|Limousine|

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Ein Arm legte sich von hinten um meinen Hals und schnitt mir die Luft ab. Warmer Geruch nach Kaffee und Wald stieg mir in die Nase, als sich seine Brust gegen meinen Rücken drückte. Er war warm, sogar seine Hände und mein Herz begann schneller zu schlagen, wie ein Vogel im Käfig.

Es wunderte mich nicht. Ich wusste, dass es ein Teil der letzten Szene des Tages war. Aber mein Körper kannte nur die geringe Luftzufuhr und die Gefühle, die ich den Kameras um uns herum mit Blicken und Gestik vermittelte.

Ich atmete warme Luft aus, während kalte dafür in meinen Kreislauf gelang und mich zusammen mit dem Adrenalin in meinem Körper aufzuputschen versuchte. Oft hatte ich den nächsten Griff mit den Stuntleuten geübt und kannte ihn auswendig. Dennoch hielt mich der Gedanke an die Wärme und Geborgenheit von Tom für einen Moment zurück.

Konzentriere dich, Enya. Durch meine Größe konnte ich mich mit den Füßen auf dem Boden abstützen und so stolperten wir Beide ein Stück zurück. Wir prallten gegen die Mauer am Set, die Kamera folgte uns. Der Griff von Tom löste sich etwas und ich umschloss seinen Arm mit meiner Hand und drehte diesen.

Jeder Schritt war geplant, jeder Handgriff seiner- und meinerseits. Im Hintergrund kämpften auch die Darsteller, doch der Fokus lag auf uns. Mehrere schwindelerregende Schritte und Schrittfolgen später standen wir uns erneut gegenüber.

Die Haare aus den ursprünglichen Frisuren gelöst, die Augen wild und wir atmeten angestrengt. Etwas in seinen Augen blitzte auf, als er wieder auf mich zu stürzte. Es gehörte nicht zum Skript und dennoch behielt ich meine Überraschung für mich und konterte seinen Angriff. Jeder Griff war warm und ich wusste, dass ich keiner Sekunde etwas zu befürchten hatte.

Niemand unterbrach uns und jeder kämpfte so lange weiter, bis Tom und ich uns direkt gegenüberstanden, so dicht, dass sich unsere Nasen beinahe berührten und die Wut das einzige war, was uns trennte. ,,Cut! Das war eine gute Ergänzung, ihr Beiden! Feierabend!"

Tom und ich lockerten unsere Haltung. ,,Woher kam das denn?", fragte ich den Briten, dessen Wärme noch immer bei mir zu sein schien, welche einen angenehmen Schauer über meinen Körper fahren ließ. ,,Improvisation.", sagte Tom, riss mich aus meinen Gedanken und lächelte. ,,Aber für einen Anfänger hast du dich gut dabei geschlagen." Ich rümpfte gespielt genervt meine Nase, bedankte mich in meinem Innern jedoch für das Kompliment.

,,Glaube ihm kein Wort, Enya. Er will nur nicht zugeben, dass du vermutlich besser warst als er bei seinen ersten Improvisationsversuchen." Mira und Alec kamen mit zwei Decken auf uns zu, welche wir uns umlegten. Mir war zwar durch die Anstrengung warm, jedoch war die Außentemperatur in den letzten zwei Wochen drastisch gesunken. Auf eine Erkältung konnte ich sehr gut verzichten.

Die Arbeit am Set ging dennoch zügig voran. Bei den Dialogen tat ich mich jedoch noch immer ab und zu schwerer, als es sein sollte. Doch keiner hier am Set schien mir das übel zu nehmen, mit Ausnahme von Thea.

Tom hatte mit ihr bisher nicht mehr am Set gesprochen. Laut Chris und Scarlett war er enttäuscht von der Blondine, die offenbar deshalb noch launischer in letzter Zeit war. An manchen Tagen tat sie mir wirklich leid, denn während ich immer mehr Freunde dazu gewann, die mich glücklich machten so vertrieb sie nach allen Kräften die Leute um sich herum mit schlechter Laune und zicken.

,,Aurelia hat im übrigen angerufen. Du hast heute Abend ein Interview.", sagte Mira und das anfängliche Lächeln schwand zu einem beißen auf der Unterlippe, während wir vier das Set verließen und in Richtung der Wohnwagen gingen. Der kalte Windzug draußen kam nicht durch die dicke Decke um mich herum, traf jedoch wie ein Schlag auf mein Gesicht.

,,Es geht um den Film. Chris, Scarlett und Tom sind auch dabei. Die Adresse hat sie dir gemailt." Erleichterung durchflutete mich. Es war mein erstes Interview und von dem Chaos an Gefühlen durch die gerade gespielte Szene in meinem Innern abgesehen, empfand ich keinen allzu großen Wunsch danach, mich dieser Herausforderung alleine zu stellen.

,,Wir holen dich von deiner Wohnung ab, wir werden gefahren. Schick einem von uns einfach deine Adresse.", meinte Tom und lächelte mich für einen Moment an, ehe er grüßend die Hand zu Mira und Alec hob und nach rechts abbog, während wir weiter geradeaus liefen.

,,Er steht auf dich.", sagten Mira und Alec gleichzeitig, nachdem der athletische Körper von Tom zwischen Wohnwagen verschwunden war. ,,Tut er nicht.", erwiderte ich mit einem verdrehen der Augen und gleichzeitigem Lächeln, als wir weiter liefen. Aber er mochte mich und ich ihn auch.

Als ich drei Stunden später einen letzten Blick in den Spiegel warf, nickte ich mir selbst zu. Eine schwarze Jeans, ein heller Kragenpullover und einen braunen Blazer. Mit dem Outfit war ich vollkommen zufrieden.

Zugegeben, ich war nervös. Ich hatte gehofft, dass ich mein erstes Interview noch etwas nach hinten schieben konnte, mindestens bis zum Dezember. Denn je näher der Tag kam, desto unkonzentrierter wurde ich. Und das gefiel mir nicht. Deshalb war es ein großer Trost, bei dem Interview nicht alleine zu sein.

Fehler durfte ich mir nicht erlauben, laut Aurelia. Besonders nicht, solange das Interesse so stark auf der ,unbekannten Neuen', mir, lag. Ich strich meine dunkelblonden Haare zurück und wandte mich von dem Spiegel ab, als es klingelte.

Ich schlüpfte in meine Schuhe und drückte den kalten Türgriff herunter, um Chris anzusehen. Ein kalter Wind begrüßte mich ebenso wie das freundliche Lächeln von ihm. ,,Hey, Enya." Ich war nicht klein, zumindest empfand ich mich mit meinen 1,77 m nicht als klein. Doch Chris überragte mich ohne Mühe um einen halben Kopf.

,,Hey, Chris." Der gebürtige Australier trug einen schwarzen Blazer, darunter ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Jeans. Der Schlüssel klimperte, als ich die Tür hinter mir abschloss und mich zu Chris drehte, hinter dem mehrere Meter entfernt eine tiefschwarze Limousine am Straßenrand parkte, der Fahrer stand bewegungslos neben der hinteren Tür.

Luxus, purer Luxus. Auch wenn ich mich fragte, ob das wirklich nötig war, war es ein tolles Gefühl zu wissen, dass sich die eigene Arbeit auszahlte. Hart arbeiten zahlt sich am Ende aus. In den Schritten neben Chris auf die elegante, jedoch bullige Limousine hin nahm die Anspannung etwas zu.

All die Aufmerksamkeit, der Trubel und die Gerüchte über mich, ,die Neue', ich hatte nun die Möglichkeit, Menschen ein Vorbild zu sein. Und diese Möglichkeit würde ich nutzen. Ich hatte nun die Chance, Dinge zu verändern und ein Leben zu leben, wie ich es wollte. Ich musste nur hart genug dafür arbeiten.

Der Fahrer öffnete uns die Tür, sobald wir auf den Bürgersteig traten. Ein heller Innenraum, das konnte man selbst von hier erkennen. Chris blieb stehen und deutete mit seiner Hand, dass ich einsteigen sollte. ,,Danke.", sagte ich und nickte auch dem Fahrer freundlich zu, bevor ich meinen Kopf leicht senkte und in das luxuriöse Gefährt einstieg.

Enemies and Lovers | Tom Hiddleston FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt