Kaito lehnte seinen Kopf gegen die Kellerwand, die genauso eisig und kalt war wie die der Zelle, in der er einst mit Shin'ichi zusammen in Gefangenschaft war.
Shin'ichi...
Kaito musste zugeben, dass er Shin'ichi in den letzten Monaten vermisst hatte. Fast kein einziger Tag war vergangen, an dem er nicht an ihn gedacht hatte und an diese eine Situation im Krankenhaus. Immer wieder war der Detektiv in seinem Kopf aufgetaucht. Manchmal hatte er bewusst an ihn gedacht. Doch andere Male, und diese waren deutlich häufiger vertreten, tat er dies schon beinahe unbewusst und er merkte es erst nach ein paar Minuten, dass er sich nicht mehr ganz in der realen Welt mit seinen Gedanken befand. Genauso wie jetzt.
-Flashback-
Er spürte die verbundenen Hände in seinem Nacken und auf seinem Rücken, als er immer noch völlig überrumpelt in eine Umarmung gezogen wurde. Er starrte an Shin'ichis Kopf vorbei und auf die Krankenzimmerwand.
Sein Gehirn wollte diesen Satz nicht wirklich realisieren.
>>„Weil... weil ich dich... liebe... du Idiot!"<<
Kaito wurde rot im Gesicht.
Shin'ichi liebte... ihn?! Ausgerechnet in ihn, einen Dieb? Jemand, hinter dem er schon so lange her war und ins Gefängnis bringen wollte?
Aber... hatte er sich das nicht insgeheim sogar gewünscht? Ja, das hatte er und sein Herz klopfte wie wild dabei.
Er verkrampfte sich merkwürdig, als er das realisierte.
Am liebsten hätte er sich sofort in Shin'ichis Arme werfen wollen und ihn nie mehr loslassen. Doch irgendetwas sagte ihm, er solle dies nicht tun.
Shin'ichis Wunden waren bestimmt noch tief und sein ganzer Körper war zerschunden. Er wollte ihm nicht wehtun. Körperlich nicht... aber genauso wenig psychisch. Und genau deshalb tat er es nicht.
Kaito konnte und wollte es nicht verantworten, dass Shin'ichi noch mehr Verletzungen bekommen würde, sollte er sich darauf einlassen. So zog er ihn auch in seine baldigen Vorhaben mit ein und das konnte er einfach nicht zulassen!
Auf einmal ließ Shin'ichi von Kaito ab und er blickte schnell zum Fenster hin. Der Dieb konnte einen leichten Rotschimmer auf seinen Wangen entdecken und versuchte auch sein Gesicht, das mittlerweile immer roter wurde, unter Kontrolle zu kriegen. Leichter gesagt als getan.
Plötzlich ertönten die Schreie von dem Detektiv wieder in seinem Kopf und ein Schauer überkam ihn. Nein, er musste jetzt ruhig bleiben. So etwas wollte er nun einmal nie wieder hören. Nie wieder.
„Shin'ichi, du-", wollte er ansetzten, doch genau in diesem Moment öffnete sich die Tür und eine Krankenschwester kam herein.
„Shin'ichi Kudo", begann sie und hielt ein paar Papiere in der Hand. „Wir müssten sie noch einmal untersuchen. Wären Sie so freundlich mitzukommen? Da es Ihnen wahrscheinlich noch zu schwer fallen wird, Ihre Beine zu belasten, haben wir für Sie extra einen Rollstuhl bereitgestellt und..."
Während die Schwester weiter erklärte, dabei auch kurz erwähnte, dass eine Krankenschwester sich gleich um Kaito kümmern würde, und Shin'ichi sich letzten Endes von ihr im Rollstuhl den Gang hinunter schieben ließ, wurde Kaitos Gesicht wieder rot wie eine Tomate und er hielt sich die Hand vor den Mund.
Sein Herz schlug immer schneller und er musste sich erst einmal versuchen zu beruhigen. Was aber gar nicht so einfach war.
Shin'ichi...liebte ihn. Der Shin'ichi, von dem er immer geglaubt hatte, dass er eines Tages mit der Tochter von Kogoro Mori zusammenkommen und diese auch später heiraten würde. Von dem Kaito dachte er würde nie mehr als ein Rivale für den Meisterdetektiv sein. Von dem er gehofft hatte, dass er ihm nach diesem Ereignis anders ansehen würde und sie vielleicht sogar Freunde werden würden. Aber er hätte niemals gedacht, dass Shin'ichi sich in ihn verliebt hatte.
„Kaito Kuroba, ist mit Ihnen alles in Ordnung?", fragte eine Stimme und der Dieb blickte sofort auf. In der offenen Tür stand eine Krankenschwester und sah ihn mit prüfendem Blick an.
„Ja, mir geht es gut", erwiderte Kaito schnell. Vielleicht etwas zu schnell.
Noch immer mit argwöhnischem Blick näherte sich die Schwester ihm, doch als er wieder sein Pokerface aufsetzte, ließ sie endlich davon ab.
„Ihre Werte wurden vorhin untersucht und es wurde beschlossen, dass sie das Krankenhaus noch heute verlassen können. Ihre Verletzungen müssen zwar noch behandelt werden, aber das kann jetzt auch ambulant gemacht werden. Ein stationärer Aufenthalt ist nicht mehr zwingend notwendig. Wir haben bereits eine gewisse Aoko Nakamori verständigt, da sie uns als Ansprechpartner zusammen mit ihrem Vater, Inspektor Ginzo Nakamori, angegeben wurde. Sie sollten in ungefähr einer Stunde hier sein und Sie abholen. Melden Sie sich bitte noch kurz beim Schwesternzimmer wenn Sie unser Haus verlassen, damit wir Sie unten bei der Anmeldung austragen können."
Mit diesen Worten verschwand die Schwester wieder und ließ Kaito alleine im Zimmer zurück.
Eine Stunde später wurde er von Aoko und ihrem Vater abgeholt, ohne, dass er Shin'ichi noch einmal vorher sehen konnte.
In den weiteren Monaten war er vollends damit beschäftigt, sich auf seinen letzten Coup vorzubereiten. Innerlich sowie auch äußerlich. Ihm würde es wahrscheinlich fehlen, Kaito KID zu sein, immerhin war er ein Teil von Kaito geworden, den er jetzt für immer ablegen würde.
Ende November hatte Kaito KID seinen letzten Auftritt getätigt und Anfang Dezember schickte er Shin'ichi diese Nachricht, er würde gerne mit ihm reden.
-Flashback Ende-
Und jetzt war er hier.
Wie auch immer er es drehte und wendete, er konnte nicht umhinkommen sich Schuldgefühle zu machen, da es ihn bis heute noch quälte, Shin'ichi erst jetzt, vier Monate nach seinem Geständnis geschrieben zu haben. Und das nur, weil Aoko ihn erst einmal für eine Weile nicht aus den Augen gelassen hatte und ständig bei ihm war. Erst Ende Oktober war es wieder besser geworden und er konnte sich auf seinen letzten Coup vorbereiten, den er dann Ende November vollzogen hatte.
Es schien, als käme ihm immer etwas dazwischen und das wollte er ändern. Sobald er hier raus war, würde er sich definitiv mit Shin'ichi unterhalten müssen. Das war langsam überfällig und er war es ihm einfach schuldig.
Mit seiner Hand fuhr er sich durch sein Haar und plötzlich fiel ihm etwas ein. Etwas, das hoffentlich noch in seiner Brusttasche versteckt war.
Schnell tastete er seine Innentasche ab und fand es schließlich.
Sein Handy.
Hoffentlich konnte er Shin'ichi noch rechtzeitig warnen und darauf hoffen, der Krimi-Spinner würde sich zurückziehen.
Er wollte gerade die Tasten zum Wählen drücken, als er eine Stimme hörte.
„Na, jetzt scheinen wir wohl im selben Boot zu sitzen, was?", fragte die Frauenstimme von weiter hinten. „Du willst doch gerade Cool Guy anrufen, hab ich recht?"
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24 Stunden ohne Kaito KID
Mystery / Thriller//Fortsetzung zu "24 Stunden mit Kaito KID"// Nach ungefähr drei Monaten hat sich der Alltag von Shin'ichi und Kaito wieder einigermaßen eingespielt, als Shin'ichi von Kaito eine Nachricht bekommt und dieser sich mit ihm treffen will. Sofort eilt Sh...