie weiterhin nicht beachten, vielleicht erzählt dir irgendwann mal jemand was los ist. Sei es auch nur aus reinem Zufall. Es muss ja rauskommen, diese " Sache" kann ja gar nicht so lange vor dir verheimlicht werden...", ihre Stimme klang zögerlich, als wäre sie sich nicht sicher, ob das was sie sagen wollte nicht zu weit ginge. Dann sagte sie es schließlich doch. "Und wie ist das mit diesem Jayden ? Glaubst du, du bist in ihn verknallt ?" Ich überlegte kurz. Das klügste war es wohl, die Antwort meinen Gefühlen zu überlassen. " Naja. So etwas ist mir noch nie passiert. Ich habe seit unserer ersten Begegnung gespürt, dass das was ist. Hatte mir sogar eingebildet, er könnte mich auch mögen, bis ich ihn dann heute mit seiner Freundin gesehen habe."
" Und du sagst, sie haben sich umarmt ?"
" Ja, er hat sie angeguckt, als würde... als würde er sie lieben." Wie gern hätte ich gesagt, dass das nicht stimmte. Aber es war die Wahrheit.
" Also mit Jayden kann ich dir nicht helfen. Vielleicht kommt ihr ja irgendwann mal zusammen, aber wenn er jetzt eine Freundin hat, kann man da nichts machen. Was die Clique angeht, glaube ich, dass sie dir das sicher früher oder später erzählen müssen. Anders geht es ja gar nicht. Und ich glaube auch nicht, dass sich dieses Geheimnis gegen dich richtet. Blöd ist allerdings, dass sie dir noch nicht vertrauen." Ja, das war tatsächlich blöd. " Zusammengefasst heißt das also, du rätst mir, die anderen weiterhin zu ignorieren und mir Jayden aus dem Kopf zu schlagen ?", wollte ich wissen. Sie bejahte. Anders konnte ich mit dieser Situation ohnehin nicht umgehen. Es gab nur noch eine letzte Sache, die ich loswerden wollte : " Weißt du, ich bin nur so unendlich traurig. Jayden ist der erste Junge, für den ich sowas empfinde und ausgerechnet der hat eine Freundin. Wieso ist das nur so kompliziert ?" Eine Träne kullerte mir die Wange hinunter. " Ich weiß, dass es hart ist, aber es geht vorüber.", hatte sie noch gesagt. Damit war unser Gespräch beendet gewesen. Ich hatte mich nur noch auf meinem Bett zusammengerollt und leise vor mich hin geweint.
Was dann geschah nahm ich nur verschwommen wahr. Die Tränen versperrten mir größtenteils die Sicht. Wie in einem Traum. Als hätte ich ein anderes Mädchen beobachtet. Nur leider waren das meine eigenen Probleme. Ich bekam mit, wie mein Bruder meine Zimmertür öffnete. Bestimmt wollte er mich irgendwas fragen. Dann hatte er meinen stummen Tränenausbruch bemerkt und sofort hatte sein Blick etwas Panisches bekommen. Er meinte : " Oh, Liebeskummer. Ich hol dann mal Mum." Und schon war er verschwunden. Woran hatte er erkannt, dass es Liebeskummer war ? Kannte er sich aus ? Wie denn, er war ja anscheinend ein Player. Meine Mutter kam wenig später zu mir ins Zimmer und setzte sich neben mir auf das große Bett. " Ach Schätzchen. Keine Angst, das geht vorüber." Ich sagte nichts. Sie war erfahren genug, um zu wissen, dass ich nicht reden wollte. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, aber das war mir in dem Moment egal. Diese wissende, einfühlsame Art meiner Mutter brauchte ich jetzt einfach. Komischerweise plagten mich keine Fragen. Zutiefst traurig, musste ich einfach nur die ganze Zeit heulen. Die wärme meiner Mutter stets neben mir spürend. Nach dieser unendlich langen Heulphase war ich irgendwann eingeschlafen. Ohne etwas gegessen zu haben. Ich hatte einfach keinen Hunger. Die Leere die mich unmittelbar vor dem Einschlafen erfüllte, ließ keine Gefühle oder Bedürfnisse zu. Kein Traum drängte sich in meinen ruhigen Schlaf. Diese Stunden waren wie eine begrenzte Erlösung von all den leidbringenden Gefühlen. So ging mein Tag zu Ende.
Hey, ich hoffe es gefällt euch ! ;)
Kommentare sind auf jeden Fall erwünscht :D
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East Coast Boys
Teen FictionEmily ist fast 16 Jahre alt und zieht mit ihren Eltern und ihrem Bruder Lucas von Omaha/Nebraska nach Miami/Florida. Anfangs hält sie nicht viel von dem Umzug , das ändert sich jedoch durch einige Bekanntschaften die sie macht...