9. K A P I T E L

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Wir gingen zum Direktorat und nach einem kurzen Anklopfen rein. ,,Ihr kommt von Fr. Schulze, richtig?", konfrontierte uns der Direktor direkt und wir nickten. ,,Es tut mi...", begann ich, wurde aber von Leon unterbrochen: ,,Herr Direktor Marlon und mir tut das total leid. Wir wollten nicht, dass es so weit kommt." War das gerade sein Ernst?! Ich hatte ihm doch gesagt, dass ich die Schuld auf mich nehme, weil es auch meine ist. ,,Soweit Fr. Schulze mir berichtet hat, ward ihr beide nicht allein beteiligt", entgegnete der Mann mit rundem Bauch. Bevor noch irgendjemand die Schuld auf sich nimmt, obwohl ich angefangen habe, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sagte: ,,Herr Direktor das ist alles meine Schuld! Ich hab angefangen Juli mit Farbe zu bespritzen und das ganze ist dann etwas ausgeartet." Die Jungs schauten mich verdutzt an, aber meine Show beginnt jetzt erst richtig. ,,I...Ich weiß wirklich nicht was da in mir vorging. Vielleicht hat der Vorfall von gestern bei mir doch psychische Nachwirkungen ausgelöst", fuhr ich mit zittriger Stimme und falschen Tränen fort, denn ganz war es nicht gelogen. Ich musste immernoch oft darüber nachdenken. Der Direktor und die wilden Kerle schauten mich mitleidig an, was ziemlich unangenehm war. ,,Danke für deine Ehrlichkeit Isabel. Ich denke, dass keine Strafe nötig ist und ihr einfach auf den nächsten Unterricht wartet", meinte der Direktor sehr unsicher und wir bedankten uns bevor wir fröhlich auf den Schulhof stürmten.
,,Sag mal was sollte der Mist dadrin, Isabel?!", schrie mich Leon an und ich entgegnete: ,,Erstens ich habe nur die Wahrheit gesagt, denn es ist meine Schuld! Und zweitens das ist kein schöner Dank dafür, dass ich eure Ärsche gerettet habe!" ,,Isabel beruhige dich. Was ist wenn das deine Mutter erfährt? Leons und Marlons Vater sieht so etwas total gelassen, es wäre besser gewesen wenn die Beiden die Schuld auf sich genommen hätten", gab nun auch Maxi seinen Senf dazu. Ich hasse es mir von anderen sagen zu lassen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Und ganz eventuell regt mich das manchmal ziemlich auf, aber nur eventuell. ,,Das ist jetzt nicht dein Ernst Maxi! Das hätte ich echt nicht von dir erwartet!", kochte ich und rannte weg. „Isabel, warte doch!", rief Juli mir noch hinterher, was ich aber ignorierte.

Ich rannte und wusste nicht wo ich hin sollte. Meine Füße führten mich hinter das Schulgebäude, wo ich Vanessa traf. Sie saß, den Kopf auf ihre Knie gelegt, auf einer Bank. Ich setzte mich zu ihr und fragte: „Ist alles okay bei dir?" Sie schaute mich mit Tränen in den Augen an und schnaubte: „Natürlich! Bei wem ist denn nicht alles okay, wenn so eine dahergelaufene einem die Freunde klaut und den Freund ausspannt?!" Vanessa schaute mich mit so einem intensiven Blick an, dass mir der Atem wegblieb und die Worte fehlten. Freunde klauen? Freund ausspannen? Wovon redet sie? „Ich weiß nicht wovon du redest, Vanessa. Ich will dir deine Freunde doch nicht klauen, ich verstehe mich halt ganz gut mit ihnen. Und Leon würde ich dir nie-nie-niemals ausspannen! Ich weiß garnicht wie du darauf kommst", entgegnete ich, als sie ihren Kopf zurück auf ihre Knie legte. „Natürlich würdest du! Jede will ihn mir ausspannen! Das war schon immer so! Er hat zwar jede gekorbt, aber du bist so hübsch, da würde er das nicht machen", schniefte sie in ihre Armbeuge. Ich legte einen Arm um sie. „Oh glaub mir Vanessa, ich würde mich nicht an Leon ranmachen. Er ist nett und so, aber er ist viel zu stur genau wie ich, also würde das nicht mal funktionieren", lachte ich. „Jetzt echt?" „Ja das kannst du mir glauben. Und eigentlich habe ich gerade auch kein Interesse an einer Beziehung", entgegnete ich. Vanessa schaute mich an: „Du bist ja doch voll nett. Ich hab dich total falsch eingeschätzt." „Manchmal muss man die Menschen halt besser kennenlernen um sie einschätzen zu können." Sie wischte ihre Tränen weg und lächelte. Darauf zog ich sie in eine Umarmung.
Als wir uns wieder lösten, fragte Vanessa mich: „Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht bei den anderen sein?" „Die haben mich aufgeregt und dann hab ich mich noch mit Leon gestritten, da musste ich einfach weg bevor ich noch mehr ausraste." „Was hat Leon denn gemacht?", fragte sie mich daraufhin. „Ich wollte die Sachen eben im Kunstunterricht auf mich nehmen, weil es auch meine Schuld war, aber Leon der Sturrkopf meinte er müsse das machen und da sind wir halt aneinandergeraten." „Mh klingt irgendwie nach Leon", lachte sie, „Aber sein Vater ist echt gechillt, das würde kein Ärger geben." „Ich weiß, das haben die eben auch schon gesagt, aber es war meine Schuld und meine Mum ist auch total gechillt bei sowas", entgegnete ich. „Mh, aber sie haben es bestimmt nur nett gemeint." „Ja, ja, ich weiß, aber ich mag es trotzdem nicht, wenn sie mich wie ein Prinzesschen behandeln, weil sie denken ich kann nichts ab. Ich halt doch sowas aus, das ist doch kein Drama! Ich hab ja schließlich niemanden umgebracht", seufzte ich. „Ach die wollen doch nur als die tollen Jungs vor dir dastehen und als die Raudis vor dem Direktor", sagte Vanessa, während sie gegen mich stieß. „Sollten wir vielleicht nicht doch langsam zu den anderen zurück gehen? Gleich beginnt die letzte Stunde." „Ja, aber ich hab echt keine Lust auf Physik." „Denkst du ich?", fragte ich, als ich aufstand.

Wir gingen wieder zurück auf den Hauptpausenhof und wurden gleich von den wilden Kerlen angestarrt. Ich rief: „Ich hab euch Idioten jemanden mitgebracht. Ich hoffe ihr habt sie vermisst!" Vanessa schmunzelte bedrückt bis Leon auf sie zu rannte und sie in eine Umarmung zog. „Bitte hör auf böse auf mich zu sein, auch wenn ich nicht weiß wieso. Ich liebe dich, Vanessa", flehte er sie an. Vanessa löste sich ein Stück von ihm und meinte: „Ich war sinnlos sauer auf dich und das tut mir leid. Ich liebe dich auch, Leon." Daraufhin küssten sie sich und die wilden Kerle im Chor: „IIIIIIIHHHHH!"

Isabel, ihr hartes Leben und die MännerweltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt