Chapter Five

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Die Nacht war furchtbar gewesen. Jede Stunde trampelten zwei Wachen an meiner Zelle vorbei um Patrouille zu gehen und ich musste den Feuerball immer wieder auflösen und aufs Neue formen. Viel Schlaf hatte ich dadurch nicht bekommen. Selbst wenn ich meine Wärmequelle aufgegeben hätte, wäre das ständige Getrampel wie ein Wecker im Snooze Modus gewesen. Ich hasste diesen Ort.
Als das Licht wieder eingeschaltet wurde, spürte ich über die Vibrationen im Boden, dass erneut zwei Wachen auf uns zu kamen. Ich beachtete sie gar nicht, bemerkte dafür im Augenwinkel dass sich mein Zellennachbar aus seinem Bett erhob. Von daher war ich leicht überrascht, als sich die Tür zu meiner Zelle öffnete und eine der Wachen eintrat. Es war der Gleiche, der mir gestern in die Kniekehle getreten und an den Haaren gezogen hatte. Ich erhob mich schnell aus meinem Schneidersitz, währenddessen holte der Wachmann ein neues Paar Handschellen hervor. Ich seufzte genervt und fragte:"Kein Frühstück?"
"Ich mag dich nicht.", war seine Antwort. Mit grimmigen Gesichtsausdruck legte er die Handschellen an. "Ja, das wundert mich nicht. Hätten meine Eltern mich nicht geliebt, hätte ich wahrscheinlich die gleichen Schwierigkeiten mit sozialer Kompetenz wie du..." Warum hatte ich das gesagt? Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und mit einem Mal schoss seine Hand um meinen Hals, zog mich hoch in die Luft und drückte mir die Atemwege zu. "Was hast du gesagt, du kleine Made?!" Ich hörte, wie Loki ein lautes "Hey!" herüber rief, doch das schien niemanden zu interessieren. Meine Hände legten sich um seinen Arm und durch ein Aufglühen konnte ich seine Haut verbrennen. Er schrie auf und ließ von mir ab, wodurch ich wieder auf meinen Füßen landete. Dann schloss ich eine Hand zur Faust und entzog seinem direkten Umfeld die Luft. Er begann zu keuchen und machte schnappende Mundbewegungen. Schließlich ging er auf die Knie und zappelte mit den Armen wie ein Karpfen an Land. Daraufhin kam sein Freund hineingestürzt und hielt mir seine Lanze an die Kehle. "Schluss damit!", forderte er zischend. Ich überlegte ein paar Sekunden, gab dann aber doch nach und lockerte die Faust. Der Wachmann fiel erleichtert nach vorne auf seine Unterarme und nahm tiefe Atemzüge. "Ich mag dich auch nicht.", sagte ich zu ihm als die zweite Wache seine spitze Lanze nicht mehr auf mich richtete.
"Schlimmer als Kinder.", murmelte er und zog mich an der Kette der Handschellen hinter sich her. Der andere Wachmann verblieb in meiner Zelle und musste sich wohl erstmal sammeln. Loki hatte alles genau beobachtet und folgte uns noch soweit es seine Zelle zuließ. "Ich hoffe, wir sehen uns wieder, Lady Y/N."

"So eine blöde Petze.", murrte ich leise in mich hinein. Wachmann Nummer 2 hatte mich zu Odin gebracht und diesem sogleich berichtet, was mit Wachmann Nummer 1 passiert war. "Huh.", entgegnete der König nur und besah mich heute mit einem sehr viel netteren Blick als gestern.
"Wie dem auch sei...", begann er und schien sich nicht für den Vorfall zu interessieren. "Ihr seid ohne meine Einwilligung nach Asgard gekommen und habt Euch hier niedergelassen. Warum?"
"Ähm...", machte ich geistreich. "Ich hatte auf der Erde ein paar Probleme und musste ins Exil."
"Und diese Probleme hatten etwas mit Euren Kräften zu tun."
Ich nickte. Er stand von seinem Thron auf und ging ein paar Schritte nach links nur um dann wieder nach rechts zu wandern. "Schön, ich stelle Euch hiermit unter meine Armee. Wir können bei unserem Gegenangriff jeden Soldaten gebrauchen. Besser wir vernichten sie, ehe ein erneuter Tiefschlag erfolgt." Äh, wie bitte?
"Nein.", sagte ich mit fester Stimme. Der König stoppte und sah mich verdutzt an. "Nein?", wiederholte er. "Was soll das bedeuten?"
"Ich kämpfe nicht für Euch. Ich kämpfe eigentlich gar nicht mehr."
Odin setzte sich wieder auf seinen Thron und stützte sein Kinn in einer Hand ab. "Gestern habt Ihr für Asgard gekämpft."
"Naja, genau genommen habe ich die Asgardianer nur verteidigt."
Er lehnte sich zurück. "Wortklauberei! Entweder Ihr kämpft oder ich verbanne Euch auf Ewig nach Midgard." Ich nahm einen tiefen Atemzug. Oh man, das war nicht leicht. Aber ich wollte nicht der Soldat von jemanden sein. Ich wollte meine Kräfte nicht für Zerstörung und Krieg einsetzen. "So sei es."
Odin gab ein kurzes Handzeichen und der Wachmann neben mir schleppte mich wieder hinter sich her zurück in den Kerker.
"Das ging schnell." Ich stolperte in die Zelle, nachdem die Wache mich unsanft nach vorne geschubst hatte. Loki saß auf einem Stuhl und zupfte sich ein paar Trauben von einer Rebe. "Welches Urteil habt Ihr bekommen? Schuldig, nehme ich an, wenn Ihr wieder hier seid."
Ich schnaubte, pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und brach die Handschellen auf. "Na, sagt schon.", rief er etwas ungeduldiger rüber.
"Verbannung nach Midgard wegen Hochverrats.", brummte ich.
"Uuuh!" Er zog scharf die Luft ein und warf sich dann eine Traube in den Mund. "Eigentlich recht barmherzig, wenn man bedenkt, was Ihr getan habt. Im Prinzip schickt er Euch einfach nur nach Hause."
"Ja, ich schätze, für die richtig harten Strafen muss man schon mit Odin verwandt sein, hm?" Loki schenkte mir einen bösen Blick und wandte sich dann von mir ab. "Da hab ich wohl einen Nerv getroffen.", murmelte ich mehr zu mir selbst, aber wahrscheinlich hatte er es trotzdem gehört.

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