Kapitel 11

196 15 2
                                    

Alisha POV

Schon fast eine Woche ist es her, als ich den beiden eine Abfuhr verpasst habe. Und Ethan geht nicht mehr zu meiner Schule, was ich gut finde. Ich fühle mich leer. Mein Herz ist zerissen. Jetzt bin ich wieder alleine. Ganz alleine. Ich habe seit dem kein einziges Mal mehr gelächelt. Keine Liebe oder Glück empfunden. Nichts als Leere... Mein Herz schreit nach Erlösung, nach den beiden. Doch meine innere Stimme ruft: 'Es ist besser so. Besser für alle.' Ich habe relativ viel abgenommen, ich kam einfach nicht dazu etwas zu essen. Ich kann nicht. Ich fühlte mich unwohl in meiner eigenen Haut, ich war nichts weiter als ein Knochengestell. Vor dem Spiegel sah ich ein abgemagertes Mädchen, sie war blass, tiefe Augenringe zierten ihr Gesicht und ihre Wangenknochen traten hervor. Dass es mir schlecht ging, war kaum zu übersehen. Doch es kümmerte keinen. Ich kann einfach nicht mehr, meine Liebe ist fort und das für immer. Hätte ich nicht alle beide weggeschickt und sie in dem Glauben belassen, ich hätte den Anderen gewählt, hätte ich mich für einen von den Beiden entscheiden müssen. Zu wählen wäre mir noch viel schwerer gefallen, ich konnte mich einfach nicht entscheiden und ich wollte keinen verletzen, der dann den Korb bekommen hätte. Also hatte ich beschlossen, mich selbst zu verletzen. Die Last auf mir selber zu tragen. Das ist besser so. So verletze ich keinen anderen. Ich sackte auf die Knie zusammen. Eine Träne lief meine Wange hinunter. Meine Liebe... Sie ist fort. Für immer. Ich konnte mich nicht entscheiden und werde es niemals können. Nichts lieber wünschte ich mir als vergessen zu können. Einfach alles vergessen...

Noahs POV

Eine Woche ist es her. Seit einer Woche habe ich keinen Sinn zum leben mehr. Prinz hin oder her, ich kann nicht mehr... Sie hat mir mein Herz herausgerissen und darauf herumgetrampelt. Alisha Eremia, ja so heißt sie, hat mir das Herz gebrochen. Ich kann ihr dennoch nicht Böse sein, wie denn auch ? Sie ist das hübscheste, liebevollste, einfühlsamste Mädchen, das ich je kennengelernt habe. Ich liebe sie noch immer. Zu wissen, dass sie mich nicht will, tut weh. Man sagt, Wunden heilen und der Schmerz vergeht... Doch das hier ist etwas völlig Anderes. Mein Herz kann man nicht heilen. Und der Schmerz vergeht nie. Wie gerne würde ich sie jetzt hier in meinen Armen halten und nie mehr loslassen... Doch dies wird niemals passieren können. Alles was ich tun kann, ist ihr zu danken. Für die Liebe die sie mir damals geschenkt hatte. Für die Höhe meines Lebens.

Ethans POV

Ich habe endgültig verloren. Noah hat ihr Herz erobert. An dem Tag, an dem ich sah wie sie ihn küsste und es in vollen Zügen genoss, weinte ich das aller erste Mal in meinem langen Leben. Wenn ich gewusst hätte, dass dieser Schmerz den ich damals verspürte erst ein Vorgeschmack wäre, hätte ich glaube ich gar nicht erst so lange durchgehalten. Ich habe mich von der Außenwelt abgeschlossen, ich will allein sein, so lange nicht sie bei mir ist. Mein Herz... Es schlug nur für sie. Ich bin ein Vampir und also auch tot, doch es schlug für sie. Jeden verfluchten Tag, an dem ich sie nicht sehe, schlägt mein Herz immer langsamer und es wird nicht mehr lange dauern bis es still steht. Ich weiß nicht was dann passieren wird...

Alishas POV

Auf dem Weg zur Kirche erinnerte ich mich an meine frühere Kindheit. Meine strenge und gefühlslose Tante, die mich jeden Sonntag mit in die Kirche nahm. Ich erinnerte mich nur ungern an sie. Sie wollte, dass ich gläubig und fromm war, und so war es dann auch. Als sie mich mit 12 Jahren mutterseelenallein zurückließ und fortging, ging ich nie wieder in die Kirche. Ich schwörte mir, nie wieder einen Gedanken an diese Frau zu verschwenden. Es ist unglaublich, wie weit ich gesunken sein musste, um jemals wieder diese Kirche betreten zu wollen. So ist es.

Als ich die alten, knarrenden Holztüren der Kirche öffnete, war niemand anwesend. Alles war verstaubt und einpaar Sonnenstrahlen schienen durch die Buntglasfenster. Ganz vorne, über dem Altar, hing ein gekreuzigter Jesus. Etwa in der Höhe des heiligen Jesus war ein Stockwerk, in dem sich die Orgel befand. Ich ließ mich auf einer der Sitzbänke in der vordersten Reihe vor dem Altar nieder. Dort faltete ich die Hände zusammen und fing an zu beten:

"Lieber Gott,

bitte höre mich an. Ich bin verzweifelt und weiß nicht mehr weiter. Mein Herz ist leer. Alles was mir nun noch helfen kann, ist Erlösung. Bitte hilf mir!

-Amen. "

Ich stand auf und ließ meinen Blick über die heruntergekommene Kirche schweifen. Warum ist die Kirche komplett leergefegt? Wie lange war keiner mehr hier? Alles ist eingestaubt. Vorne am Altar angekommen, wischte ich mit meiner Handfläche den Staub von dem Buch. Ich schätze, es ist die Bibel, bei der der Prediger daraus vorliest. "Die Bibel", war die Aufschrift. Etwas weiter hinten, hinter dem Altar entdeckte ich zu meiner Linken ein langgestrecktes Bücherregal. Sämtliche vom Alter mitgenommene Bücher wurden hier zurückgelassen. Alles wirkte so, als ob nie jemand gegangen wäre. Doch alles war wie leergefegt. Ich griff nach einem Buch mit grünem Umschlag, doch als ich daran zog, machte es 'klick' und das Bücherregal drehte sich langsam zur Seite. Ein dunkler Gang wurde freigelegt, die Wände waren aus Steinen und die Fackeln in dem Gang entzündeten sich automatisch. Scary... Sollte ich dort hinuntergehen ... ?

Zwillinge des Schicksals™Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt