Mafia Romance 2

|| 1 || Capo dei capi

Avyanna Salvatore

Vor einem halben Jahr habe ich Luigi Montanas Job als Capo dei capi belächelt, ihn für diese Aufgabe ausgelacht. Nun sitze ich hier, in einer Kommission, alles andere als amüsiert. Seit diesem Tag vor sechs Monaten hat sich vieles geändert. Luigi ist tot, Vincenzo auf der Flucht. Miguel ist vor kurzem aus dem Koma erwacht. Leandro und ich haben uns ineinander verliebt, doch eine Beziehung führen wir nicht. Und dann ist da natürlich noch die Tatsache, dass ich nun Capo dei capi bin.
Nur eines hat sich nicht verändert.
Auch heute spinnt mein Kopf Mordszenarien, wie ich die jeweils Anwesenden töten könnte. Leandro ausgeschlossen.

Miguel nimmt derzeit nicht an der Besprechung teil. Erst muss er das selbstständige Atmen, Essen, Bewegen und Sprechen wiedererlernen. Muskeln müssen aufgebaut werden und sein Gedächtnis muss wieder klarer werden, denn die Tabletten haben ihn ganz schön benebelt.

Mein Blick heftet sich auf Thomas, der Unterboss der Ancelottis, der vorübergehend Miguels Familia leitet, bis er wieder fähig ist, diese zu übernehmen. Allerdings wird dies eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Fraglich ist, ob Miguel überhaupt jemals wieder seine Mafia übernehmen wird.

Mister Licciardi verschränkt seine Arme vor der Brust: «Thomas Ancelotti sollte nicht bei den Kommissionen teilhaben dürfen!» Seine karamellbraunen Augen sind auf Miguels Unterboss gerichtet. Diese Diskussion führen wir bereits ganze zehn Minuten. Zehn Minuten Zeit, um Mordszenarien auszumalen.
Es wäre so einfach aufzuspringen und ihn mit seiner Krawatte zu erwürgen. Meine Finger zucken, bereit meine Idee in die Tat umzusetzen.

«Ich bin ganz Licciardis Meinung!», stimmt Mister Gevarsi zu.
Leise schnaube ich. «Der Einzige, der hier nichts zu suchen hat, sind sie, Gevarsi.» Er verdient es nicht mit Mister betitelt zu werden. Er ist nichts weiter als ein heuchlerisches Arschloch, der dasselbe Ende wie Luigi verdient.

Gevarsi reißt seine Augen auf, genauso wie sein Mund. «Wie können Sie es wagen?»
Ich schnaube. Der hat doch nicht wahrhaftig geglaubt seine Taten würden verziehen und vergessen werden, nun da Luigi sieben Meter unter der Erde verrottet! Idiot. «Die Frage lautet wohl eher, wie DU es wagen kannst, in MEINE Villa zu kommen und an einer Kommission teilzunehmen, als wäre nichts passiert, nachdem du bei Luigi Frauen und womöglich gar Kinder gekauft hast, als wären sie Objekte!» Noch allzu gut erinnere mich, wie ich vor wenigen Monaten ihn nach einer Kommission als Verbündeten gegen Luigi gewinnen wollte, dann jedoch von allen Wolken fiel, als ich herausfand, dass er nicht nur von Luigis Geschäfte wusste, sondern selbst ein Kunde war.

Mehrere schnappen nach Luft oder reißen ihre Augen auf. Bei jedem außer Leandro und mir zeichnet sich der Schock ab. Selbst Gevarsi ist entsetzt, allerdings lediglich, weil nun sein Ruf zerstört wurde.
Alle der hier Anwesenden sind zwar Mafia Bosse, aber die Linie des Menschenhandels wurde zuletzt vor Jahrzehnten überschritten. Wir mögen die gefährlichsten Kriminellen des Landes sein, aber selbst wir haben Grenzen, die wir einhalten.

Gevarsi presst seine Lippen aufeinander. «Privates hat nichts mit Beruflichem zu tun!»
Ich muss mir ja glatt das Lachen verkneifen.
Leandro antwortet für mich: «Arschloch Verhalten bleibt Arschloch Verhalten.» Sein Blick trifft auf Gevarsis. Er verschränkt seine Arme vor der Brust und lehnt sich zurück an seine Stuhllehne. «Und da wir die Capo dei Capis sind, bestimmen wir, wie wir mit solch einem Verhalten umgehen werden.»

Innerhalb weniger Sekunden verwandelt sich Gevarsis bronzefarbener Teint in leichenblasse Haut. Ich schmunzele, als ich die Todesangst in seinen Augen erkenne. «Aber in den zehn Geboten steht nicht, dass- »
Ich unterbreche ihn: «Frauen müssen mit Respekt behandelt werden. Gebot Sieben.» Schweißtropfen glänzen auf Gevarsis Stirn.
Leandro fügt hinzu: «Jeder, der sich schlecht benimmt und sich nicht an moralische Werte hält, darf nicht Teil der Mafia sein. Gebot Zehn.» Gevarsi öffnet seinen Mund, klappt diesen dann wieder zu. Er weiß, dass jedes weitere Wort ihm nur schaden wird.