Kapitel 10: Lachen ist keine gute Idee

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Armas' Sicht:

Eigentlich wollte ich einfach nur hier liegen und die Zeit rumkriegen bis irgendjemand kam und uns aus diesem Schlamassel befreite, aber die Abwesenheit von Mika und Juna machte mich immer nervöser.
Ein auf und ab schreitender Killian machte alles nur noch schlimmer.

"Kannst du dich nicht einfach mal hinsetzen?!", fuhr ich ihn etwas zu forsch an. Wütend drehte er sich zu mir.
"Für dich ist das alles nur ein Spaß oder?", fauchte er. "Du würdest dich bestimmt auch noch freuen, wenn Juna etwas passiert oder? Das würde dich in deinen dummen Anschuldigungen gegen sie, dass sie nichts kann und so nur noch bestätigen. Dabei kennst du sie nicht einmal."
"Ja das brauche ich auch nicht. Man sieht ihr doch sofort an, dass sie nichts anderes kann als Party machen. Genauso wie man dir ansieht, dass du nichts anderes kannst als deine Muskeln trainieren," konterte ich und stand langsam auf. Killans Augen verengten sich und langsam kam er auf mich zu. Er baute sich vor mir auf und ich musste wohl oder übel nach oben blicken.
"Was willst du damit sagen?", knurrte er.
"Ja wegen dir sind wir doch erst in diese Lage gekommen. Hättest du nicht einen auf Macho gemacht wären wir niemals in der Höhle gelandet.
Das sieht Typen wie dir so ähnlich. Immer Kraft zeigen wollen und dann zu dumm sein ein Loch in der Wand zu sehen."

Ich sah wie sich Killians Hand zu einer Faust zusammenschloss und die Knorpel weiß hervortraten.
"Dann nimmst du sofort zurück", seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
"Nein", antwortete ich schlicht und grinste ihn herausfordern an.
Killian hob seine Hand und holte zum Schlag auf. Meine Muskeln spannten sich an und ich machte mich auf Verteidigung gefasst.
Doch in dem Moment als seine Hand auf mich herabschoss durchschnitt ein markerschütternder Schrei die Luft.
Killians Hand hielt in seiner Bewegung inne und wir beide blickten in die Richtung aus der das Kreischen gekommen war. Vögel stoben erschrocken von den Bäumen auf und das wilde Gezeter von Tieren war zu hören.

"Ich glaube wir verschieben das auf nachher," sprach Killian mich an, während er langsam seine Hand runternahm und wie fixiert in den Urwald starrte. Ich brachte nur ein leichtes Nicken zu stande.

Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte Killian sich aus seiner Starre lösen und schnappte seinen Rucksack.

"Na los!", schrie er mir ins Gesicht und schaffte es so auch mich wieder in die Wirklichkeit zu holen.

Ich nickte erneut und wir rannten eilig zwischen die Bäume.
In diesem Moment dachte keiner von uns daran, dass wir nur unsere Badehosen trugen und dass unsere und auch die Sachen der Mädchen noch an den Ästen hingen.

Doch in diesem Augenblick hatte ich nur einen Gedanken. Wir mussten sie finden und retten vor dem, was sie so in Angst versetzt hatte, um so einen Schrei loszulassen.

Killian stolperte vor mir über Wurzeln und Sträucher und flog dabei ein paar Mal fast auf die Nase.
Ich achtete auf seine Beine und schaffte es so nicht so häufig zu stolpern. Doch obwohl wir rannten, kam mir die Zeit ewig vor bis wir die beiden erreicht hatten.

Mika und Juna saßen zusammen gekauert auf einen niedrigen Ast und schrien etwas zu ihren Füßen an. Als wir die letzten Meter zurückgelegt hatten, konnten wir sehen, was sie so in Angst versetzte.

Ein Warzenschwein stand grunzend vor dem Baum und scharrte mit den Vorderhufen.
Irgendwie hatte ich etwas ganz anderes erwartet. Einen aggressiven Affen oder einen Leoparden. Doch aber kein süßes kleines Warzenschwein.

Als ich dann wieder in die verängstigten Blicke der beiden schaute, konnte ich mir ein Lachen nicht mehr verkneifen. Es sah einfach so ulkig aus, dass zwei so große Frauen Angst vor so einem niedlichen Tier hatten.
Vor allem Junas panisches hin und herrudern mit Armen und Beinen, um das Tier zu verscheuchen, ließen mich nicht mehr aufhören zu lachen.

Doch das war ein Fehler gewesen. Das Schwein bemerkte Killian und mich und kam grunzend angelaufen. Erst langsam und zögerlich, doch dann setzte es zum Angriff an und ich fand das Ganze gar nicht mehr so lustig, wie noch vor wenigen Sekunden.
"Na toll", stöhnte Killian genervt. "Danke Armas".
Panisch drehten wir uns um und rannten davon. Das Tier immer auf unseren Fersen.
Killian schlug Haken und rannte schließlich in eine andere Richtung als ich.
Ich hatte gehofft, dass das Warzenschwein Killians Spur folgen würde, aber Fehlanzeige.
Ich drehte einen Bogen und rannte zurück zu dem Baum, auf dem noch immer Juna und Mika saßen.
Ich nahm Anlauf, wollte hochspringen und mich am untersten Ast festhalten, aber meine Finger verfehlten ihr Ziel und ich landete mit dem Bauch auf dem Boden. Zu allem Überfluss auch noch in einem Matschloch. Nun konnte ich ganz eindeutig Kichern von oben vernehmen.
Na klasse. Ich machte mich doch echt komplett zum Affen.
Stöhnend richtete ich mich auf und wischte mir den Matsch vom Gesicht.

"Ehm... Armas", hörte ich Mika zögernd sagen.
"Hmm", war meine Antwort.
"Dreh dich ganz langsam um", flüsterte sie. "Das Schwein...".

Verdammt das hatte ich ja komplett vergessen, vor lauter Matsch und Gekicher.
Ganz vorsichtig wendete ich und blickte in die Augen eines wirklich wütenden Schweinchens. Es scharrte schon wieder mit den Hufen, so als würde es nur auf den Startschuss warten.
Ich traute mich nicht mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Einige Meter hinter dem Schwein und mir gegenüber tauchte Killian zwischen den Bäumen auf.
Er hob beschwichtigend die Hände, um mir zu zeigen, dass ich still sein sollte.
"Ich mach doch gar nichts zu Idiot", fuhr ich ihn ohne nachzudenken an und tat somit genau das, was ich nicht sollte.
Das Schwein setzte zum Sprung an, hüpfte hoch und stieß mich um.
Ich landete diesmal mit dem Rücken im Matsch mit einen quietschenden Warzenschwein auf mir.

Verschollen in der grünen HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt