Ich nahm das Klopfen das mich weckte nur unterschwellig war. Mein Kopf dröhnte ein wenig und meine Augen ließen sich nur schwer öffnen. Nachdem mir nach einem verwirrten Augenblick wieder eingefallen war, in was für einem Raum ich mich befand, begab ich mich wieder in eine angenehmere Position. Im Klartext nahm ich also meinen Kopf vom Schreibtisch und rieb mir meinen schmerzenden Nacken. Wieder Klopfte es an der Tür, dank meines wacheren Zustands etwas klarer als vorher.
„Summer, bist du da?", drang Steves Stimme vom Flur herein.
Nach kurzem Rumtasten fand ich unter einem der überall verstreuten Zettel meine Sonnenbrille, die kurz darauf auf meiner Nase landete. „Ja, komm rein."
Prompt öffnete sich die Tür in meinem Rücken und ich drehte mich mit möglichst ausgeruhter Miene zu meinem Besucher um. Dieser betrachtete jedoch bereits interessiert das Chaos auf dem Schreibtisch.
„Stör ich?"
Kopfschüttelnd drehte ich mich zurück zur Arbeitsfläche: „Alles gut, ich wollte eh gleich Pause machen."
Für einen Moment war ich über die Menge an Zetteln überrascht, die überall verteilt lagen, konnte ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern, meine ganzen Aufzeichnungen zu Loki ausgepackt zu haben. Mit einem leichten Schulterzucken fing ich jedoch schließlich an, alles auf einen Stapel zusammenzuraufen. Ich war heute immerhin schon wieder seit knapp vier Uhr wach gewesen, mittlerweile überraschten mich meine kurzen Nickerchen an ungemütlichen Orten nicht mehr. Der schwammige Gedächtnisschwund war allerdings neu.
Während ich dabei war, meine Zettel zu sortieren, schnappte sich Steve einen von ihnen: „Was veranstaltest du hier eigentlich?"
„Nichts Besonderes", log ich und entriss ihm das Stück Papier in der Hoffnung, dass er noch nichts darauf entziffert hatte, was mich verraten würde, „Ich dachte nur, ich könnte versuchen ein bisschen was an Schulstoff nachzuholen. Hab ja immerhin die letzten Wochen des Schuljahres verpasst."
Keine Ahnung wieso, aber tief in mir drin wollte ich nicht, dass Steve von meinen eigentlichen Nachforschungen erfuhr. Wenn ich ehrlich war, gefiel es mir schon nicht das Tony davon wusste, aber das war leider nicht zu vermeiden gewesen. Bei Steve hatte ich da noch eine Chance. Leider sah er nicht sehr überzeugt aus, weshalb ich versuchte die Lüge glaubwürdiger zu gestalten.
„Naja, außerhalb des Carriers wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, wie sehr ich eigentlich vom normalen Leben verpasse. Deshalb habe ich mir von Jarvis den Lehrplan raussuchen lassen, und versuche jetzt alles zusammenzutragen, was wir noch nicht durchgenommen haben."
„Heutzutage wird Nordische Mythologie unterrichtet?", hinterfragte Cap jedoch ungläubig.
Mist, er hatte also doch was entziffern können. „Anscheinend, aber der Lehrplan war schon immer verwirrend. Immerhin bringt uns das anscheinend ja sogar mal was. Alsooooo....", ich packte den Papierstapel in eines der Nachttischfächer und widmete mich nun vollkommen Steve, „Wolltest du noch was bestimmtest, oder war dein Plan nur mal kurz vorbeischauen?" Der Letzte Teil kam genervter rüber, als ich das in meinen Gedanken angehört hatte, was ich ebenfalls auf meinen Schlafmangel zurückführte. Dennoch schaute ich Steve über meinen eigenen Ton erschrocken an; „Sorry, das war nicht so gemeint."
Dieser schien ebenfalls für einen Moment verdutzt zu sein: „Eigentlich woll- Eigentlich wollte ich dich nur fragen, ob du vielleicht was in der Cafeteria essen gehen möchtest? Immerhin haben wir dich so ziemlich zum Mittag abgeholt und ich wusste nicht, ob du schon was gegessen hattest oder nicht."
„Ja klar, solange du voraus gehst. Die Gänge hier sehen für mich noch alle gleich aus."
Meine Aussage von ebent überspielend, stand ich motiviert auf und machte mich auf Richtung Flur. Steve folgte nach einem kurzen, zweifelnden Blick zum Schubfach mit meinen Notizen.
Auf dem Weg zur Cafeteria versuchte ich mir zu merken, wie oft wir abbogen und an wie vielen Gängen wir vorbeigingen. Hoffentlich würde ich mich hier schneller zurechtfinden als auf dem Carrier, eigentlich hatte ich keine Lust darauf, wieder das verlorene kleine Mädchen zu sein, was jeden nach dem richtigen Weg fragen musste.
Während wir den tristen Fluren folgten, sagte niemand von uns etwas, auch wenn ich mich ein paar Mal fragte, ob ich Steve in meine Nachforschungen einweihen sollte. Doch jedes Mal meldete sich der kleine Teil in mir, der dagegen war und immer wieder gab ich ihm nach.
Grade als ich dachte diesen Teil überwunden zu haben und den Mund aufmachen wollte, bogen wir in die Kantine ein.
Sie war genauso spektakulär wie bei Tanners Tour. Also schlicht, weiß und wurde wie alles hier von unnatürlich weißem Licht erhellt. Vereinzelt saßen ein paar Agenten an den Tischen, jedoch sah es eher selten nach einem Gespräch zwischen ihnen aus.
So langsam bekam ich echt Hunger, also stellte ich mich in die kurze Schlange bei der Essensausgabe an, ließ mir einen Teller mit Hühnerfrikassee und Reis geben, stellte einen Energy aufs Tablett und füllte mir am Ende noch eine Kleine Schüssel an der Salatbar, um auch ein wenig Grünes auf dem Stück Plastik zu haben.
Steve, der sich ebenfalls mit Frikassee, aber in der Dreifachen Menge ausgestattet hatte und ich setzten uns an einen der freien Tische in einer ruhigen Ecke der Kantine. Obwohl eigentlich war es im gesamten Raum ruhig.
Während wir aßen, erzählte ich Steve was alles bei Tony passiert war. Zumindest die guten Stellen davon. Ich beschrieb das Zimmer, in dem mich der Milliardär einquartiert hatte, den Blick über New York, das Frühstück mit Pepper, das überaus leckere Eis und die Designsession mit Tony. Letztere verlängerte ich allerdings von einem halben auf zwei ganze Tage, um meine Müdigkeit besser erklären zu können. Außerdem brauchte ich auch irgendwas um die Zeit zu füllen, die ich eigentlich mit meinen Fähigkeiten verbracht hatte. Also im Prinzip eine Win-Win-Situation was ausreden anging. Die Albträume ließ ich bei meinen Erzählungen allerdings genauso weg, wie mein gescheiterter Besuch bei meinem Vater.
Am Ende schüttelte mein Gesprächspartner belustigst den Kopf: „Eigentlich solltest du dich doch ausruhen und nicht die ganze Nacht arbeiten. Dann geh heute wenigstens früher ins Bett."
„Du hörst dich an wie meine Eltern, wenn ich die ganze Nacht durchgelesen hab", grummelte ich daraufhin.
„Was ist das eigentlich mit dir und dem Lesen? Das Buch was du auf dem Carrier hattest hat ja auch nicht gerade Lange gehalten."
„Keine Ahnung", plötzlich wirkte mein Essen viel interessanter als vorher, „ich glaub das hat ungefähr mit der Trennung meiner Eltern angefangen." Stochernd sah ich mir den Reis genauer an, während Steve wohl beschämend merkte das er einen wunden Punkt getroffen hatte.
„Entschuldige, ich wusste nicht das.... Ich wollte eigentlich nur.... Du brauchst nicht drüber reden wenn...."
Es war zwar keine schöne Zeit in meinem damals noch recht jungen Leben gewesen, doch im Gegensatz zu meinen Geheimnis im Schubwach des Nachtschranks, hielt mich diesmal nichts auf meine Gedanken mit Steve zu teilen.
„Mittlerweile ist es ja schon sechs Jahre her", begann ich deshalb, immer noch im Essen rumstochernd, „,ich hatte also mehr als genug Zeit damit klar zukommen. Mittlerweile ist auch alles recht...normal wenn man das so sagen kann, aber natürlich würd ich es cooler finden, wenn's anders wäre. Jedenfalls habe ich mich damals in den Welten von Büchern verloren, wenn mich die Situation zu Hause überfordert hat. Und das war vor ihrer Trennung und direkt danach eigentlich immer der Fall. Seitdem hat sich vieles verändert, aber die Liebe zu fiktionalen Geschichten ist geblieben. Und naja.... In letzter Zeit har es seinen damaligen Zweck etwas wiederbekommen. Es macht vieles einfacher, einfach zu versinken und alles, was mit SHIELD zu tun hat, für einen Moment ausblenden zu können." Ich blickte von den Überresten meines Essens hoch zu Steve, der sich die ganze Story gefasst angehört hatte. „Nicht das alles an SHIELD schlecht ist, aber..."
„... manchmal brauchst du einen Ausweg", endete Steve, „Wofür dir niemand einen Vorwurf macht. Wenn du was neues zum Lesen brauchst, bin ich sicher dass Tanner hier irgendwo ein paar Bücher rumliegen hat."
Obwohl das Angebot gut gemeint war, lehnte ich dankend ab: „Erstmal nicht, ich hab mir welche von Zu.. ähm von Tony mitgenommen. Bin also erstmal versorgt. Ich komm aber drauf zurück, wenn ich die auch durch hab."
Innerlich verfluchte ich mich bereits für meinen Versprecher, der dem Cap augenscheinlich nicht entgangen war. Zum Glück rettete mich einer der Agenten, der in diesem Moment an unseren Tisch kam.
„Sir, entschuldigen Sie die Störung, aber Agent Tanner würde sie gerne in der Schaltzentrale sprechen."
„Okay, richten Sie ihm bitte aus, dass wir uns gleich nach dem Essen auf den Weg machen", erwiderte Cap der anscheinend immer noch mit meiner letzten Aussage beschäftigt war und deshalb seinen Blick auch nicht von mir abwandte. Fast hatte ich das Gefühl, dass er damit unser Gesprächsthema nicht abreißen lassen wollte.
„Ich fürchte, dass es nicht so lange auf sich warten lassen kann. Außerdem", kurz wanderten die Augen des Agenten von Steve zu mir, „ist das Gespräch erst ab Sicherheitsstufe 4 freigegeben."
Nun wandte sich Steve doch dem Agenten zu: „Und weil Summer die noch nicht hat, darf sie nicht mit?", schloss er seufzend.
„Sie wissen ja, wie wichtig Agent Tanner die Regeln sind", bestätigte dieser entschuldigend.
Da ich Steve mittlerweile gut genug kannte, um zu wissen, dass er mich nur ungern an diesem fremden Ort alleine lassen würde, nahm ich ihm die Entscheidung ab. „Ich komm schon klar. Außerdem scheint das wichtig zu sein."
„Sicher? Ich kann dich auch erst zurück zu deinem Zimmer bringen."
„Ja, sicher. Ich müsste eh erst noch aufessen und dann dauert es zu lange", versicherte ich auf den kleinen Klumpen Reis und den Salat deutend, welche noch vorhanden waren, „Und den Weg zurück hab ich mir noch merken können." Hoffe ich....
„Also gut", gab Steve klein bei, stand auf und brachte sein Tablett zur Abgabe, ehe er dem Agenten auf den Flur folgte.
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The next Avenger - the new life of a "normal" girl (german)
Hayran KurguSummer Anderson ist eigentlich ein ganz normales Leben gewöhnt, sie wollte auch nie etwas anderes. Doch seit der Chitauri Invasion ist vieles anders und sie muss akzeptieren, dass auch sie sich verändert hat. (GERMAN VER.)