Zehn

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Die nächsten Tage verliefen ruhig. Ich traf jeden Abend Roberto. Ihm ist zum Glück nichts passiert. Er hatte sich große Sorgen um mich gemacht, weil ich verschwunden war. Und das fand ich süß. Bei Roberto fühlte ich mich gut. Er gab mir Sicherheit.
Und vorallem behandelte er mich wie eine Freundin. Ich war froh ihn zu haben.
Eines Tages erfuhr ich dass morgen Abend das Wassermädchen mit paar anderen Wassermenschen zu Besuch kam. Würde Jaro echt ein Wassermädchen heiraten?
Am nächsten Morgen liefen die Vorbereitungen auch Hochttouren. Alles wurde geputzt, aufgeräumt und geschmückt. Die Feier fand im Palastgarten statt. Ich eilte zwischen König und Palastgarten hin und her. Manchmal musste ich ihm helfen und manchmal packte ich beim Vorbereiten mit an.
Kurz vor dem Eintreffen der Wassermenschen rief mich der König zu sich. "Loelia, ich möchte dass du zu dem besonderen Anlass was anderes an ziehst. Immerhin bist du die königliche Magd", sagte er und gab mir ein schwarzes Kleid. Als ich es anzog, blieb mir kurz die Luft weg. So was schönes hatte ich noch nie an.
Ich ging aus dem Bad und Jaro lächelte mich an. Sein Lächeln war warm und ich musste automatisch zurück lächeln. Wie war das nochmal mit dem Gefühlskalt?
Ich begleitete ihn in den Palastgarten wo bereits viele Leute warteten. Der König setzte sich auf seinen Platz und ich stellte mich schräg hinter ihn. Es ertönten Trompeten, die signalisieren sollen, dass die Wassermenschen eingetroffen sind. Alle standen auf. Selbst Jaro. Mehrere Wassermänner kamen um die Ecke. Gefolgt von noch mehr Wasserleuten. Es waren ungefähr 20. Die Wassermenschen blieben vor dem Podest des Königs stehen und verbeugten sich kurz.
"Willkommen, verehrte Gäste. Es freut uns alle, dass wir zusammen gefunden haben", sprach Jaro. Seine Stimme war unglaublich herrschermäßig. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Ein etwas größerer Mann trat heraus und antwortete: "Vielen Dank, eure Majestät. Ich bin Gyro Myth. Und das ist meine Tochter Alvora." Ein etwas kleineres Mädchen trat zu ihm vor. Es stand aufrecht und lächelte freundlich. Sie hatte blaues Haar, dass schön geflochten ist und ihre blauen Augen strahlten. Sie hatte ein farbenfrohes Kleid an, dass ihre Rundungen betont. Und sie hatte welche entgegengesetzt zu mir. Alvora ist hübsch, keine Frage. Aber ich spürte wie unwohl sie sich fühlte. Sie knickste und Jaro lächelte sie freundlich an.
"Setzt euch und genießt das Fest", meinte er dann und die Musik begann. Es wurde viel gegessen und geredet.
"Loelia, du langweilst dich bestimmt. Hilfst du dabei die Wassergäste zu bedienen?", meinte Jaro zu mir und ich nickte.
Ich lief zu ihnen und räumte leeres Geschirr weg. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Alvora. Ich finde sie komisch. Doch die Leute schienen sie zu mögen. Allerdings entging mir nicht, wie unwohl sich Alvora fühlte. Sie überspielte es gut, aber ich wusste was Überspielen war.
Ihre Mutter redete nicht viel aber ihr Mann unterhielt sich viel mit seinen Männern. Es schien so als würde er uns Landleute nicht mögen. Jaro rief mich zu ihm.
"Sag bitte Alvora Bescheid, dass sie zu mir kommen soll", sagte er zu mir. Ich nickte und lief zu Alvora.
"Mylady, würdet Ihr mit mir kommen? Der König schickt nach Ihnen", unterbrach ich höflich das Gespräch. Als Alvora aufstand und mich kurz anschaute, erschrak sie kurz. Doch fasste sich sofort. Was war das denn?
"Entschuldigen Sie, ich wollte Euch nicht erschrecken. Ich schleiche mich nur unbewusst immer an", entschuldigte ich mich verwirrt.
"Nein, alles gut. Das ist es nicht."
Alvora folgte mir und ich brachte sie zu Jaro der bereits am Rand des Festes stand.
"Guten Abend, Alvora. Schön dich kennenzulernen", begrüßte Jaro Alvora.
"Die Freude ist ganz meinerseits."
Sie knickste kurz bevor Jaro ihr den Arm anbot. Irgendwie passten sie überhaupt nicht zusammen, aber dann doch wieder. Gegensätze ziehen sich an.
Kurz flammte Eifersucht in mir auf. Sofort bekämpfte ich sie. Der König konnte machen was er will. Ich bin nur seine Magd.
Rasch kehrte ich zum Fest zurück. Locker eine Stunde sah ich die zwei nicht. Als sie zurück von ihrem Spaziergang kamen, ertönte schnellere Musik und die Leute standen auf und fingen an zu tanzen.
Die Diener standen außerhalb und warteten. Alvora tanzte mit Jaro. Mich erfüllte leichte Trauer. Jaro mit einer anderen zu sehen, tat mir weh. Und das wollte ich nicht. Zum Glück tauchte Roberto auf und wir verschwanden unbemerkt.
Er führte mich ein wenig weg aber man hörte noch die Musik.
"Alles gut?", fragte er und ich nickte.
"Ja. Was hältst du von Alvora?"
"Sie ist hübsch, keine Frage. Sie redet mit vielen und zeigt auch keine Ablehnung zu uns Landmenschen."
Mir wurde klar, dass Roberto nur ihr eines Gesicht sieht. Ich konnte in sie hinein blicken und das machte mir kurz Angst.
"Na komm", meinte Roberto grinsend. Kurz schaute ich verwirrt, doch dann nahm er meine Hand und wir tanzten. Roberto konnte gut tanzen. Ich lachte und Roberto wirbelte mich umher. Alle Gedanken über Alvora und Jaro waren weg.
Als Roberto zum Stehen kam, schauten wir uns an. Seine Augen funkelten und seine blonden Haare hingen ihm ein wenig in die Stirn. Wir grinsten uns an und ich war glücklich.
"Ich muss wieder zurück zum Fest. Wir sehen uns okay?", sagte er und ich nickte. Dann lief er weg und ich stand alleine da. Plötzlich sah ich Alvora die vom Fest eilig weg ging. Keiner schien es zu bemerken außer ich. Also folgte ich ihr neugierig.
Sie setzte sich auf eine Steinbank, zog die Beine an sich und legte ihren Kopf drauf.
Ihr schien es nicht gut zu gehen.
Also ging ich auf sie zu auch wenn ich eigentlich keine Lust auf sie hatte. Ich mochte sie nicht. Aber mein Instinkt wollte ihr helfen.
"Alles gut Mylady?", fragte ich sie. Alvora schaute erschrocken auf und lächelte sofort freundlich.
"Ja klar."
"Mylady, ich braucht eure Maske nicht aufsetzen. Ich bin es schon gewöhnt andere zu trösten. Und vorallem habe ich schon viel erlebt", sagte ich und setzte mich zu ihr.
Ihr Lächeln erlosch.
"Warum sollte ich dir vertrauen?", fragte sie stattdessen. Endlich sprach ich mit der echten Alvora und bemerkte dass sie jünger war als ich. Vielleicht ein oder zwei Jahre.
"Wer hat was von vertrauen gesagt. Ich dachte mir nur, dass ich Euch helfen könnte, von Frau zu Frau."
Alvora schaute mich an.
"Du bist ein Teufelsengel, oder?"
Jetzt sah ich sie erschrocken an. Woher wusste sie das?
Alvora lächelte kurz.
"Ich weiß wie Teufelsengel aussehen. Auch ohne Flügel", meinte sie.
"Ich kenne keine anderen außer mich", antwortete ich.
"Die wohnen hier auch nicht. Sondern weiter an der Küste."
Ich nickte.
"Erzähl mir von dem König, wie ist er so?"
Langsam fing ich an zu erzählen: "Er hat eine harte Schale und einen weichen Kern. Von außen ist er kalt und ein guter Herrscher. Innendrin ist er nett und hilfsbereit. Er ist eine gute Partie für Euch. Was hält Ihr von ihm?"
"Gut aussehen tut er, aber ich kenne ihn nicht. Und meine Eltern wollen mich an ihn verheiraten. Damit sie in die Regierung eingreifen können, mich manipulieren und dann die Macht haben. Sie müssen ja irgendwie ihre Kinder loswerden und am besten sind die zukünftigen Partner dann reich und haben viel Macht."
Unsere Blicke trafen sich.
"Keiner hat es so wirklich leicht im Leben oder?", scherzte ich leise.
"Aber wenn du die Frau des Königs bist, wird er dich beschützen auch vor deinen Eltern. Der König tut keiner Fliege was zu Leide", fügte ich hinzu.
"Ich will eigentlich nicht heiraten. Ich fühle mich nicht bereit dazu. Was ist wenn mich der König nach der Hochzeit vergewaltigt? Oder mich schlägt sobald ich was falsch mache?" Tränen traten ihr in die Augen.
"Der König ist nicht gewaltvoll. Er ist lieb und sanft, Alvora. Wenn du etwas nicht willst, wird er es verstehen. Und ich meine er hat ja schon Erfahrung", versuchte ich sie zu beruhigen und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie schaute mich an.

Königreich AdrikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt