Chapter Nine

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"Hey, was machst du?" Tonys Stimme war plötzlich zu hören. Wo kam das her? Ich drehte mich einmal um mich selbst bis mir das Armband wieder einfiel. "Du kannst dadurch sprechen?"
"Hab es als kleines Extra eingebaut.", erklärte er. "Was machst du?"
Ich öffnete die gläserne Doppeltür und trat ins Freie. "Ich hol mir einen Kaffee." Es war noch relativ früh, die Sonne war dabei aufzugehen und dennoch war in den Straßen von New York schon einiges los. Auf dem Bürgersteig tummelten sich allerhand Menschen auf dem Weg zur Arbeit. "Willst du auch was?", fragte ich und hatte mein Handgelenk höher gehalten. "Nein, Danke. Ich leg mich wieder hin." Das war merkwürdig. Warum war er wach geworden und fragte mich dann was ich gerade machte? Nur um dann weiter zu schlafen? Es fegte eine kühle Brise an mir vorbei und ich schlang die Lederjacke etwas enger um mich. Hätte ich mal doch die dickere Jacke angezogen.
Ich ging ein paar Meter die Straße runter und fühlte mich dabei irgendwie unwohl. Erst dachte ich, dass es an den vielen Leuten um mich herum lag, aber dann sah ich in einem Seitenspiegel eines parkenden Autos wer sich etwas versteckt hinter mir befand. Ausgerechnet der… Ich ging normal weiter bis zur nächsten Querstraße, dort bog ich schnell ab und stellte mich dicht an die Häuserwand. Es dauerte ein paar Minuten, doch dann lief er an mir vorbei mit beunruhigtem Gesichtsausdruck. Er nahm sein Telefon zur Hand und hielt es sich ans Ohr. "Hab sie verloren."
"Wen verloren?", fragte ich laut und drückte mich von der Wand weg. Erstaunt sah er mich an, sprach ins Telefon: "Vergiss es." und legte auf. "Wann hast du mich bemerkt?"
Ich verdrehte die Augen und ging an ihm vorbei weiter auf mein Ziel zu. Er folgte mir und ging neben mir her. "Habt ihr Angst, dass ich die Stadt hoch jage?", wollte ich wissen, sah aber weiter gerade aus. "Anordnung von Fury.", brummte er und schien wenig begeistert über meinen Spaziergang. Das war keine Antwort auf meine Frage. Ich seufzte leicht, sprach aber den Rest des Weges nicht mehr mit ihm.
Im Coffeeshop angekommen stellte ich mich in die Schlange und schaute mir die Karte an der Wand an. Es herrschte reges Treiben. Die Schlange ging beinahe bis nach draußen. Es waren ein paar Anzugträger dabei, ein oder zwei Jogger und nun auch wir beide. "Willst du Kaffee?", fragte ich meine Begleitung.
"Schwarz.", machte er nach einer kurzen Pause. Er beobachtete akribisch die Leute um uns herum. Nach vielleicht zehn Minuten waren wir endlich an der Reihe. “Willkommen, was kann ich für dich tun?”, begrüßte mich der hochgewachsene Mann hinter dem Tresen. Er hatte ein verschmitztes Lächeln aufgesetzt, das irgendwie ansteckend war. “Ich nehme einen großen Latte Macchiato mit Mandelmilch bitte.”
“Und dein Freund?”, fragte er vorsichtig in die Richtung meines Stalkers.
“Oh.”, wank ich schnaubend ab. “Er ist nicht mein Freund, aber er nimmt einen schwarzen Kaffee ohne alles.”
Der Kassierer tippte alles in die Maschine vor sich ein und wiederholte: “Ein Latte mit Mandelmilch für die hinreißende Frau und einen Kaffee ohne alles für ihren Nicht-Freund.” Er zwinkerte mir dabei kurz zu. Ich holte Geld aus meiner Jeanstasche und wartete darauf, dass das Display der Kasse mir einen Preis anzeigte. Stattdessen lehnte sich unser Kassierer auf den Tresen und meinte: “Lass mal, das geht aufs Haus.”
“Wirklich?”, fragte ich erstaunt und freute mich.
“Wenn du mir versprichst, dass du jetzt öfter herkommst?”
“Geht klar…” Ich schaute auf sein Namensschild, dass an seinem Pullover befestigt war. “Mike.”
Eine Kollegin hatte im Hintergrund meine Bestellung bereits bearbeitet und reichte die beiden Becher nach vorne durch. “Also dann, man sieht sich.”, grinste Mike mich an.
“Ja, bis dann.”, lächelte ich, nahm die Becher und wandte mich zum Gehen. Dabei bemerkte ich seinen Gesichtsausdruck. Er wirkte irgendwie angeekelt. “Was ist?”, fragte ich ihn genervt und drückte ihm seinen Kaffeebecher in die Hand.
“Nichts.”, meinte er langsam und wir gingen nach draußen. Mittlerweile war die Sonne komplett aufgegangen und es war auch nicht mehr ganz so kalt.
“Wohin gehen wir?”
“Wir gehen nirgends hin. Ich gehe, du verfolgst mich nur.”, merkte ich an und nahm einen Schluck Kaffee. Die Ampel vor uns zeigte rot und wir reihten uns neben den anderen Fußgängern ein, die bereits warteten.
“Bucky.”
“Was?”, fragte ich verwirrt und drehte mich zu ihm.
“Mein Name ist James Bucky Barnes.”, erklärte er. “Wir wurden uns nie vorgestellt.”
“Ah.”, nickte ich. “Bucky.” Den Namen hatte ich noch nie zuvor gehört. Klang irgendwie komisch.
“Ich will zu meiner alten Wohnung.”
“Warum denn das?” Er schien davon nicht besonders begeistert zu sein.
“Alle meine Sachen sind dort.”, brummte ich ihn an und gleich darauf gab mein Armband einen Piepton von sich. Verwirrt schaute ich es mir an. Der Display leuchtete gelb auf und zeigte ein pumpendes Herz. Tony hatte mir gesagt, dass es neben dem GPS-Tracker auch einen Pulsmesser hatte, aber ich wusste nicht, dass es Geräusche von sich gab. Pepper hatte mir vor ein paar Tagen gestanden, dass die Firma die Miete für mein Apartment weiter gezahlt hatte. Sie hatte gemeint, dass sie es nicht übers Herz gebracht hatte meine Sachen einfach so zu entsorgen.
Wir mussten eine Weile laufen, aber mir machte es nichts aus. Es tat ganz gut sich so alles ansehen zu können und ein bisschen Bewegung schadete nicht nachdem ich tagelang im Bett liegen musste. Früher war ich natürlich immer mit der U-Bahn zur Arbeit gefahren.
Das Haus mit den vier Stockwerken sah noch genauso aus wie ich es in Erinnerung hatte. Am Eingang stand ein Stapel mit Katalogen und des Geländer vom Kellereingang war übersät mit Fahrrädern. Die Tür stand glücklicherweise offen, so konnten wir gleich nach oben gehen. Es gab keinen Fahrstuhl, daher mussten wir die Treppe bis in den vierten Stock hochgehen. Die Flure waren verlassen. Die meisten Nachbarn waren sicherlich schon bei der Arbeit.
45 stand in silbernen Buchstaben auf der Tür vor der ich stehen blieb. “Hier ist es?”, fragte Bucky, der nicht mal annähernd außer Atem war. “Ja. Könntest du…?”, fragte ich und deutete auf die Türklinke.
“Hast du keinen Schlüssel?” Er hatte die Stirn in Falten gezogen.
“Nein, den hat Pepper.”, erklärte ich knapp und ging einen Schritt zurück. Mein Begleiter trat dichter heran und nahm den Türknauf in seine Metallhand. Mit einem schnellen Stoß drückte er die Tür einfach auf als wäre sie gar nicht verschlossen gewesen. “Danke.”, sagte ich und ging an ihm vorbei in meine Wohnung. Es lag Staub in der Luft und es roch etwas muffig. Über all meinen Möbeln lagen weiße Laken, dadurch fühlte es sich etwas befremdlich an. Erstmal schob ich ein Fenster auf und ließ frische Luft rein. Danach ging ich weiter ins Schlafzimmer. Auch hier waren die weißen Laken verteilt. Ich befreite meinen Kleiderschrank und besah mir meine Garderobe. Das musste alles einmal gewaschen werden. Es muffte ungemein. Aus dem Zimmer nebenan hörte ich langsame Schritte. Bucky schien sich vorsichtig umzusehen. Ich schaute durch die Tür. Er stand gelangweilt mit den Händen in den Jackentaschen im Raum und schaute sich dies und das an. Ich lud meine Arme mit einem Berg Wäsche voll und trug diesen ins Badezimmer. Dort stand meine Waschmaschine. Die Klamotten ließ ich erstmal auf den Boden fallen und suchte nach dem Anschalter. Er war an der Rückseite gewesen, soviel wusste ich noch. Ächzend verdrehte ich mir die Hand und tastete blind nach dem Schalter. Klick! Endlich. Zufrieden stellte ich mich wieder davor und wollte gerade loslegen, als Bucky herein stürmte und die Tür hinter sich zu knallte. Verwirrt drehte ich mich zu ihm, da drückte er mich einfach an sich und riss mich mit sich in die Badewanne.. “Bombe!”, rief er zur Erklärung, ehe er sich auf mich legte.

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