𝟏✧𝐃𝐢𝐞 𝐄𝐦𝐩𝐟𝐞𝐡𝐥𝐮𝐧𝐠

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Malea

Meine beste Freundin, die über das Wochenende zu Besuch war, schwärmte von ihrem neuen Typen. Dabei war das nichts Neues. Jedes Mal, wenn wir uns trafen, was zugegebenermaßen nicht allzu häufig vorkam, hatte sie einen neuen Kerl, von dem sie sich versprach, er wäre der Richtige. Im Endeffekt musste Elisabeth immer ernüchternd feststellen, dass es nicht so war.

Doch diesmal, die Rothaarige schwor darauf, war er der Richtige. Auch das war so weit nichts Neues. Ich führte mittlerweile eine Strichliste, auf der ich jeden ihrer „Er sei der Richtige" sammelte. Wir waren mittlerweile bei Acht und am heutigen Tag würde Nummer Neun dazu kommen.

„Malea, du musst mir glauben!" Elisabeth hatte bemerkt, dass ich ihren Worten keinen Glauben schenkte. Wieso auch? Was sollte an diesem Kerl so anders sein, als bei denen zuvor?
Ich hob eine Augenbraue, was ihr klarmachen sollte, dass ich erwartungsvoll auf eine Begründung wartete.

Zu meiner Überraschung holte sie meinen Laptop, der auf meinem Schreibtisch stand. Nun war ich sichtlich verwirrt, denn ich wusste nicht, wie genau, mir das weiterhelfen sollte, es zu verstehen.
„Gib dein Passwort ein." Sie schaute mich auffordernd an, weshalb ich ihrer Forderung nachging.

Kaum hatte ich das getan, drehte sie den Laptop in ihre Richtung, während ich mich anders hinsetzte, sodass ich einen Blick darauf werfen konnte, was sie tat.
Sie öffnete den Browser und gab eine mir unbekannte Adresse ein.
„Aber du gehst jetzt nicht ins Darknet, oder?", fragte ich, eher als Witz gemeint, doch meine beste Freundin verstand wohl gerade keinen Spaß.
„Malea, kannst du einmal ernst bleiben?"
Ich grinste bloß, denn anscheinend war es ihr ernst, weshalb ich mich anschließend räusperte.

Doch alleine der Name der Website brachte mich wieder zum Schmunzeln.
„Build your Partner?", lachte ich, woraufhin Elisabeth mich wieder genervt anschaute.
„Das ist die Innovation!", rief sie euphorisch und scrollte auf der Website rum.
„Und da hast du deinen neuen Typen kennengelernt? Auf einer Datingplattform?"

Ich war mir sicher, dass sie mich bald umbringen würde, wenn ich mich weiterhin darüber lustig machte.
„Hör zu, das ist wirklich richtig klasse."
Sie setzte sich gerade hin, und ich wusste, dass nun ein ellenlanger Vortrag auf mich wartete.

„Dort baust du dir deinen Traumpartner zusammen. Aussehen, Charakter, meinetwegen auch Beruf", erklärte sie und gestikulierte dabei wild rum. Zwar hatte sich so meine Probleme damit, Menschen zu verstehen, doch ich wusste, dass sie das tat, weil sie aufgeregt war.

„Und dann?", fragte ich bloß, da es sich für mich eher nach einem Spiel anhörte, als nach einer Datingseite. So wie diese Spiele, bei denen man Menschen nach Belieben Ankleiden kann.
„Dann musst du nur noch warten, während die Website durch Algorithmen den, in meinem Fall, Typen findet, auf den diese Beschreibung zumindest zum Großteil zutreffen."

„Aha", antwortete ich bloß, denn ich konnte mich nicht dafür begeistern. Schon normale Datingseiten konnten mich nicht überzeugen, dann würde diese es ebenfalls nicht tun.
„Und was ist, wenn es niemanden gibt, der meinen Wünschen entspricht?"

Nun war meine beste Freundin still und schien zu überlegen.
„Also so ein Fall ist bisher noch nicht eingetreten." So wie sie über diese Seite sprach, schien es mir, als würde Elisabeth Geld dafür bekommen, besagte Plattform zu bewerben.
„Der Vorteil an dieser Seite ist, dass du dich nicht durch Unmengen an Profilen durchwischen musst, sondern den perfekten Partner bekommst. Immerhin sucht der Algorithmus nach Menschen, die sich gegenseitig als Traumpartner sehen."

Ich stöhnte auf, denn das hörte sich für mich nach einer schwachsinnigen Behauptung an, komplett futuristisch.
Wahrscheinlich bekommt man eine beliebige Person zugeordnet, von der dann behauptet wird, dass diese das perfekte Gegenstück sei. Traurig, dass Elisabeth auf sowas reinfällt.

„Und dein Typ ist genauso wie du es dir gewünscht hast?", fragte ich, denn obwohl ich es als seltsam empfand, interessierte es mich. Zu meinem Bedauern.
„Ricardo ist sogar noch viel besser, als in meinen Vorstellungen."

Nach dieser Aussage hatte ich mich nicht mehr Griff und brach in Gelächter aus. Elisabeth schlug mir daraufhin auf den Oberarm, was mich jedoch nicht störte. Ich lachte einfach weiter.

„Malea, du solltest das auch ausprobieren", sagte die Rothaarige, nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte. „Immerhin bist du ein Dauersingle." Mit der letzten Aussage hatte sie leider recht. Bisher hatte ich alle Typen vergrault, die auch nur annähernd Interesse an mir zeigten. Die meisten konnten mit meinem Humor nicht umgehen oder mit der Tatsache, dass ich einfach nicht Ernst bleiben konnte. Ein Wunder, dass ich Freunde hatte, die es mit mir aushielten.

„Oh nein, vergiss es." Ich schüttelte hektisch den Kopf und nahm meinen Laptop an mich, während ich schnellstmöglich den Browser schloss.
Nichts und niemand würde mich dazu bringen, mich bei einer Datingplattform anzumelden. Dafür müsste ich schon echt verzweifelt sein.

„Wir werden es ja sehen", flüsterte Elisabeth und zwinkerte anschließend verschwörerisch.

Und hätte ich gewusst, dass meine beste Freundin hellseherische Kräfte besaß, dann hätte ich diese schon viel früher, aber zu meinen Gunsten, verwendet.
Doch so musste ich erst am eigenen Leib erfahren, dass ich irgendwann tatsächlich so verzweifelt wäre, um mich bei besagter Plattform anzumelden.

BUILD YOUR BOYFRIEND - leon goretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt