21.

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Ein paar Tage später wache ich durch die Helligkeit im Zimmer auf und greife mit der Hand suchend nach Paco, auf seine Seite des Bettes.
„Morgen", begrüßt Paco mich und drückt mir einen Kuss auf den Mund.
„Hey", sage ich verschlafen und muss die Augen zusammenkneifen, da die Sonne unser Zimmer erhellt.
„Na, was steht heute an?", frage ich und Paco zuckt mit den Schultern.
„Was du willst", er lacht und ich muss auch schmunzeln.
„Okay...zuerst will ich...mmh", ich überlege und sehe meinen Freund neben mir grinsen.
„Wie wäre es mit frühstücken?", zieht er mich auf und ich verdrehe die Augen, folge ihm dann jedoch in die Küche.
Während wir alleine essen, Gabriela ist zum Einkaufen oder so, scrolle ich durch die Nachrichten, die mich erreicht haben.
Einige von meinen Eltern, die fragen, wie es mir so geht und auch welche von Sissy und Me.

„Was ist?", fragt Paco, als ich schnaufend die Nachricht meiner besten Freundin öffne.
„Nichts...nur..."
Soll ich ihm wirklich von Sissy erzählen?
„Was...was würdest du jemandem raten, der in einer sinnlosen Beziehung ist?", frage ich und hoffe, dass das nicht falsch rüberkommt.
„Sinnlose Beziehung?", er sieht mich fragend an und ich nicke.
„Naja...wenn die beiden zusammen sind, weil sie glauben, dass sie womöglich niemand besseren finden. Weil sie sich ewig kennen und vielleicht dachten, dass es als Paar genauso gut funktionieren könnte", sage ich und lege die Stirn in Falten.
„Auf was willst du heraus?", fragt Paco skeptisch und ich schnaufe.
Mann...das mit Sissy macht mir echt zu schaffen.
„Meine beste Freundin...", beginne ich.
„Sibel?", fragt er und ich nicke.
„Sie...sie hat mir letztens gesagt, dass sie einen Freund hat."
Paco nickt und sieht mich fragend an: „Ja, und was ist da jetzt das Problem?"
Ich hole tief Luft: „Der Typ ist fast fünfzig."
Ich schildere Paco die ganze Situation, wie meine beste Freundin mir von diesem Marco erzählt hat, wie ich ihn getroffen habe und das alles.
Dann sage ich: „Und ich glaube, dass sie...naja...vielleicht hat sie dasselbe Problem, wie ich."
„Und das wäre?", fragt Paco und sieht mich durchdringend an.
„Naja...ich dachte damals, dass ich, wenn ich nicht mit Rick zusammenkomme, dass da...naja...dass da halt niemand mehr kommt. Sozusagen eine...naja...Notlösung?"
Mein Freund nickt: „Das...das klingt ein wenig kompliziert."
Er lacht leise und ich muss schmunzeln.
„Und was sind jetzt deine Bedenken?"
„Ich...ich bin mir sicher, dass ich Sissy sagen sollte, dass sie jemand besseren finden wird, sobald die Zeit ran ist. Solange muss sie sich nicht mit diesem Typen abgeben. Zumal...ich...ach Mist."
Ich hole tief Luft und schüttele den Kopf.
„Ich bin der Meinung, du solltest mit ihr darüber reden. Du solltest ihr deinen Standpunkt dazu sagen. Mir ist klar, dass das allein Sibels Sache ist aber wenn sie wirklich deine beste Freundin ist, dann solltet ihr über sowas reden können. Und selbst wenn sie dich abblockt oder so, dann weiß sie wenigstens, was in deinem Kopf vorgeht. Dann musst du auch nicht mehr in ihrer Gegenwart so tun, als würdest du die Beziehung gutheißen."
Oh wow...
„Das...das ist einfacher gesagt, als getan", ich puste mir eine Strähne, die mir ins Gesicht gefallen ist, hoch und sehe Paco schmunzeln.

Wir haben uns dazu entschieden, heute nochmal zum Strand zu gehen, da das Wetter einfach fantastisch ist. Gegen um elf kommen wr dort an und stellen fest, dass es schon wieder ziemlich überfüllt ist. Ich folge Paco durch die Menschenmassen hindurch, bis wir die ganzen Leute hinter uns gelassen haben und nur noch einzelne Familien um uns herum sind.
„Hier ist es doch perfekt, oder?", fragt er und lässt die Strandtasche auf den Sand fallen.
Ich nicke und nehme die Decke unter meinem Arm hervor, um sie vor uns auszubreiten. Dann ziehe ich mein Sommerkleid aus und stopfe es in die Tasche. Meinen Bikini hatte ich vorhin schon angezogen.
Diesmal beginnt Paco mich, ohne zu fragen, mit der Sonnencreme einzureiben und ich sehe einfach nur gerade aus auf das Meer. Ich hoffe, dass uns heute nicht Ezequiels Gang über den Weg läuft.
Ich hole meinen E-Reader aus der Tasche und beginne, zu lesen.
Nach einer Weile werde ich müde und schließe die Augen. Ich versuche, nicht einzuschlafen, doch irgendwann tauche ich doch in meine Traumwelt ab und werde brutal herausgeholt, als jemand an meiner Schulter wackelt.
Verschlafen sehe ich auf und sehe auf Ezequiel, der sich über mich beugt.
„¿Qué pasa?", frage ich und weiß echt nicht, was hier gerade abgeht.
Er sagt irgendwas davon, dass Paco sagte, er solle mich holen kommen und das mein Freund irgendwo wartet.
Was geht hier gerade ab?
Seine Stimme klingt schleppend und ich glaube er hat getrunken. Seine Finger fahren über meine Haut und ich schüttele ihn gekonnt ab.
Dann frage ich ihn, wo Paco denn sei und er nickt in Richtung des Wohngebietes, welches an den Strand angrenzt.
Ich bin skeptisch und ziehe mir zuerst wieder mein Kleid über. Ich will nicht im Bikini vor diesem Ezequiel stehen. Dieser sieht mich durchdringend an und ich packe die Sachen zusammen, um abzuhauen. Aber wo ist Paco bloß?
Egal...ich schreibe ihm einfach, dass ich gegangen bin. Ich muss hier weg.
Ich wende mich von Ezequiel ab, um zur Straße zu gehen. Nach einigen Metern hat er mich eingeholt und hält mich an meinem Arm fest.
"¿Que quieres?", frage ich ihn und er sieht arrogant zu mir herab.
Dann sagt er sowas wie: „Eigentlich dich...aber leider bist du mit so einem Loser wie Paco zusammen."
Ich runzle die Stirn. Was soll denn das? Dann entziehe ich ihm meinen Arm und sehe mich hilfesuchend um.
Ezequiel redet immer weiter auf mich ein und ich bekomme gar nicht alles mit. Wieder berührt er meinen Arm und ehe ich es mich versehe, landet meine Handfläche auf seiner Wange.
Erschrocken über meine Geste, streicht er sich mit den Fingern über die, sich rötende, Haut.
Als ich meine Hand wieder sinken lassen will, greift er danach und hält meinen Arm brutal nach oben.
Scheiße.
Sein Blick ist voller Wut und ich hoffe, dass Paco gleich hier aufkreuzt. Ich versuche, nicht allzu panisch zu klingen, als ich auf Spanisch frage: „Was ist dein Problem?"
Ezequiel lacht grässlich und zuckt mit den Schultern. Dann sagt er, dass er und Paco noch eine Rechnung oder so offen hätten und ich runzle die Stirn. Ich weiß nicht genau, was er sagt, aber ich glaube es hat was mit der Sache zu tun, die mir mein Freund letztens gesagt hatte.
Irgendwann reicht's mir und ich tue das einzige, was mir in den Sinn kommt, als dieser ekelhafte Typ immer noch nicht von mir ablassen will. Ich ramme mein Knie in seinen Schritt und während er sich vor Schmerz zusammenzieht ergreife ich die Flucht.

Es sollte ein schöner Tag am Strand werden und jetzt? Jetzt bin ich auf der Flucht vor Ezequiel und hoffe, dass Paco bei seiner Oma zu Hause ist. Während ich durch die Straßen gehe, nehme ich mein Handy und versuche, ihn zu erreichen. Er geht nicht ran und obwohl wir diesen Weg jetzt schon mehr als einmal gegangen sind, stehe ich auf einmal an einer Stelle, die ich noch nie gesehen habe.
Scheiße. Was soll denn das? Ist heute Freitag der dreizehnte oder so?
Frustriert stampfe ich mit dem Fuß auf den Boden, dann drehe ich mich um, um mich zu versichern, dass Ezequiel mir auch wirklich nicht gefolgt ist. Die Strandtasche ist zum Glück nicht allzu schwer. Ich nehme sie trotzdem kurz ab, um die Decke darin zu verstauen und öffne dann die Navi App, ehe mir einfällt, dass ich Gabrielas genaue Adresse gar nicht weiß. Verdammt.
Naja...dann mache ich eben einen kleinen Spaziergang. Ich muss sowieso runterkommen. Durch die Auseinandersetzung mit Ezequiel höre ich immer noch das Blut in meinen Ohren rauschen. Ich laufe durch einige Gassen und stehe auf einmal wieder am Wasser. Aber nicht an der Stelle von vorhin. Ich habe keine Ahnung, ob ich nach links oder nach rechts gehen muss.
Dann höre ich, wie mein Handy klingelt und nehme es aus meiner Tasche.
„Paco?", frage ich erleichtert in den Hörer und höre ihn am anderen Ende schnaufen.
„Belle, alles in Ordnung?", fragt er und seine Stimme klingt gepresst.
„Ja und bei dir? Wo bist du?", frage ich und atme erleichtert auf.
„Ich bin am Strand und du?", er wirkt verwirrt.
„Äh...ich in gewisser Weise auch."
„In gewisser Weise?", fragt er skeptisch und ich schnaufe.
Mist. Ich sehe mich um und hoffe ein Straßenschild zu entdecken, doch Fehlanzeige.
Als ich nach links sehe fällt mir ein Restaurant auf.
„Hier ist so ein großer Platz und vor mir ist irgendein Restaurant", ich sehe mich um. Was ist denn hier noch Auffälliges?
„Belle. Das hilft mir nicht weiter", sagt Paco und wären wir nicht in so einer Situation würde er sicher lachen.
„Ich weiß", sage ich deprimiert und gehe weiter in Richtung Wasser.
„Weißt du was. Setz dich irgendwo hin und schick mir deinen Standort", sagt Paco und seine Stimme klingt anders als sonst. Ich fühle mich auf einmal wie ein kleines Kind, dass einen furchtbaren Fehler gemacht hat.
„Okay", sage ich und wir legen auf. Ich gehe auf eine freie Bank zu und lasse mich nieder.
Innerhalb weniger Minuten habe ich ihm meine Koordinaten geschickt. Er hat es gelesen und schreibt.
Bleib dort. Ich bin in knapp zehn Minuten da
So habe ich ihn noch nie erlebt und es gefällt mir gar nicht.

Während ich auf Paco warte, sehe ich mich um und beobachte die Familien, die ihren Tag genauso wie wir am Strand verbringen wollen. Oder die alten Leute, die sich an den Tischen rund um den Platz niedergelassen haben und auf ihr Essen warten.
Ich sehe wieder auf mein Handy...nichts.
Irgendwann, als ich wieder hochsehe, bemerke ich Paco, der auf mich zukommt. Mit jedem weiteren Schritt, den er auf mich zu macht, erkenne ich seine Miene besser. Er scheint furchtbar wütend zu sein.
Ich stehe auf, um ihm entgegen zu gehen und als ich vor ihm stehenbleibe, sehe ich die Angst in seinen Augen.
„Was machst du denn?", fragt er mit zitternder Stimme, „ich habe mir Sorgen gemacht."
Ich muss lächeln: „Nichts passiert."
„Pff...zum Glück gibt es das Internet, was?", fragt er spöttisch und ich nicke. Dann zieht er mich zu sich ran und schlingt seine Arme um meinen Körper.
„Mach' sowas nie wieder", sagt er beschwörend und ich nicke.
„Ich...", beginne ich und weiß nicht, wo ich anfangen soll.
„Ezequiel war...er war am Strand und wollte...naja...er hat gesagt, dass ich mit ihm kommen solle", ich erzähle Paco das eben Geschehene und er sieht mich erstaunt an.
„Bitte was?", fragt er völlig aufgebracht und schüttelt dann den Kopf.
„Scheiße", flucht er und ich greife nach seiner Hand.
„Lass uns gehen", sage ich und er nickt.
„Ich habe uns was zu Essen besorgt", bemerkt er und hebt die andere Hand mit dem Beutel hoch, den ich bis gerade eben noch gar nicht bemerkt habe.
„Super."
Schweigend gehen wir durch die Straßen dieser unglaublichen Stadt und kommen irgendwann in einem kleinen Park an.
Wir setzen uns auf eine der Bänke und Paco reicht mir das verpackte Etwas aus der Tüte. Ich bedanke mich bei ihm und beginne, das Papier abzufummeln.
Zum Vorschein kommt ein Sandwich und ich muss lächeln. Bevor ich abbeiße drücke ich meinem süßen Spanier einen Kuss auf die Wange und sehe ihn schmunzeln.
„Guten Appetit", sage ich.
„Danke, dir auch", er beißt ab und für einen kurzen Moment bleibt mein Blick an seinem wunderschönen Gesicht hängen, auf welchem sich immer noch Sorgenfalten abzeichnen.

Nach ein paar Minutenhält Paco inne und sieht mich erst an, ehe er sagt: „Wie ist das jetzt...also...mit dem Rückflug?"
Ich sehe ihn fragend an: „Was soll damit sein?"
„Naja...den muss ich noch buchen."
„Also, wenn es nach mir ginge, dann könnte ich ewig hier bleiben."
Paco lacht und ich sehe zu ihm auf.
„Buch den Flug, wann du willst. Ich muss ja mitkommen", ich zucke mit den Schultern und betrachte die Gegend um uns herum.

Wo die Liebe hinfällt... (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt