Kapitel 9: Die erste Nacht in der Wildnis

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Mikas Sicht:

Nun saß ich schon gefühlte Stunden hier, aber die beiden waren mit Juna immer noch nicht wieder aufgetaucht. Was zur Hölle machten die so lange da unten. Nervös lief ich am Ufer entlang und wurde dabei so langsam panisch. Gerade als ich wieder ins Wasser springen wollte, sah ich Luftblasen auftauchen und einige Sekunden später tauchte ein nach Luft schnappender Armas auf. Ich reichte ihm meine Hand und half ihm an Land zu kommen. "Wo ist Killian? Und Juna. Was ist da unten passiert?" Meine Worte überschlugen sich vor Angst um die beiden. Schnaufend erklärte er es mir und ich wollte sofort wieder ins Wasser, als danach noch immer keiner von ihnen aufgetaucht war. Doch Armas hielt mich am Arm fest:"Nein bleib hier. Das ist Wahnsinn. Du bist völlig fertig und kommst niemals gegen die Strömung an." Ich wusste, dass er recht hatte. Meine Beine zitterten vor Erschöpfung und ich bekam noch immer schwer Luft. Doch meine Vernunft war nicht so stark, wie der Wille den beiden zu helfen. Ich riss mich von Armas los und sprang in den See. Unter Wasser drehte ich mich in alle Richtungen, doch zunächst konnte ich niemanden sehen. Dann plötzlich, gerade als ich auftauchen wollte, nahm ich eine Bewegung wahr. Killian tauchte zwischen ein paar Algen auf und zog Juna hinter sich her. Schnell schwamm ich ihnen entgegen und übernahm die Ohnmächtige, während Killian eilig nach oben auftauchte.

Völlig fertig lagen wir nun alle vier im weichen Gras. Die Sonne war nun komplett untergegangen und über uns funkelten milliarden Sterne. Dafür dass es Nacht war, war es noch erstaunlich warm. Die nasse Kleidung klebte an mir und nun, nachdem ich wieder Luft bekam zog ich meine Hose, Top und Schuhe aus. Zum Glück trug ich einen Bikini. Ich sammelte die Klamotten der Jungs ein und hängte alles zum trocknen in die Bäume.
Juna war noch immer nicht zu sich gekommen. Wie ein nasser Sack lag sie auf dem Boden. Doch sie atmete leicht, wodurch wir sie in Ruhe ließen und uns einen Überblick über die Lage verschafften.

Ich lief um den See herum zu der Stelle, an der kleine Reisebus gestanden hatte. Was ich dort hoffte zu finden wusste ich selber nicht. Natürlich stand dort kein Bus mehr und nur die Spuren der Reifen erinnerten daran, dass hier jemals Menschen gewesen waren.
So langsam wurde ich mir unserer auswegslosen Lage bewusst. Wir waren mitten im Urwald, kannten den Weg nicht und anscheinend vermisste uns auch keiner. Denn niemand war hier und suchte nach den vier Urlaubern.
Niedergeschlagen und mit aufsteigender Panik lief ich zu den anderen zurück. Juna war mittlerweile zu sich gekommen und die Jungs hatten ein kleines Feuer gemacht. Killian hatte als einziger von uns seinen Rucksack mit aus dem Fahrzeug genommen und so mussten wir uns die paar Kekse einteilen, die er noch hatte. Das restliche Essen war bei dem Tauchgang durchweicht worden. Nur die Kekse waren in der Plastikpackung sicher gewesen.
"Was sollen wir jetzt machen?", brach Juna minutenlanges Schweigen. Ich blickte sie einfach nur an. Ich hatte keine Ahnung wie es weitergehen sollte. Ich war schließlich noch nie in so einer Lage gewesen.
"Am besten wir bleiben hier und hoffen, dass sie bald zurückkommen und uns suchen", war Killians Vorschlag. Armas nickte:" Das ist das einzig richtige. Wenn wir hier weggehen könnte es sein dass wir nur tiefer in den Wald geraten und uns dann gar niemand mehr findet. Normalerweise müssten sie bald Suchtrupps aussenden. Ich frage mich eh warum sie das noch nicht getan haben. Vier Leute fehlen. Das muss doch auffallen."
Wir anderen stimmten zu und so legten wir uns in das weiche Gras und beobachteten einfach nur den wolkenlosen Himmel.
"Man ist das ein Lärm," meckerte Juna und drückte ihre Handflächen auf die Ohren. "Das ist ja echt nicht mehr auszuhalten." Laut seufzend stand sie auf und ging hinunter ans Wasser.
Juna hatte recht. Millionen von Grillen mussten im Gras um uns herum sitzen und tausende andere Tiere in den Bäumen. Die Grillen störten mich wenig, aber ich wollte gar nicht wissen was für andere Tiere noch zwischen den Bäumen lauerten. "Hey, Juna. Geh nicht so weit weg," rief Armas gegen die Geräuschkulisse an. Doch sie war bereits nicht mehr zu sehen. "Verdammt noch mal", schnaubte Armas. "Die braucht echt einen Babysitter. Was macht die überhaupt hier? Die ist doch bestimmt nur so ne Tussi, die jeden Tag Stunden damit verbringt sich zu schminken und zu stylen. Mich wunderts, dass sie noch lebt. Schwimmen kann sie ja anscheinend nicht. Wahrscheinlich war sie noch nie in der Wildnis und hat keinen Plan wie man alleine klarkommt." Killian und ich blickten ihn etwas geschockt an. Die ganzen Stunden, die wir nun schon zusammen hier festsaßen war er noch nicht so aus sich herausgekommen. Ich wusste dass er wahrscheinlich recht hatte mit den Tussivorwürfen, so war sie auch für mich rübergekommen. Aber zu meinen, dass sie anscheinend zu dumm wäre zu schwimmen... Das ging echt zu weit. "Du kennst sie doch gar nicht. Die Strömung ist echt sehr stark. Das hätte jedem von uns passieren können," versuchte ich sie zu verteidigen.
Genervt stand ich auf und ging in die Richtung in die Juna vor ein paar Minuten gelaufen war. "Was wird das?" fragte Killian. "Ich suche sie. Was denn sonst. Es ist schon schlimm genug, dass wir hier alleine im Dschungel sind. Da dürfen wir uns nicht auch noch verlieren," antwortete ich etwas genervt. Anscheinend verstanden die beiden den Ernst der Lage nicht so wirklich. Wir mussten unbedigt aufeinander acht geben.
Und so lief ich durch das feuchte Gras und hoffte, dass Juna nicht zu weit weggelaufen war.

Verschollen in der grünen HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt