Zwillinge des Schicksals™

Kapitel 16

Langsam öffnete ich meine Augen, das erste was ich wahrnahm, war der beißende Krankenhausgeruch. Ich habe selber keine Ahnung, wie viele Tage es her ist, als mich Ethan einlieferte. An dem Tag bekam ich selbst nicht mehr viel mit, nur noch wie ich betäubt wurde und alles vor meinen Augen verschwamm.

Meine Sicht wurde klarer und irgendwie enttäuschte es mich, keine angehörige Person im Raum zu sehen. Mein Blick wanderte durch das große Einzelzimmer und blieb schließlich oben an der Decke hängen. Entrüstet schloss ich meine Augen und seufzte laut auf. Meine Güte, was war denn jetzt mit meinem Rücken los ?

Die Zeit schien wie im Schneckentempo zu vergehen, so schweifte ich durch meine Gedanken. Was genau war bloß in der Kirche geschehen, hätte Maya den Vorgang nicht abbrechen können, bevor dieser Wächter seinen Zorn an mir ausließ ? Ich verstand überhaupt nicht, was sein Problem war ! Ganz normal hatte ich ihn einfach nur um einen Einblick in die verdrängte Vergangenheit gebeten.
Es ist mir durchaus bewusst, dass das verlorene Bruchstück mein Leben schlagartig ändern könnte und mir womöglich auf die Psyche gehen würde. Ich meine, wenn ich jetzt so länger darüber nachdachte, weiß ich gar nicht mehr genau was an dem letzten Tag, an dem ich mit meiner Tante in die Kirche ging, passiert ist. Es ist einfach alles so lange her, meine Erinnerungen schwelgen alle durcheinander und um die Zeit des Verschwindens meiner Tante habe ich nur noch vermischte, unklare Erinnerungen. Verzweifelt versuchte ich mich zu erinnern, verflucht, das ist ja beinahe wie ein verschwommener
Filmriss!

Je länger ich hier alleine im Krankenhaus festsaß, desto einsamer wurde ich.

Wie lange hatte ich Noah eigentlich schon nicht mehr gesehen ? Ich weiß es selbst nicht mehr. In letzter Zeit hatte ich einfach so viel um die Ohren, erst war da diese "Depri-Phase" von mir, in der ich keinen in meine Nähe ließ, und dann hat die Phase angefangen, in der wir versuchten mehr über Hybriden herauszufinden. Und wir haben nichts vollbracht, abgesehen davon, dass ich jetzt im Krankenhaus liege und keine Ahnung habe, was mit mir los ist !
So langsam hielt ich die Neugier und vermutlich auch Panik einfach nicht mehr aus und wollte nach dem Not-Knopf greifen, um eine Schwester zu rufen.

Wie kann das sein ?
Ich versuchte meinen Arm anzuheben, doch er bewegte sich keinen Millimeter. Verflucht, warum spüre ich nichts ?! In meinem Gehirn war der Wille deutlich, doch das Signal kam einfach nicht in meinem Arm an. Ich versuchte meinen Finger zu bewegen. Keine Reaktion. Meine Beine, meine Zehen, überhaupt keine Bewegung !

Ich fing an zu schreien. Warum kann ich meinen Körper nicht bewegen ?!

Eine Schwester kam ziemlich bald hereingestürmt und spritzte mir eine durchsichtige Flüssigkeit, die mich langsam beruhigte. Die Wirkung des Mittels machte mich wirklich viel entspannter.

"Wie schön, dass sie endlich erwacht sind Mrs Brooks! Sie wurden zur notwendigen Genesung in ein künstliches Koma gelegt und waren einen Monat und drei Wochen seit ihrer Ankunft weggetreten. Wie sie anscheinend schon bemerkt haben, sind ihre Muskeln ab unterhalb ihrer Schultern nicht mehr funktionstüchtig, sie sind Querschnittsgelähmt."

Das traf mich wie ein Messer ins Herz. Wie die Faust aufs Auge. Ich sollte mich nie wieder bewegen können ? Nie wieder ?! Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf und ich spürte, wie meine Augen langsam wässrig wurden. Ich kann es einfach nicht fassen. Fast zwei Monate war ich weggetreten. Doch der wie vielte war dann heute ?!

Ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke, als ich nach dem Datum fragte.

"Der 12. November."

Das Blut gefror mir in den Adern. Es waren nur noch elf Tage bis zu meinem 20. Geburtstag. Und ihr wisst alle, was an diesem Tag geschehen wird...

"Der Mann, der sie einlieferte, und ein anderer besuchten Sie jeden Tag und stellten ihnen Blumen auf den Nachttisch."