Die Bestrafung

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(Achtung sexuelle Inhalte!) 

Derim war nicht gerade begeistert, als Shyla ihm von Kiras Abschied erzählte. „Sie hat mir nichts davon gesagt, nicht einmal etwas angedeutet, nichts." Shyla hatte ihn daraufhin in den Arm nehmen wollen, denn sie wusste, dass es ihn sehr quälte. Derim schätze die Ehrlichkeit über jede andere moralische Richtlinie und deswegen traf ihn dies besonders, auch weil er ebenso wie Shyla und ihre Freunde wusste, dass dies für sie der Tod bedeuten würde. In seinem Aufruhr hatte er sich auf die Suche nach ihr machen wollen, war schon in seiner Kleidung und hatte den Dolch umgeschnallt, den er selber gemacht hatte, bereit Kira nachzugehen, doch Shyla machte ihm einen Strich durch die Rechnung „Ich weiß, was du vorhast und ich werde nicht noch eine weitere Person verlieren, Demir!" Er wollte ihr folgen, das war Shyla klar. „Demir. Bitte." Mit Tränen in den Augen blickte sie ihn an und er konnte ihren Schmerz sehen, ihre Mutter tot wegen ihr und ihre beste Freundin weg auf einer tödlichen Mission. „Bitte." Demir stand immer noch im Türrahmen ihrer Wohnung und blickte seine Schwester an. „Du hättest sie aufhalten können, du hättest etwas dagegen tun können, doch du hast nichts davon getan, du hast sie gehen lassen." Die letzten Worte waren wie giftige Dornnadeln, welche Shyla unter die Haut gingen und sie schluckte. Verzweifelt hielt sie sich an ihrem Stuhl fest und blickte ihrem männlichen Ebenbild entgegen, der sie wütend und entgeistert anblickte. Das schlimmste jedoch war die Enttäuschung in seinen Augen, er hatte sie gemocht, mehr als sie ihn, das war klar. In der Hinsicht waren sie und Kira ähnlich, sie ließen sich mit Männern nur auf die körperliche Ebene ein und schlossen ihre Gefühle dabei aus, oder hatten noch nie das Bedürfnis jemanden ihre Liebe zu schenken. In einer Welt wie dieser war es verdammt schwer, jemanden zu vertrauen. Jede weitere Liebe oder jeder weitere Vertraute war eine Mühe und eine Last, ein weiteres Maul, das man stopfen musste, um dem man sich kümmern musste. Kira war auf sich alleine aufgestellt, das war in mancher Hinsicht besser. „Sie war so entschlossen, ich hätte sie nicht aufhalten können, egal was ich gesagt hätte." „So ein Schwachsinn." Demir fuhr sich durch die Haare und warf den Dolch wütend in eine Richtung, wobei dieser in der Holzwand, neben der dem Tisch stecken blieb, direkt neben Shyla. Diese fuhr erschrocken auf und drehte sich empört zu ihm um. „Was sollte das?"

„Du hast mir meine Liebe genommen, du hast sie weggehen lassen." Eine Wut durchfuhr Shyla und sie musste sich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschreien, sie wusste zwar, dass er litt und es tat ihr auch leid, aber das änderte nichts daran, dass jener Dolch auch sie hätte treffen können. „So ernst war es zwischen euch doch gar nicht?" Demir blickte sie erstaunt an. „Doch!" Seine Augen waren blutrot, er hatte geweint und zwar nicht wenig. Eine Welle von Schuldgefühl durchführ Shyla und sie biss sich auf die Lippen. Sie hasste sich so sehr, dass sie diese Worte aussprach, jene verletzende Worte. „Sie hat dich nicht geliebt, sie wollte nur Sex." Demirs Augen wurden groß und er schluckte. „Was." Shyla schloss die Augen. Was hatte sie nur getan, verdammt, der Blick in sein verletzest Gesicht brach ihr das Herz. Deine Schuld, deine Schuld, deine Schuld. Sie brachte es wirklich zusammen, jedem wehzutun und zu schaden. „Demir, es tut mir l-." „Spar dir deine Entschuldigungen." Mit einem harten Gesichtsausdruck riss er die Schlafzimmertür auf und gerade, als er sie schließen wollte, blickte er ihr in die Augen. „Sie ist also genauso eine Hure wie du." Shyla durchfuhr es eiskalt und blickte empört in die Augen ihres Bruders, der die Schlafzimmertüre zuknallte. Hure, das hatte sie Elias schon genannt. Vielleicht war sie das ja wirklich. Plötzlich wurde ihr alles zu viel, zu viel Leid, zu viel Ärger, zu viel Verurteilungen und vor allem zu viel Egoismus von Shyla. Sie fühlte sich so schrecklich, dass sie es ihm an den Kopf geworfen hatte. Sie musste weg. Sie rannte in die entgegengesetzte Richtung von Demir raus aus der Wohnung, weit weg. Vorbei an den Wohnungen der anderen Arbeiter, vorbei an denjenigen, die sich auf den Weg zur Nachtschicht machten, mit müdem und ausgelaugtem Gesicht. Eigentlich sollte sie auch schlafen, sie musste wieder früh aufstehen, doch es war ihr egal, sie wollte nur weg. Sie hatte genug von diesem Leben, dieser Plagerei und von ihr. Sie hatte heute nicht nur ihre Freundin verloren, sondern auch ein Stück des Vertrauens ihres Bruders, der sie mit einer solchen Enttäuschung angeblickt hatte, die sich in ihre Eingeweide eingebrannt hatte und welche sie wohl nie wieder vergessen würde.

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