Kapitel 3

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Ich konnte mich nicht erinnern , wann ich jemals zuvor so gut geschlafen hatte. Das musste an der guttuenden Meeresluft liegen. Ein guter Start in das neue Leben. Wir hatten unsere Eltern extra überredet , am Ende der Ferien umzuziehen. So konnten wir uns noch öfter mit unseren Freunden treffen und weitere Erinnerungen schaffen. Eine tolle Idee war das... Dieser Plan hatte nicht nur Positives. Negativ war , dass nun der letzte Ferientag anstand und dass wir weder genügend Zeit hatten , die Gegend kennenzulernen , noch uns auf die neue Schule vorzubereiten. Wir hätten uns auf die Mitte der Ferien einigen sollen. Obwohl , was gab es da vorzubereiten ? Wir konnten nicht wissen , wie der verheißungsvolle erste Schultag werden würde. Ich beeilte mich , dir letzten Kartons auszuräumen , damit die Zeit am Nachmittag noch einen Spaziergang zulassen würde. Das Bett hatte mein Vater schon aufgebaut , sowie den Schreibtisch und den Schrank. Mein Langfloor-Teppich fand seinen Platz direkt vor meinem Bett. Als ich die cremefarbenen Gardinen am Fenster einhakte, fesselte mich der Ausblick , wenn auch nur für einen kurzen Moment. Ich würde am Meer spazierengehen. Definitiv. Das Gewässer glitzerte im Sonnenschein. Ich machte mich wieder an die Arbeit und räumte die Bücher in das Regal , befüllte den Schrank mit allen möglichen Dingen und platzierte meine Schulsachen auf dem Schreibtisch. Meine Tasche stellte ich davor auf den Boden. Nur noch schnell ein Buch und den Wecker auf den Nachttisch gestellt und schon war ich fertig. Kurz stellte ich mich unter die Dusche. Danach half ich meinen Eltern , das Wohnzimmer , den Essbereich und die Küche einzuräumen. Das sah am Ende richtig gut aus. Ich musste mir selbst eingestehen , dass es schon fast besser als im alten, vertrauten, liebgewonnenen Haus aussah. Mit ihrem Schlafzimmer waren die beiden schon fertig. Überall hatte mein Vater vorerst das größte und schwerste aufgebaut. Es hatten nur noch die kleineren Sachen , wie Stühle ,Hocker, DVD's , Bücher und Lampen gefehlt. Als es Mittagszeit wurde , kramte meine Mutter ein paar Sandwiches hervor , da der Kühlschrank sowie das Gefrierfach nicht befüllt waren. Das hieß , wir würden noch einkaufen müssen. Hier in der Nähe musste es ja einen Supermarkt geben. Wir saßen schon einige Zeit am hölzernen Esstisch, als jemand die Türklingel betätigte. Ich hatte schon eine Vorahnung , wer das sein konnte. Es gab nicht viele Möglichkeiten... Und ich lag richtig. Kurz darauf traten unsere neuen Nachbarn ein und stellten sich als diese vor. Die Familie bestand aus zwei Erwachsenen durchschnittlichen Alters , einem Jungen , sowie einem Mädchen. Das Mädchen war genauso wie ich 15 Jahre alt und der Junge 10.
Ziemlich großer Altersunterschied, ob die sich gut verstehen ? Sie wirkten jedenfalls wie eine zusammengeschweißte Familie. Nun begann der nicht wirklich spannende Small- Talk , den die vier Erwachsenen aber freudig angingen. Generelle Informationen wie unser vorheriger Wohnort wurden ausgetauscht. Es war langweilig , trotzdem stufte ich die Leute als sehr nette Nachbarn ein. Nicht nur , weil sie uns einen schmackhaft aussehenden Kuchen mitgebracht haben. Ein Kuchen ? Wie im Film ! Das Mädchen startete ein Gespräch mit mir. Lucas konnte hingegen nichts mit dem Jüngeren anfangen. Sie unterhielten sich nicht wirklich viel und wenn dann über Fußball. Diese Leidenschaft teilten wohl fast alle Jungs. "Also ich gehe auf die Highschool hier in der Gegend und was ist mit dir ?" , wollte sie wissen. Sie wirkte nett, entspannt, zufrieden , einfach sympathisch. "Ich komme auch auf die Highschool. In die 10 a aber man wird ja nicht so oft im Klassenverband unterrichtet , oder ? Viel öfter nimmt man an irgendwelchen Kursen teil , in denen dann auch Schüler aus anderen Klassen sind , oder ? So war das jedenfalls auf meiner alten Schule.... Also so wäre das gewesen , ich da die 10. Klasse gemacht hätte." Oh man , ich rede schon wieder viel zu viel ! Peinlich... Das Mädchen, Ann , machte große Augen. " Was für ein Zufall ! Ich bin in genau der gleichen Klasse ! Wär cool , wenn wir einige Kurse miteinander haben !" Ja , sie war mir absolut sympathisch ! Wenigstens hatte ich dann jemanden den ich dort kannte. "Über die Schule musst du eigentlich nicht viel wissen.", erklärte sie. "Wie bei jeder anderen Schule auch. Es gibt Leute die sind absolut liebenswürdig und andere sind schon lange unten durch bei mir. Das hatte ich erwartet. Zustimmend nickte ich. "Unser Klassensprecher wird dich am ersten Tag , also Morgen , wahrscheinlich herumführen. Ich nehme mal an in der Pause. Unsere Klassenlehrerin veranlasst das immer so bei neuen Schülern... Der Typ ist in Ordnung. Mit den Jungs aus seiner Clique wirkt er manchmal wie ein Obermacho aber man muss ihn nur etwas besser kennenlernen. Die hängen in letzter Zeit auch gar nicht mehr viel zusammen ab." , setzte sie fort. Dazu fiel mir sofort etwas ein , um die Situation freundschaftlicher zu gestalten. "Klingt so, als wärt ihr beiden ein Paar." Das war nur als kleiner Witz gedacht und tatsächlich, Ann lächelte. "Oh nein , ich habe einen Freund an der Schule, den kannst du dann Morgen auch kennenlernen." Sie vertraute sich mir an ! Dabei kannten wir uns noch gar nicht so lange ! So wie sie das gesagt hatte , war das mit ihrem Freund allerdings bestimmt kein Geheimnis. "Exfreund ?" , fragte ich und kannte die Antwort schon. "Nein , auch das nicht, er ist einfach nur ein Freund., sagte sie und lächelte immer noch. Ich freute mich auf den ersten Schultag. Es würde bestimmt lustig werden und ich könnte herausfinden , wen ich von den ganzen Leuten dort mögen würde und wen nicht. Fängt doch gut an ! "Und du ? Hast du einen Freund da wo du herkommst ?", wollte sie wissen. "Nein..." Ich wollte noch irgendeinen Kommentar hinzufügen aber mir fiel nichts ein. Was sollte ich auch noch anderes sagen ? So etwas wie "leider" klang erbärmlich und entsprach auch nicht wirklich der Wahrheit. Pärchen an meiner alten Schule hatten zwar durch und durch glücklich gewirkt aber ich hatte einfach noch nicht den Richtigen gefunden. Dem Thema war ich nicht verschlossen , ich wollte eben nur auf meine Gefühle hören. So funktionierte das eben und ich wollte auf keinen Fall einfach nur mit irgendjemandem zusammen sein , nur um endlich einen Freund zu haben ! Das wäre abartig ! Ein wenig neidisch war ich schon, was die tollen Beziehungen anging , die ich schon bei meinen Freunden beobachtet hatte. Ich hatte eben Vorstellungen von meinem Traumtypen. Ann beobachtete mich mit hochgezogener Augenbraue. Sie schien Gedanken lesen zu können. "Ach , der Traumtyp kommt noch , du musst nur Geduld haben." Wir würden bestimmt sehr gute Freunde werden , das war mir klar. Ich nickte zustimmend. Nach einer Weile gingen die Nachbarn wieder. Auch meinen Eltern schien ihr Gespräch gefallen zu haben. Wie ich es seit dem Vormittag vorhatte , sagte ich meinen Eltern bescheid und verließ dann das Haus , um mir die Gegend aunzusehen. Ich würde am Strand spazieren gehen. "Aber sei zum Abendessen wieder da." , hatte meine Mutter noch gesagt. Unsere Strandvilla hatte ebenfalls einen Weg von der Haustür in Richtung Straße und somit in Richtung Strand. Ich verließ das Grundstück und huschte über die Straße. Ein breiter Holzweg führte von dem noch breiteren Bürgersteig hinunter zum Strand. Links und rechts von dem Weg befanden sich kleine Anhöhen , auf denen Pflanzen wuchsen. Sie wurden vom Wind bewegt. Fast hatte ich den Sand erreicht , als hinter mir vier Typen auf Fahrrädern angerast kamen. Wieso wollten die mit ihren Rädern zum Strand , da konnte man doch gar nicht fahren ?! Ein blonder Junge streifte mich nicht allzu leicht am Arm , sodass ich zur Seite gestoßen wurde. Hektisch sprang ich dichter zum Geländer, damit mich seine blöden Kumpel nicht auch noch umfahren konnten. Der Junge schien das nicht beabsichtigt zu haben. Wieso auch ?! Trotzdem war ich sauer auf den Typen. Etwas Rücksicht war ja wohl nicht zu viel verlangt ! Er fuhr einfach weiter , trotzdem drehte er sich um und sah mir in die Augen. "Sorry", rief er mir zu. Ich erwiderte nichts. Kurz darauf waren sie in der Ferne schon fast nicht mehr zu erkennen. Er hatte strahlend blaue Augen und eine sportliche Figur. "Was für ein Idiot !", murmelte ich vor mich hin. Ich erschrak wegen der Heftigkeit meiner Worte. Immerhin hatte er sich ja entschuldigt. Wie peinlich ! Ich würde den bei meinem Glück bestimmt Morgen in der Schule treffen ! Der sah ja ungefähr so aus wie fünfzehn. Mittlerweile hatte ich den Sand erreicht. Ich ging circa einen Meter neben dem Meer und beobachtete, wie die Wellen kamen und gingen. Dabei bekam ich diese Boygang nicht aus dem Kopf. Blöd , dass man für das Fahrrad keinen Führerschein machen muss ! Ich dachte schon wieder schlecht über die vier Jungs. Die Wellen tobten. Ein Paar kam mir entgegen. Die Frau hatte ein kleines Kind auf dem Arm und der Mann hielt einen Hund an der Leine. Wieder schaute ich auf das Meer. Eine ganze Zeit ging ich einfach nur dort entlang und dachte nach. Immer wieder beschäftigte mich die neue Schule. Würde es mir dort gefallen ? Eben hast du dich doch noch auf die Schule gefreut !!!
Ich war sehr weit gegangen , als mir an der Strandpromenade ein Eiscafe auffiel. Es war nun schon fortgeschrittener Nachmittag und ich beschloss, meinen Spaziergang mit einem Eis zu beenden. Also folgte ich dem nächsten Holzweg zu Straße hinauf und überquerte diese wieder.

In dem kleinen Café war es angenehm kühl. Die Schlange vor dem Tresen bestand aus gerademal 3 Personen und ein paar Tische waren besetzt. Es dauerte nicht lange und ich war mit bestellen an der Reihe. "Eine Kugel Erdbeer und eine Kugel Schokolade bitte." Das war meine Lieblingskombination und da ich gerade keine von den mir unbekannten Sorten probieren wollte , blieb ich dabei. Danach zog ich mich in eine der hinteren Ecken des Raumes zurück und genoss mein Eis. Ich saß direkt am Fenster und konnte das Meer am Horizont erkennen. Das Meeresrauschen war verklungen aber die entspannende Wirkung hielt an.

Die ganze Zeit hatte ich sie nicht bemerkt und erst , als einer von ihnen seinen Plastilöffel in den Mülleimer geworfen hatte und deshalb an meinem Tisch vorbei musste , waren sie mir aufgefallen. Etwas weiter entfernt saßen die vier Jungs. Die von vor einer halben Stunde. Dieses Eiscafe zog Jugendliche am letzten Ferientag wohl geradezu magisch an. Nun hatte der blonde Junge auch mich bemerkt und erkannte mich sofort. "Hey", sagte er und setzte sich zu mir an den Tisch, "tut' mir leid , dass ich dich vorhin übersehen habe , bist du neu hier ?" Kurz fesselten mich seine schönen blauen Augen , dann riss ich mich wieder zusammen. "Ja , wir sind gestern hierher gezogen."
"Cool. Auf welche Schule kommst du ?"
Ok ?! Was sollte das jetzt werden ?!
Ich erzählte ihm das gleiche wie Ann. Es stellte sich heraus , dass er auch auf diese Highschool ging. Oh man... Er fuhr fort. "Ich bin dann ab Morgen in der Klasse 10a. Das war nun wirklich ein riesiger Zufall. GEHT'S NOCH ?! WARUM DENN AUSGERECHNET DER ?! Ein augenrollender Smiley hätte meine Situation perfekt beschrieben. Ich hoffte , dass er mir meine Gedanken nicht ansah... Ich lernte zwei Jugendliche an einem Tag kennen , die auch noch beide in meine Klasse gingen ! "Das ist dann auch meine Klasse." Ich bemühte mich um einen lockeren Ton. Seine Augen funkelten und die Begeisterung konnte ihm jeder vom Gesicht ablesen. Wieso freut der sich so ? "Ich bin übrigens Jayden.", sagte er dann. "Ich bin Emily... und das vorhin war ja gar nicht schlimm , ich bin ja mitten auf dem Weg gelaufen." Wieso sage ich das denn bloß ?! Ich bin doch im Recht ! "Schon gut. Ich hätte mehr Rücksicht nehmen müssen.", entschied er und lächelte dabei. Dieses Lächeln würde gut auf eine Kinderriegelverpackung passen... Seine Freunde , ein paar Tische weiter , standen auf und waren dabei , das Café zu verlassen. Er folgte ihnen und verabschiedete sich vorher noch von mir. "Na dann , bis Morgen.", hatte er gesagt. Auch ich wollte mich nun auf den Weg machen und entsorgte meinen Müll. Hatte Jayden gerade versucht , eine Freundschaft zu starten ? Ich wusste nicht genau , ob ich das wollte oder nicht... Aus welchem Grund auch immer. Das würde ich mir noch überlegen müssen. Mein inneres Zwiegespräch machte mich noch völlig fertig ! Die Glastür des Cafés fiel hinter mir zu. Die Jungs waren mit ihren Fahrrädern schon längst weit weg. Ich machte mich auf den Rückweg. Diesmal am der Strandpromenade entlang , wo es viele Geschäfte imund Buden gab. Einige verkauften Schaufeln , Eimer und kleine Förmchen, für Kinder , die am Strand spielen wollten. Außerdem gab es massenhaft anderes Spielzeug, sowie Klamotten und Zeitschriften. Auch die typischen "I love"- T-shirts waren vorhanden. In diesem Fall "I love Miami"-T-shirts. Die Buden konkurrierten wahrscheinlich miteinander aber ich konnte mir nicht vorstellen , dass sie gegen ein richtiges seriöses Geschäft ankamen. Ich hätte mich ja auch für ein Geschäft entschieden , wenn ich Klamotten shoppen gegangen wäre. Allerdings konnte man gut zum Zeitvertreib durch die Buden bummeln. Sie bestanden teilweise nur aus Pavillons wie man sie in jedem Baumarkt kaufen konnte. Nun plagte mich wieder dieses Ich-kann-den-ersten-Schultag-gar-nicht-erwarten-Gefühl. Stimmungsschwankungen. Immerhin überspielte es meine vielen Fragen rund um Jayden.

Meine Hände berührten das Tor zu unserem Grundstück und stießen es auf. Den starken Wind hatte ich den ganzen Weg über ausgeblendet. So ein Wetter ! Damit hatte ich nicht gerechnet aber sonst war es hier ja auch sonniger. Es wurde durch die Tatsache gerechtfertigt , dass fast Herbst war. Naja , nur Wind , nichts Schlimmeres. Im Haus war es genauso kühl wie in dem Eiscafe. Meine Mutter war gerade dabei , den Tisch zu decken. Auch ich nahm platz und begann , einen einfachen Salat zu essen. Anscheinend waren sie schon einkaufen gegangen. "Lucas , was hast du eigentlich gemacht ?" Ich wandte mich an meinen Bruder. Er zuckte mit den Schultern. "Eigentlich nicht viel. Nur gelesen. Ich sollte nächstes Mal vielleicht auch am Strand spazieren gehen." Lesen. Das traf aber auch fast nur auf meinen Bruder zu. Andere Jungs in seinem Alter waren meist Player und manche sogar Kleinriminelle, eben Badboys. Nein , er war einer der nettesten Menschen die ich kannte. Er wusste , wo ich gewesen war. Das hieß , er konnte sich in mich hineinversetzen. Wieder ein tolles Gefühl. Von dem Jungen und der "Gang" würde ich ihm trotzdem nicht erzählen. Es war belanglos für ihn und ich hatte irgendwie das Gefühl ,dass diese Sache nur mich etwas anging. Was war nur mit mir los ?! Ann würde Morgen sicher eine Antwort parat haben. Nach dem Essen ging in mein Zimmer. Ich beschloss , früh schlafen zu gehen , damit ich am nächsten Tag ausgeruht und aufnahmefähig sein könnte.

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