|It's okay|

629 41 0
                                    

‚Aufstrebende Schauspielerin redet mit kleinem Mädchen- und erweicht dabei die Herzen von Tausenden Menschen' Fett gedruckte Buchstaben, die groß überall im Internet zu sehen waren. Instagram-Videos, Nachrichtenseiten und sogar Zeitungen, einfach überall.

Bilder aus den verrücktesten Winkeln wie ich vor Kelly hockte und mit dem kleinen, braunhaarigen Goldlöckchen redete. Und das, obwohl es genau eine Woche her war. Doch statt nachzulassen, so wurde der Druck größer. Unwillkürlich begann ich die Nachteile zu verstehen, die das Schauspielerdasein mit sich brachte. Und ich war noch nicht lange in diesem Business.

Statt Dankbarkeit und Freude fühlte ich jedoch von Tag zu Tag mehr und mehr Gereiztheit und Unkonzentriertheit in mir. Heute Nacht ging mein Flug und ich war alles andere als bereit, mich dem größten Fehler meines Lebens zu konfrontieren. Nur mehrere tausend Kilometer trennten mich von meiner Heimat und allem, was ich nach ihrem Tod hinter mir gelassen habe.

Selbst Cara verschwieg ich dieses Sträuben, deren Bedrückung sich bei jedem Anruf in den letzten Tagen zusätzlich auf meine Schultern zu legen schien. Natürlich war das nicht ihre Absicht und ich würde nicht im Leben daran denken, ihr das zu erzählen. Immerhin ist Schweigen doch bekanntlich Gold, richtig?

Es war als würden die Worte, die meinen Mund verließen, jegliche Energie aus meinem Innern mit sich reißen. Jeder Satz, jede Emotion die ich als Tanea empfinden sollte, riss ein klaffendes Loch in meine Seele - und in mein Herz. Es war ein grausamer Schmerz, der erst abebbte, als ich mich vollkommen leer fühlte.

Hatte sie sich damals so gefühlt, als ihr Herz gebrochen wurde? Hatten meine Eltern und Cara das empfunden, als ich einfach nach England flog? Hätte ich mich ebenfalls so fühlen sollen? Meine Gedanken rasten und obwohl weiterhin Worte, bedeutungslose Worte meinen Mund verließen, fiel es auch dem Regisseur auf.

,,Wir machen eine kurze Pause." Ohne etwas zu sagen oder irgendjemanden anzusehen, verließ ich das Set und lief mechanisch den Weg zu dem Wohnwagen. Ich habe Cara enttäuscht- und ich habe meine Eltern enttäuscht. Aber etwas in meinem Innern nahm mir die Luft, als ich realisierte, dass ich auch sie enttäuscht habe.

,,Enya." Nur wenige Schritte trennten mich von dem schmalen Weg in die Kälte, die mich zu dem Wohnwagen führte. Angespannt schluckte ich und drehte mich um, um Thea anzusehen. Die Blondine trug wie so oft einen strengen Dutt von dem kein einziges Haar abstand. Ein enger Pullover und eine Jeans hielten sie in der Novemberkälte warm.

Ich traute meiner eigenen Stimme nicht, sodass ich unbeteiligt eine Augenbraue hob und wartete, bis sie mir ihr Anliegen mitteilte. Ihrem stechendem, abschätzigen Blick nach zu urteilen würde es nichts allzu nettes sein. ,,Ich erwarte von dir, dass du dich konzentrierst. Diese Szene ist wichtig für den Trailer, der am Wochenende online geht." Obwohl sie stehen geblieben war, trat sie einen weiteren Schritt auf mich zu.

Die Worte von Thea zogen an mir vorbei, versetzen mir gleichzeitig jedoch einen zusätzlichen Tritt in den Magen. ,,Nur weil du Tom um den Finger gewickelt hast, heißt es nicht, dass alle anderen das auch tun. Wenn du das hier nicht ernst nimmst, sorge ich für den Abbruch des Films. Und das würde deiner ,Popularität' enorm schaden, nicht wahr Enya?" Ein teuflisches Lächeln lag auf ihren Lippen. Die Schlange zeigte ihre Zähne und der Biss schmerzte. ,,Verstanden. Wenn du mich jetzt entschuldigst."

Meine Schritte wurden schneller, als eine erneute Welle des grausamen Schmerzes mein Inneres zu zerbersten drohte. Ich war nicht für sie da gewesen. Ich hätte die Rede auf ihrer Beerdigung halten sollen. Aber ich war nicht da.

Als ich die Tür den Wohnwagens, die ich nur schleierhaft durch heiße, ungeweinte Tränen sehen konnte, öffnete, war es so augenblicklich vorbei, das mir schlecht wurde. Taubheit hüllte mich ein und erdrückte mich, bis mir schlecht wurde.

Ich blinzelte, kämpfte gegen die Tränen wie an dem Tag, als ich von ihrem Tod erfuhr. Und das, nur um diesmal nicht in die ebenso zerstörten, hoffnungslosen Augen von Cara, meinen und ihren Eltern zu sehen.

Die Tür schlug hinter mir zu und ich lief auf den Tisch zu, an dem ich heute morgen noch lachend saß. Ich war ein Verräter. Meine Hände zitterten und ich stützte mich mit diesen auf der Kante des Tisches ab, um es zu unterbinden.

,,Ich habe sie im Stich gelassen, als sie mich am meisten gebraucht hat." Meine rauen Worte füllten den Raum. Wieder verschleierte meine Sicht, als ich den Blick von dem tiefen Braun des Tisches hob und in den Spiegel sah.

Ein kurzes, kratzendes Geräusch erklang, als sich meine Nägel schmerzhaft in das Holz auf der Unterseite bohrten. Ich wollte nicht weinen. Ich durfte nicht weinen. Meine Augen suchten nach meiner Wasserflasche. Meine Mutter hatte mir beigebracht, dass man nicht weinen konnte, wenn man etwas trank.

Doch ich fand sie nicht, sie musste am Set neben meinem Stuhl stehen. Ich löste meinen Griff und drehte dem Spiegel meinen Rücken zu, als die erste Träne meine Wange herunter lief. Drei Schritte in Richtung der Tür, bevor ich auf meine Knie sank.

Jedes Gefühl, jeder Schmerz und der Druck auf meinen Schultern zwangen mich auf die Knie, während eine Träne der nächsten folgte und die einzige Kontrolle die ich hatte die war, dass ich stumm weinte. Ich schlang beide Arme fest um mich selbst, in der Hoffnung, dass das unkontrollierte Zittern aufhörte.

Jeder stumme Schluchzer schüttelte meinen Körper und nahm mir auch die letzten Kräfte. Die Pause war mich Sicherheit längst um, aber ich schaffte es nicht, die Tränen zu stoppen und das machte mir eine Heidenangst. Ein Windzug zog um mich herum. ,,Enya!"

Starke Arme schlangen sich Sekunden später um meinen Körper und zogen mich an eine warme, ebenso starke Brust. Die Art und Weise wie mein Name ausgesprochen wurde, ließ mich noch mehr weinen. ,,Es ist okay." Die Stimme von Tom war leise als er seine Hand auf meinen Hinterkopf legte und mich noch weiter in seine Arme zog, gerade ein Flüstern- und doch begann ich laut zu schluchzen und den letzten Rest meiner Kontrolle zu verlieren. Nichts war okay, das wusste ich.

Aber er ließ es so klingen, als wäre es irgendwann möglich. Als könnte, irgendwann, alles okay werden. ,,Ich habe sie im Stich gelassen, Tom.", brachte ich leise hervor, Tränen liefen noch immer über mein Gesicht und fielen auf den Pullover, den er trug. Er ließ mich nicht los.

Enemies and Lovers | Tom Hiddleston FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt