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Mein erster Gedanke war: "Was passiert hier?"
Dann klärte sich allmählich meine Sicht wieder und ich erkannte eine mir bekannte Landschaft.
Ich stand wieder auf dem hohen Felsen und schaute auf den riesigen Mond mit den vielen Lichtern. Auch dieses Mal sah ich alles durch Wolfsaugen.
Auch stellte sich mit nun die Frage: "Was war der Grund?"
Die Antwort kam sogleich: "Es tut mir leid, dass ich dich so plötzlich hergeholt habe. Aber ich müsste dir unbedingt sagen, dass du dich beeilen musst. Noch mehr als vorher."
Sofort machte ich mir Sorgen um Lukas und fragte mich was passiert sei.
"Ich kann dir jetzt nicht sagen was passiert ist. Du musst dich beeilen. Ich habe auch gesehen das du mein Geschenk erhalten hast. Er wird dir helfen Lukas schneller zu erreichen. Frage ihn einfach wie er normalerweise reist."

Danach verschwamm wieder alles und klärte sich kurz darauf erneut. Kaum könnte ich wieder klar sehen blickte ich zu Tizian. Dieser schaute mich besorgt an und ich merkte, dass Emily und Tobi die gleichen Gesichter machten.
"Was schaut ihr mich so beunruhigend an?", fragte ich aus dem Konzept gebracht.
Emily antwortete mir mit leichter Panik in der Stimme: "Du hast plötzlich mit ganz weißen Augen ins Leere gestarrt. Was ist passiert?"
"Die Mondgöttin hat mit mir geredet.", da fiel mir wieder ein, dass Eile geboten war und wante mich an Tizian: "Sie sagte wir müssen uns beeilen. Und ich soll dich fragen wie du normalerweise reist. Es soll uns irgendwie helfen."
Irritiert antwortete er: "In Wolfsgestalt."
"Und was machst du mit deinem Gepäck?"
"Nunja auch Wölfe können Rucksäcke tragen.", meinte er schulterzuckend.
"Und das funktioniert?", fragte Emily skeptisch.
Tizian meinte darauf hin nur: "Solange ich mich von Städten fernhalte sogar ganz gut. Meistens bin ich so viel schneller."
"Worauf warten wir dann noch?", fragte ich und wollte aufspringen.
Tizian hielt mich jedoch am Arm unten und meinte: "Erstmal warten wir darauf das der Bus hält."
Ich hatte komplett vergessen, dass wir uns ja in einem Bus befanden und lächelte nun verlegen.

Die 20 Minuten zum nächsten Stopp zogen sich meines Erachtens ewig. Ich wollte unbedingt so schnell wie möglich weiter. Immerhin musste es ernst sein wenn die Mondgöttin mir sagte, dass ich mich beeilen musste. Ich stieg so schnell ich konnte aus dem Bus aus und die Anderen folgten mir. Der Bus hatte an einem Wald gehalten um den Touristen einen Wasserfall oder so zu zeigen. Kaum hätten mich die Bäume des Waldes verschluckt gab ich meinen wilden Instinkten nach und wurde zu einem Wolf. Tizian hatte Recht behalten, der Rucksack blieb auf meinen Rücken. Es war etwas ungewohnt aber machbar. Ich warf einen Blick über die Schulter und erblickte drei weiter Wölfe. Mit einem kleinen Jaulen bedeutete ich ihnen mir zu folgen und rannte los. Immer weiter dem Gefühl nach, welches mich zu Lukas führte. Es leitete mich wie ein unsichtbarer Faden durch den Wald. Wir liefen ohne Pause. Wir liefen durch mehrere Wälder. Nach und nach wurde es immer dunkler doch ich blieb nicht stehen. Woher ich diese ganze Kraft nahm war mir unbekannt aber ich wollte nicht stehen bleiben.
"Lucy!", rief Emily mich und ich blieb abrupt stehen.
Ich drehte mich um und schaute sie fragend an. Was war so wichtig das wir stehen bleiben mussten?
Sie verwandelte sich zurück in einen Menschen und sagte dann: "Wir sollten eine Pause machen und uns ausruhen. Es ist schon fast stockdunkel."
Die anderen Beiden taten es ihr gleich nur ich blieb wie ich war. Wieso wollten sie eine Pause machen? Wir mussten uns beeilen. Lukas brauchte Hilfe, er brauchte uns.
Als sie merkte, dass ich mich nicht verwandelte fragte sie: "Lucy?"
Nun verwandelte ich mich auch, aber nur damit sie mich verstehen könnten: "Wir müssen weiter. Wir sind Wölfe, wir können auch im Dunkeln gut sehen."
"Das ist nicht der Grund. Wir müssen uns ausruhen. Wir sind immerhin den ganzen Tag gerannt.", meinte jetzt Tobi.
"Wir müssen weiter.", sagte ich jetzt entschieden.
Tobi schaute mich ernst an und sagte: "Lucy verstehst du nicht, wir müssen eine Pause machen."
"Nein, nein. Ihr versteht nicht. Lukas braucht unsere Hilfe. Wir müssen weiter.", meine Stimme klang bei diesen Worten leicht hysterisch.
Nun machte Tizian einen Schritt auf mich zu und sagte mit beruhigender Stimme: "Beruhig dich. Überleg doch mal, wenn..."
"Egal was ihr sagt, ich gehe weiter. Mit oder ohne euch.", unterbrach ich ihn und wurde wieder zu einem Wolf.
Ich wartete auch nicht ihre Reaktionen ab sondern lief gleich los. Während ich durch den Wald rannte nahm ich kaum noch die Welt um mich herum war. Für mich gab es nur noch diesen einen Gedanken, dass ich weiter musste. Ich musste einfach weiter laufen. Plötzlich riss mich etwas von den Pfoten und drückte mich zu Boden. Am Rande meines Bewusstseins nahm ich war, dass es Tizian als Wolf war. Wieso tat er das? Ich musste doch weiter.
"Lass mich los!", knurrte ich ihn an.
Aber er ließ mich nicht los. Ich want mich und versuchte mich frei zu kämpfen. Doch aus irgendeinem Grund hatte ich kaum noch Kraft. Resigniert und kraftlos verwandelte ich mich zurück in einen Mensch. Keine Sekunde später war auch Tizian wieder ein Mensch.
"Lass mich los. Ich muss weiter.", sagte ich nun, aber in meiner Stimme lag nicht mehr so viel Kraft wie noch einige Minuten zuvor.
Er bewegte sich kein Stück und drückte mich immer noch an den Armen zu Boden.
"Bitte...", flehte ich jetzt fast. "Ich muss zu ihm. Ich muss ihm helfen."
Immer noch keine Reaktion von ihm.
Ich fühlte mich so schwach und meine Stimme brach als ich weiter redete: "I-ich muss... Ich muss weiter. Es ist meine Schuld. Ohne... Ohne mich wäre er nie... Nie in diese Situation gekommen. Ich muss ihm helfen."
Tizian schüttelte leicht seinen Kopf und sagte leise: "Es war ganz bestimmt nicht deine Schuld."
"Doch...", antwortete ich fast tonlos.
Endlich ließ er mich los. Er löste eine Hand von meinem Arm und strich mir über die Wange. Erst jetzt bemerkte ich, dass mir Tränen übers Gesicht liefen. Tizian setzte sich auf und zog mich mit sich vom Boden hoch. Er legte seine Arme um mich und drückte mich an seine Brust. Der Duft von Sommerregen stieg mir in die Nase und beruhigte mich langsam.
Tizian strich mir mit einer Hand übers Haar und flüsterte leise: "An dem was passiert ist haben einzig und allein die Vampire schuld. Weder du noch irgendwer anders trägt daran die Schuld."
Er redete weiter beruhigend auf mich ein. Ich konnte nicht sagen ob es seine Worte oder einfach seine Gegenwart war die mich beruhigte, aber es half.
Ich wischte mir mit den Handrücken die letzten Tränen aus dem Gesicht und Tizian fragte: "Fühlst du dich jetzt wieder besser?"
Ich nickte stumm und er half mir beim aufstehen.
"Können wir jetzt dann wieder zu den Anderen gehen. Sie machen sich bestimmt Sorgen.", fragte er mich. Wieder nickte ich nur. Ich war zu erschöpft um noch irgendwas zu sagen. Er schenkte mir ein Lächeln und sagte: "Na dann komm."
Dann nahm er meine Hand und zog mich mit sich in die Richtung aus der wir vorhin gekommen waren.

EiswolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt