Kapitel 3: Neugierde

363 10 2
                                    

Neugierde. Sie muss immer wieder an die eine Zelle denken. 18B. Wer war darin? Und wesshalb? Sie bekam schon Kopfschmerzen vom vielen Nachdenken. Was hatte Patient in 18B so besonderes an sich? Hatte sie diese obskure Person doch nie gesehen. Niemand sprach über ihn. Und niemand beantwortete ihre Fragen zu diesem Patienten.
 Sie beschloss in ihrer Pause, sich zum Büro zu schleichen. Zum Aktenschrank, welchen sie vor einiger Zeit noch sortiert und neu eingeräumt hatte. Sie wusste noch die Kombination.
 15 32 80 4    ''Klick''
Bei dem Geräusch sprangen Nackenhaare auf und sie bekam vor aufregung eine leichte Gänsehaut auf ihrer hellen, weichen Haut. Wie, wenn eine kalte briese die Haut umhüllt. Kalte tropfen die den Körper langsam hinab rinnen. Vorsichtig zog sie die Schublade herraus. Ihr Herz schlug schnell. War es die Aufregung weil sie gleich erfahren darf wer es war, der in Zelle 18B lebt, leibt und scheißt? Und was er getan hatte? Ein Gedanke kroch aus der hintersten Ecke ihres Verstandes. Wie Erbrochenes, wenn diese die Speiseröhre, aus dem Magen hinaus, rauf bis in den Mund schießt.
 Würde sie erwischt werden, würde sie raus geschmissen werden. Oder nicht?  Besser nicht drauf anlegen lassen. Darf doch jeder an diese Akten. Aber drin lesen? Machte sie sich also grade Strafbar? Ihre Neugierde übermannte sie. Sie hielt es sonst kein Stück mehr aus. Würde sich auffressen. Wie Leute die bei Nervösität ihre Nägel und Lippen zerkauen. Würde dann wie ein zerfleischter Zombie umher laufen.

Ein Geräusch holte sie zurück aus ihren Gedanken, zurück in die Gegenwart. Die türe knarrte und eine Stimme die laut lachte war zu hören. Die Gestalt hielt die Türklinke feste in der Hand. Redete dabei mit einem Kollegen. Fuck. Sie war wie versteinert und starrte nur auf die sich öffnende Tür. Sie schob stark zitternd die Schublade des Aktenschrankes zu. ''Klick''  Hatte sie doch noch die Kurve gekriegt und sich bewegt.

Da stand sie nun. Hatte die Akte fast. Sie sah sie schon, Zelle 18B, zum greifen nahe.  Norn, Jack. Ein seltsamer Name. So seltsam er war, er machte sie allerdings noch Neugieriger. Zu spät. Was soll sie nur sagen? Die Türe schnellte auf. Licht vom Flur schien nun in den Raum. Er war jetzt noch heller. Hatte sie nicht das Licht eingeschaltet um nicht gesehen zu werden. Die Sonne ging auch schon unter, war auf der anderen Seite der Klinik

''Was machst du hier?'' erschrocken doch ernst fuhr sie der Chef der Pflegschaft an. Hatte mein Armband gesucht. Dachte ich hätt's hier verloren, beim Aktensortieren letztens. Negativ. Sprach sie wie aus einer Kanone geschossen. Kniff dabei die Lippen zusammen und starrte den Mann an. In der hoffnung er kaufe ihr den Stuß mit dem Armband ab. Er nickte. Genieß lieber deine Pause. Spätschicht ist anstrengend. Er lächelte.

So nah dran. Sie verließ den Raum. Die Tür fiel ins Schloss. Sie lehnte an der Wand. Rutschte zu Boden. Knie ins Gesicht gepresst. Saß nun. Was machte dieser Patient sie so neugierig? War doch nur ein kranker Perverser. Einer der für das was er war oder getan hatte, hier her gebracht wurde. Hinter dicke Türen mit Luken gesperrt. Allein. Warum reagierte er dann nicht auf das so offensichtliche anschreien des dummen nichtsnutz von Pfleger? Hatte er ein Maulkorp? Gedemütigt wie ein bissiger Köter? Eventuell gefesselt? Zunge entfernt?  Spekulationen. Wirres denken, welches sie lieber aus ihren Gedanken verbannen sollte. Wie den Patienten.

Doch, sie kann ihre neugierde kaum bendigen. Sie hält an ihr wie ein langer Parasit. Ein Bandwurm oder Filzläuse. Zu heikel wäre es noch einmal die Akte aufzusuchen. Sie muss ihn durch die Luke sehen. Dann kann sie ihre Gier nach ihm los werden. Sie wird es noch.

Bald.

 Der PatientWo Geschichten leben. Entdecke jetzt