Kapitel 1

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Eigentlich ist es ein ganz normaler Morgen. Ein Morgen, wie jeder andere auch. Dennoch fühlt sich irgendetwas anders an, aber ich weiß nicht was es ist.

Ich bin gerade aufgestanden und mache mich für die Arbeit fertig.

Wie so oft sitze ich in meiner Wohnung vor dem Spiegel und versuche dieses Knäul aus Haaren, das sich über Nacht gebildet hat, zu bändigen.

Also mal ernsthaft, kann man noch schlimmer am Morgen aussehen?

Ich habe das Gefühl die Nacht mit einem Frosch geknutscht zu haben und das Schlimmste ist, ich habe es nicht einmal bemerkt!

Nach einer Weile beschließe ich, dass meine Frisur nicht viel besser wird, egal wieviel Zeit und Mühe ich dem Ganzen widme. Also gebe ich den Kampf kopfschüttelnd auf, binde meine Haare am Hinterkopf zu einem schlichten Zopf und gehe in die Küche, um mir einen Kaffe zu machen, bevor ich mich dann auf den Weg zur Arbeit mache.

Im Büro angekommen sehe und höre ich Sandra bereits von Weitem mit wedelnden Armen auf mich zu stürmen.

„Na endlich, wo warst Du nur so lange?" fragt sie.

Wahrheitsgemäß antworte ich: „Ich habe, wie jeden Morgen, mit meinen Haaren gekämpft!" Sie tippelt ungeduldig von einem Fuß auf den Anderen: „Ja, ja schon gut. Du kannst Dir nicht vorstellen, was gestern passiert ist..."

Und schon geht es los, die endlos langen Geschichten von Sandra über eine ihrer nächtlichen Eroberungen, die sie am nächsten Morgen bereut.

„... es war der absolute Wahnsinn, dieser Typ ist ein Gott von einem Mann. Und ein Standvermögen hat der kann ich Dir sagen!"

Ich mag Sandra, ich kenne sie schon seit etlichen Jahren und sie ist meine einzige Freundin. Ich würde ihr mein Leben anvertrauen, wenn es nötig wäre.

Aber ihre kurzen, nächtlichen Storys mit wildfremden Typen gehen mir allmählich auf die Nerven!

„Heute Abend treffe ich ihn wieder im Madow und ich will, dass Du mitkommst!" Sie reißt mich aus meinen Gedanken: „Was?"

Genervt verdreht sie die Augen: „Erde an Frau Träumerin, ich habe gesagt, ich will, dass Du heute Abend mit ins Madow kommst."

Ich rümpfe die Nase: „Ich glaube das ist nicht so eine gute Idee."

Sie verschränkt die Arme vor der Brust und tippt mit dem linken Fuß einen genervten Rhythmus:

„Und warum nicht, wenn ich fragen darf?" Jetzt muss ich mir eine gute Ausrede einfallen lassen: „Wie Du weißt, habe ich zwei linke Füße und bin nicht so für die Disco. Ich komme mir da immer Fehl am Platz vor."

Wie ich es von ihr erwarte, verdreht sie erneut genervt die Augen, hakt sich bei mir ein und zieht mich in Richtung Teeküche.

Die Teeküche unserer Büroetage ist ziemlich klein und nicht sehr modern eingerichtet.

Es gibt eine Küchenzeile mit zwei Kochplatten, ein Spülbecken, eine Kaffeemaschine mit zwei Thermoskannen und einen Wasserkocher für die Teebegeisterten.

Der hohe Kühlschrank, direkt am Ende der Küchenzeile ist eigentlich nicht benutzbar, sondern eher ein Gewächshaus für Pilzkulturen. Etliche Versuche den Kollegen und Kolleginnen zu erklären, dass sie ihre Lebensmittel doch bitte bei Nichtverzehr entsorgen sollen, sind fehlgeschlagen.

In der Ecke befindet sich ein kleiner runder Tisch, an dem zwei Personen Platz nehmen können.

„Jetzt hör mir mal gut zu! Es ist Zeit mal wieder raus zu gehen, neue Leute kennenzulernen und mal etwas Abwechslung vom Alltag zu bekommen." sagt sie in einem Befehlston, der keinen Widerspruch duldet, als wir uns auf die beiden Stühle setzen.

Die Macht seiner Augen -neu überarbeitet-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt