Stunde 12

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„K-kaito...", stotterte Shin'ichi nur und konnte es immer noch nicht ganz fassen. Er hatte endlich Kontakt zu Kaito und noch dazu schien die Verbindung einigermaßen stabil zu sein. Und es schien ihm gut zu gehen. Ein Stein fiel ihm vom Herzen.
Gleichzeitig verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. Diese Stimme im Hintergrund würde er überall wiedererkennen. Was machte Vermouth denn bloß bei Kaito? Und vor allem, was hatte sie mit ihm vor?
Sie schien ja anscheinend ziemlich tief in die Sache verwickelt gewesen zu sein.
„Kaito, geht es dir gut?", rief Aoko und schnappte Shin'ichi das Handy aus der Hand.
„Aoko?", fragte Kaitos Stimme durch das Telefon.
„Ja, jetzt sag schon, ist alles in Ordnung?" Ihre Stimme klang verzweifelt und ihre Stirn lag in Sorgenfalten.
„Mir geht es bis auf ein paar Schrammen ganz gut", meinte Kaito dann. „Allerdings geht es meiner Mitgefangenen nicht so gut."
„D-deiner Mitgefangenen?", wollte Aoko verdutzt wissen.
Mit ernster Miene nahm Shin'ichi ihr wieder das Handy ab.
„Was ist passiert?", fragte er und starrte auf das Gerät in seiner Hand.
„Lange nichts mehr von dir gehört, Cool Guy", erklang Vermouths Stimme aus dem Hintergrund.
„Vermouth...", flüsterte der Oberschülerdetektiv und presste die Lippen aufeinander. „Was ist das für ein Spiel, was du hier treibst?"
Wut schwang in seiner Stimme mit.
„Shin'ichi, beruhig dich", meldete sich Kaito wieder zu Wort. „Sie kann es dir erklären. Auch, wenn es verwirrend ist und mir das Ganze auch etwas auf die Nerven geht."
„Ich erwarte ja auch gar kein Mitleid, ich möchte jetzt nur versuchen, euch ein wenig unter die Arme zu greifen."
„Ihnen ist bewusst, dass Sie, was auch immer Sie jetzt sagen, danach ins Gefängnis kommen werden?", hakte Megure nach.
Kommissar Nakamori und Aoko schauten Shin'ichi und Megure verwirrt an.
„Das werden wir ja sehen, wenn es so weit ist", meinte Vermouth nur.
Leicht genervt warf Megure dem Detektiv einen Blick zu. Und auch der guckte recht sparsam aufgrund Chris Vineyards Bemerkung.
„Ihr solltet ihr auf jeden Fall erst einmal zuhören, sie könnte vielleicht helfen", schaltete sich Kaito wieder ein.
Die Polizisten und Shin'ichi wechselten einen schnell Blick und nickten dann.
„Also gut, was wollen Sie uns sagen?", forderte Megure sie auf.

Kaito warf Vermouth einen Blick zu.
Der Körper der Frau war mit blauen Flecken übersäht und im Gesicht hatte sie einige Schrammen. Ihre Haare hatte sie notdürftig zusammengebunden, aber trotzdem hingen ein paar Strähnen wirr in ihrem Gesicht. Von der Schauspielerin Chris Vineyard war fast nichts mehr zu sehen.
Sie lächelte leicht. Doch mit ihrem verschrammten Gesicht wirkte es mehr wie eine Grimasse.
Der ehemalige Meisterdieb hielt ihr das Handy hin und sie nahm es zitternd entgegen. Ihr Mund öffnete sich und sie begann zu erklären.
„Du erinnerst dich bestimmt noch daran, wie du die schwarze Organisation zerstört hast, Cool Guy. Nach meiner Flucht bin ich auf einige ehemalige Mitglieder gestoßen, die sich mit einer anderen Organisation zusammengeschlossen hatten. Sie planten, sich an den „Zerstörern" ihrer Organisationen zu rächen.
Da sie wussten, wer ich war, haben sie mich um Unterstützung gebeten. Ich sollte ein wenig spionieren und sollte ihnen Bericht erstatten.
Ich hatte ihnen längst nicht alles gesagt, was ich mitbekommen hatte. Allerdings haben sie die Gespräche aufgenommen und abgehört. So konnten sie auch das herausfinden, was ich ihnen verschwiegen habe. Zum Beispiel diese nette Konversation im Krankenhaus."
Sie blickte Kaito an, auf dessen Wangen nun ein leichter Rotschimmer zu finden war. Er wusste genau, was sie damit meinte. Die Schuldgefühle kamen wieder. Zusammen mit seinem unwohlen Gefühl im Magen, das er immer dann bekam, wenn er an Shin'ichi denken musste.
Wenn alles vorbei war, musste er es ihm endlich sagen. Er musste sagen, wie er fühlte. Und auch, warum er es ihm solange nicht hatte sagen können.
Er biss sich auf die Lippe und schaute weg. Er hoffte nur, er konnte es ihm dieses Mal eher sagen und musste nicht wieder etliche Monate warten, weil Aoko ihn nicht gehen ließ oder schon wieder irgendwelche Killer hinter ihm her waren.
Und doch wollte er es noch so weit wie möglich hinaus schieben. Er war sich, so gerne er es auch wollte, immer noch nicht sicher bei seiner Antwort. Warum, das wusste er selber nicht einmal so genau. Doch tief in seinem inneren nagten immer noch Zweifel an den Gefühlen, die er Shin'ichi gegenüber hegte.
Vermouth führte ihre Erklärungen nun fort und Kaito wurde wieder in das Hier und Jetzt zurückgeholt. Überlegend lauschte er ihren Worten.
„Wie auch immer. Nach diesem Vorfall wollte ich mich dann aus persönlichen Gründen aus der Angelegenheit zurückziehen. Tja, das lief nicht so wie geplant und nun sitze ich hier zusammen mit einem weiteren hier fest."
Eine Zeit land blieb es still am anderen Ende der Leitung, bis Megures Stimme durch den Hörer klang.
„Haben Sie eine Ahnung, wo diese Leute Sie beide hingebracht haben könnte?", fragte er.
„Nein", meinte Vermouth resigniert und schüttelte zur Unterstützung noch den Kopf. Megure konnte es zwar momentan nicht sehen, allerdings wirkte sie auf Kaito leicht benommen. Es ging ihr nicht gut. „Nur, dass es ein älteres Gebäude ist und man von der Straße aus auf die westliche Seite Tokyos blicken kann."
„Das ist doch schon mal etwas", meinte dann Kommissar Nakamori.
„Startet sofort eine Suche nach der Beschreibung genau diesen Hauses!", hörten sie Megure brüllen.
„Jawohl!", kam es aus dem Hintergrund als Antwort.
„Wir sollten auch versuchen, das Handy zu orten, vielleicht kriegen wir den Standort so schneller heraus", mischte sich Shin'ichi ein. Seine Stimme schien irgendwie nervös zu klingen.
Plötzlich fing das Handy von Kaito an zu piepen. Der ehemalige Dieb eilte zu Vermouth um auf das Display zu schauen.
„Verflucht, der Akku ist bald alle", murmelte Kaito und hätte sich am liebsten die Haare gerauft.
„Gut, dann beendet den Anruf, lasst das Handy aber eingeschaltet, damit wir euch orten können", sagte Shin'ichi. „Wir holen euch da schon irgendwie raus."
„Versprochen?", fragte Kaito und starrte auf Shin'ichis Namen auf dem Display.
„Versprochen", antwortete der Detektiv sanft und Kaito schien sich vorstellen zu können, wie sein Gesprächspartner zu lächeln schien.
Auch Kaitos Mundwinkel bewegten sich leicht nach oben.
„Gut, dann verlassen wir uns darauf."
„Seid vorsichtig!"
„Aber klar", sagte Kaito und drückte mit diesen Worten die rote Taste. Der Anruf war beendet.

24 Stunden ohne Kaito KIDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt