Stunde 8

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Kaito hätte schreien können. Und das tat er auch. Innerlich. Er hatte schon die Stimme von diesem Inspektor Megure  gehört, der Shin’ichis Namen gerufen hatte, sowie der zweite Entführer, der ebenso Shin’ichi entdeckt haben musste. Bei der Verfolgungsjagd hatten die beiden Entführer immer nur rumgeflucht und sich gestritten, wo sie lang fahren und warum Shin’ichi dort war. Letzten Endes hatten sie sie dann doch abgehängt und erleichtert aufgeatmet. Die Entführer zwar, aber in Kaito ging damit ein Funken Hoffnung verloren. 
Er hatte nicht damit gerechnet, dass die Polizei das Auto verlieren würde. Und nun war es doch so gekommen. Das einzige, was sie jetzt noch versuchen könnte, wäre, sein Handy zu orten und so seinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Und an anderen Informationen hatten sie nur, dass er außerhalb Tokyos zu sein schien und dass es in Richtung Westen ging. 
Momentan schien es so, als wenn sie eine lange Auswärtsstraße immer weiter geradeaus fahren würden. Dies ging bestimmt schon seit zehn Minuten so und langsam wurde Kaito müde von der einigermaßen ruhigen Fahrt. Auch, wenn es nicht gerade bequem im Kofferraum war. 
Seine Augen wurden schon schwerer und machten Anstalten zuzufallen, als sie in eine scharfe Linkskurve bogen und der Wagen über einen unebenen Weg holperte. Wenn Kaito gerade noch müde war, nun wurde dies jetzt in helle Aufmerksamkeit umgewandelt. Langsam reichte ihm diese verfluchte Fahrt im Kofferraum, auch, wenn er nicht wissen wollte, was die beiden Kerle als nächstes mit ihm vorhatten. Ode diese Fumiko…
Nach ein paar Minuten wurde die Geschwindigkeit gedrosselt und fuhr nun auf eine Art Kiesweg drauf.
Sobald er hörte, dass das Auto zum Stehen kam, schloss er die Augen und gab keinen Mucks mehr von sich. Das Handy hatte er gut in seiner Jacke versteckt, so dass seine Entführer es nicht finden konnten und es auch nicht herausfiel. 
„Habt ihr ihn?“, fragte eine Frauenstimme von draußen und er erkannte sie augenblicklich wieder. Es war die Frau, die ihn im Sommer mit diesen verhassten Worten bedacht hatte und dieser eiskalte Blick würde ihm nie wieder aus dem Kopf gehen. Unbequem verharrte er weiter in seiner Position im Kofferraum des Autos und versuchte, jedes einzelne Wort aufzuschnappen. 
„Klar, was denkst du denn, Fumiko?“, fragte der eine Kerl, der Kaito niedergeschlagen hatte. „Hab ihn im Kofferraum verstaut, da kommt der nicht so schnell heraus.“
„Gut, lassen wir ihn kurz da drin und bereiten alles vor, ich muss noch etwas mit euch besprechen. Und schließ den verdammten Wagen ab, Hijirikawa!“, blaffte Fumiko ihn an und ihr Schritte entfernten sich. Dank dem Kies konnte man diese sehr gut hören und er musste sich so keine Gedanken machen die Entführer nicht zu hören, wenn diese wiederkommen würden. 
„Ja“, grummelte Hijirikawa, der erste Entführer, in seinen Bart, als ihre Schritte komplett verklungen waren. „Nerviges Weib.“
„Hey, sollen wir nicht noch einmal nachgucken, ob dieser Kaito Kuroba auch wirklich pennt? Sicher ist sicher“, meinte der zweite Entführer und machte sich auf den Weg zum Kofferraum. 
Mist, dachte Kaito und versuchte sich nicht zu bewegen, geschweige denn seine Augen aufzumachen. Sein Atem wurde ruhig und gleichmäßig.
Der Kofferraum wurde geöffnet und durch seinen Augenlider nahm er die strahlende Sonne war, die jedoch von einem Schatten teilweise verdeckt wurde. 
„Scheint noch zu pennen“, meinte der zweite Entführer und klappte den Deckel des Kofferraumes wieder zu. Dann war ein Klacken zu hören und der Wagen wurde abgeschlossen. 
Ruckartig waren Kaitos Augen wieder geöffnet und nachdem die Schritte der beiden Männer endgültig verklungen waren seufzte er auf. Das wäre seine Chance gewesen aus dieser Entführung rauszukommen, doch gegen die beiden wäre er nicht angekommen. Er hatte weder Rauchbomben noch seine Kartenpistole dabei und hätte niemals so schnell aus dem Kofferraum springen und weglaufen können. Immerhin hatten die beiden ein Auto und er war zu Fuß unterwegs. Zudem kannte er das Gelände nicht und hinzu kam noch, dass sie außerhalb von Tokyo waren. 
Er kramte sein Handy hervor und schaltete es an. Kein Netz. Verdammt. 
Warum war vorhin auch die Verbindung zu Shin’ichi abgebrochen? 
Genervt verstaute er sein Handy wieder. Verflucht. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Also musste er sich irgendwie selber helfen. Nur wie? Er beleuchtete den Kofferraum und sah sich soweit er konnte darin um. Außer ihm und einer Decke lag befand sich nichts dort drinnen. Kein Wunder, immerhin füllte er ihn schon fast komplett aus. 
Rauskommen war keine Option für ihn. Das Auto war abgeschlossen und etwas, das man als Dietrich benutzen konnte, entdeckte er nicht und hatte er auch nicht bei sich. Da hieß es Warten und Däumchen drehen. Solange, bis sie ihn aus diesem Wagen geholt hatten und er sich einen Überblick über das Gelände machen konnte. Erst dann hatte er eine wirkliche Chance, hier überhaupt wegzukommen. 
Während Kaito so da lag, dachte er über das Telefonat mit Shin’ichi nach und darüber, wie dieser ihn abgeblockt hatte, sobald er das heutige Treffen ansprechen wollte, wo er ihm seine Entscheidung mitteilen wollte. Bei dem Gedanken machte Kaito ein ernstes Gesicht, wenngleich er nicht verhindern konnte, dass sich ebenfalls ein leichter Rotschimmer auf  seine Wangen schlich. Warum musste zwischen ihren wichtigen Gesprächen immer etwas dazwischen kommen? 
Er wusste, dass er Shin’ichi da viel zu tief mit hineinzog. Und genau deshalb konnte er nicht mit einem Ja antworten. Auch, wenn es ihm verdammt schwer fiel, hatte er lange Zeit darüber nachgedacht.
Plötzliche Stimmen rissen ihn aus seinen Gedanken. 
„Holt ihn raus!“, rief Fumiko und der Kofferraum wurde geöffnet. Augenblicklich schloss Kaito seine Augen und spürte das Licht der Sonne wieder. Er hatte nicht bemerkt, dass die drei wiedergekommen waren. 
„Betäubt ihn vorsichtshalber noch einmal“, meinte Fumiko. „Wer weiß, vielleicht spielt er nur den Schlafenden.“
„Jawohl“, grummelte Hijirikawa, hielt kurz inne und Kaito hörte, wie er eine Flüssigkeit auf etwas träufeln ließ. 
„Dann schlaf mal schön“, meinte er und seine Stimme hörte sich an, als wenn ein Grinsen auf seinem Gesicht liegen würde. 
Keine Sekunde später drückte er Kaito ein Tuch vors Gesicht. Der beißende Geruch ging sofort in seine Nase und doch versuchte er, sich nicht gegen die immer größer werdende Müdigkeit zu wehren. 
Es dauerte nicht lange, da wurde er bewusstlos.

24 Stunden ohne Kaito KIDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt