Wie man mehr über die eigenen Eltern erfährt

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Ich drehe mich um meine eigene Achse, versichere mich ein letztes Mal, das ich mich alleine befinde und sich in keiner Ecke der König versteckt. Schließlich hat er mir diesen Ort gezeigt. Die Blumen, die in den Büschen, die mich umkreisen, strahlen noch genauso schön wie damals, als Rowan mir diesen Ort gezeigt hat.
     »Aedion«, flüstere ich. Hektisch schaue ich mich um, kann jedoch keine dunklen Schwaden ausmachen, die die Ankunft des Dämons ankündigen würde. »Aedion«, sage ich lauter und mit kräftiger Stimme. Fast augenblicklich bilden sich dunklen Schwaden vor mir, aus denen ein Mann heraustretet. Wie immer sitzt die Kapuze tief in seinem Gesicht und verrutscht selbst dann nicht, als er sich vor mir verbeugt.
     »Ich habe Fragen«, verkünde ich und bin selbst fast erschrocken über die Festigkeit meiner Stimme. Doch Aedion nicht. Mit verschränkten Armen vor der Brust starrt mich der Dämon an. »Das habe ich mir gedacht.«
     Ich ziehe eine Augenbraue hoch, ehe ich seufze. »Heute habe ich an Kova gedacht.« Ich wollte noch mehr sagen, doch Aedion unterbricht mich sofort. »Ich habe es gelindert.« Ich lege den Kopf schief, was den Dämon sofort dazu veranlasst seine angespannte Körperhaltung abzulegen. Er löst seine Arme von seiner Brust und tretet einen halben Schritt auf mich zu. »Deine Schmerzen«, erklärt er. »Und dich vergessen lassen, teilweise.« Das letzte Wort flüstert er so leise, das ich ihn beinahe nicht richtig verstanden habe. Obwohl Aedion unsicher wirkt, habe ich mich nicht im Griff. Mein Blut gerät in Wallungen und facht meine unbekannte Wut an. Ich balle meine Hände zu Fäusten. »Du wärst daran zerbrochen«, schreit er. Aedion wirkt hilflos, was mich trotz der lodernden Hitze in meinem Körper dazu veranlasst meine Hände zu lockern.
     »Warum ...« Meine Stimme zittert. Ich beiße mir auf die Unterlippe, schlucke den angestauten Speichel herunter und sage mit gefaster Stimme: »Warum hast du das getan?«
     »Woran liegt es das du nicht auf den Punkt kommen kannst?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Nicht bei mir und auch nicht bei Rowan.«
     Ich schnaube. »Du meinst, weil er verlobt ist?«
     Für den Bruchteil einer Sekunde wirkt es so, als hätte ich Aedion mit einer Kutsche überfahren. Er blinzelt mehrmals, während sein rechtes Augenlid anfängt zu zucken. »Er hat es dir gesagt«, erwidert er, nachdem er sich einigermaßen gefasst hat. Ich schüttle zaghaft meinen Kopf. »Das warst du.« Der Dämon braucht einen Moment, bis die Zahnräder in seinem Kopf, so stelle ich es mir jedenfalls vor, die Puzzleteile Zusammensetzen können. »Böses Mädchen.« Er schüttelt den Kopf. »Haben deine Eltern dir nicht beigebracht, das man andere nicht belauschen darf.« Ich zucke die Schultern. »Sag du es mir.« Abwartend schaue ich ihn an. Als drei weitere qualvolle Sekunden vergehen, in denen er nichts sagt, spreche ich ungehindert fort: »Findest du es nicht merkwürdig, das ein Dämon deines Kalibers respektlos gegenüber dem König, aber achtungsvoll gegenüber mir, einem Menschen ist?« Langsam gehe ich auf Aedion zu. Als ich vor ihm zum stehen komme, lege ich meinen Kopf in den Nacken und funkle ihn an. »Selbst jetzt machst du keine Anstalten mich zurechtzuweisen.«
     Er stöhnt auf. »Komm auf den Punkt.«
     »Wusstest du es?« Meine Stimme bebt.
     »Wusste ich was?« Ein Knurren entfährt ihm. Strapaziere ich etwa seine Nerven?
     »Wusstest du, dass ich ein Drache bin?«
     »Halbdrache«, verbessert er mich. »Marianne war ein Mensch.« Mit zittrigen Beinen schwanke ich zurück. Trotz allem hatte ich gehofft, dass ich mich irre. Die Wahrscheinlichkeit war zwar relativ gering, doch sie war vorhanden. Und jetzt? Jetzt weiß ich die Wahrheit – schon wieder und statt glücklich zu sein, wie ich erhofft habe, fühle ich mich verraten. Warum habe ich nur den Drang, immer die Wahrheit wissen zu wollen?
     »Davina?«
     Verschwommen nehme ich Aedions Gesicht, das plötzlich vor meinem aufgetaucht ist, wahr. »Du hast es gewusst«, wispere ich. Ein Schluchzer entfährt mir, ehe sich wieder mein heißes Blut meldet. Siedend rauscht es durch meine Adern und facht meine Wut wieder an. »Du hast es gewusst«, zische ich, balle meine Hände zu Fäusten und hämmere auf die Brust des Dämons ein. Er wehrt sich nicht. Aedion legt einen Arm um meinen Körper und zieht mich näher an sich heran. Er fährt mit seiner Hand durch mein Haar und streicht mit regelmäßigen Bewegungen über meine Kopfhaut. »Ich weiß«, wispert er gegen meine Stirn und mit einem Mal kühlt das Blut in meinem Körper ab und lässt auch die Wut, die sich wie eine zweite Haut um mich gelegen hatte, verpuffen.

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