Kapitel 27:

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Das Parkhausdach war eine große Fläche die größtenteils mit Wiese bedeckt war. Doch kein normaler grüner Rasen, Nein, dieser war mit etlichen blauen Blümchen bepflanzt, die im Mondlicht wie Saphire schimmerten. Ich konnte nicht glauben das hier etwas derartig Schönes wuchs.
Von hier aus hatte man einen wunderbaren Blick über die Stadt. Ein Meer aus Lichtern strahlte uns von unten entgegen. Ich kam gar nicht mehr heraus aus dem Staunen.

„Darf ich vorstellen: mein Top-Secret Lieblingsort." flüsterte er voller Elan, da er mir ansehen konnte, dass es mir offensichtlich gefiel.

„Wow...einfach wunderschön." Die einzigen Worte die ich in diesem Moment flüstern konnte.
Er zog meine Hand vorsichtig nach unten.
„Komm setzt dich."
Ich ließ mich ein wenig erschöpft aber immer noch voller Begeisterung, neben ihm, auf den Boden sinken. Daraufhin legte er seinen Arm um mich und mein Kopf wanderte auf seine Schulter.
Dann verharrten wir eine Weile in Stille und genossen den unglaublichen Ausblick.

Er begann vorsichtig mit seinen Fingern auf meinem Oberschenkel Kreise zu ziehen. Ich spürte jede seiner Berührungen so intensiv, als würde er meine nackte Haut berühren. Er musterte mein Gesicht und blieb an meinen Lippen hängen. Ich biss in sie hinein, weil ich seine Blicke nicht mehr aushalten konnte. Ohne dabei daran zu denken welche Auswirkung das auf ihn hatte. Sein Blick strotze vor Verlangen. Er wartete, sah mich an, erforschte meine Grenzen, aber küsste mich nicht. Ich hielt es nicht länger aus.
Endlich beugte er sich vor. Doch bevor seine Lippen auf meine treffen konnten klingelte plötzlich sein Telefon. Sofort drehte er sich weg und kramte es aus seiner Tasche.
Mist. Das musste doch jetzt echt nicht sein!
Aber ich wusste das der Anruf wichtig war.

„Sorry ich muss da ran." murmelte er entschuldigend, nachdem er einen Blick auf sein Handy geworfen hatte. Das Verlangen war sofort aus seinen Augen verschwunden und hatte sich in einen professionellen, emotionslosen Blick verwandelt.

„Ja?"
„Morgen ist der Herbstball." Sofort erkannte ich die tiefe einprägsame Stimme. Lesharo. Ich konnte jedes Wirt des Gesprächs gut mitverfolgen.
„Ich erwarte natürlich das ihr kommt. Wir dürfen jetzt nicht auffällig wirken. Ich übermittel euch dann die neusten Informationen. Die Lage ist ernst.
Wir können uns keine Fehler mehr erlauben. Ist das klar, Bruderherz?" ordnete Lesharo an.
Die letzen Worte spuckte er abfällig aus. Warteee wasss? Bruderherz? Sie sind Brüder??
„Ja verstanden." Lee legte auf. Er wirkte grüblerisch und bedrückt.
Was hat das alles zu bedeuten?

„Ihr seid Brüder?" Fragte ich immer noch völlig perplex, da diese Erkenntnis so viele Fragen aufwarf. Warum arbeitet Lee für seinen Bruder? Warum behandelt Lesharo Lee so scheiße? Was war zwischen ihnen vorgefallen?

„Ja. Ich wollte nicht das du es auf diese Weise erfährst...Er heißt eigentlich Caleb aber warum auch immer hat er sich Lesharo genannt. Was ein hässlicher Name. Ich meine wie kommt man auf sowas?" Erklärte er mir gelassen. So als wäre es das normalste der Welt, dass sein Boss plötzlich sein Bruder ist und einen anderen Namen hat und sie sich aus irgendeinem Grund hassen.

Ich war im Begriff aufzustehen und weg zu rennen. Was gab es noch alles, das er mir verschwieg? Hieß Lee wirklich Leander oder war das auch nur ein dämlicher Deckname? Vielleicht war er ja gar nicht 19 sondern schon 25? Wieder einmal hatte ich das bedrückende Gefühl nichts über ihn zu wissen. Über seine Vergangenheit. Über sein Leben. Über seine Familie. Einfach alles. Und ehrlich gesagt, das machte mir unglaublich Angst. Und irgendwie hatte ich es auch ziemlich satt.

Wahrscheinlich sah er mir an, dass ich jetzt eine ordentliche Erklärung benötigte, denn wie aus dem nichts holte er auf einmal tief Luft und brach das Schweigen erneut.

„Na gut. Du verdienst endlich mal eine Erklärung. Da komm ich wohl nicht drumrum." Murmelte er wahrscheinlich mehr zu sich selbst als zu mir.
„Also...zu meiner Familie." began er leicht nervös.
„Mein Vater hasst mich..."
Seine Augen verdunkelten sich und sein Blick wurde finster, so als würde er seine Gefühle abstellen wollen.

„Meine Mutter starb bei meiner Geburt...sie war das einzige, was meinem Dad jemals wichtig war. Außer Geld natürlich."
Fügte er hinzu und lachte spöttisch und irgendwie verbittert.
„Er hat mir immer die Schuld dafür gegeben, auch wenn er es anfangs versuchte zu verstecken und mich wie einen Sohn zu behandeln...er konnte nicht, er hasste mich einfach zu sehr."

Erneut holte er hörbar tief Luft, was zeigte, dass ihm der nächste Teil besonders schwer fiel zu erzählen.
Dann fuhr er fort.

„Irgendwann hörte er dann auf allen etwas vorzutäuschen, er begann zu trinken, ließ seinem Hass freien Lauf..."

Schmerzerfüllt schluckte Lee kurz. Ich kuschelte mich enger an ihn und streichelte mit meiner Hand beruhigend durch sein weiches Haar.

„...oft schlug er mich und meinen Bruder, schrie uns an, dass er wünschte Mutter hätte niemals Kinder gewollt, dass er wünschte wir wären nicht geboren worden und Sie würde noch leben..."

Seine Hand begann leicht zu zittern, also nahm ich sie und drückte sie sanft. Ich wusste wie schwer es für ihn war, mir das zu erzählen und ich schätze es unglaublich, welches Vertrauen er in mich hatte.

„...kurz gesagt, mein Bruder lief irgendwann von zuhause weg, weil er es nicht mehr aus hielt und ließ mich zurück.
Ich hasse ihn dafür, dass er mich alleine gelassen hat. Er hasst mich, weil wegen mir Mum gestorben war und er ebenfalls die Wut von meinem Vater dafür abbekommen hatte, obwohl er eben nichts dafür konnte.
Mit sechzehn floh ich dann auch, zu Caleb, weil ich sonst niemanden hatte. Er ließ mich zwar für ihn arbeiten aber versucht es mir seit dem in jeder Sekunde irgendwie heimzuzahlen. Er wird mir wahrscheinlich nie verzeihen. Ich ihm auch nicht."

Bad Boy. Good lips. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt