Kapitel 21

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Damon

Ich hatte immer gewusst, dass dieser Tag einmal kommen würde.

Der Tag, an dem ich den Krebs nicht mehr länger ignorieren kann.

Die letzten vierzehn Monate hatte ich ihn aus meinem Leben verdrängt. Wusste zwar, dass er da war, doch ich gab ihm nicht die Macht dazu, über mein Leben zu bestimmen. Lies keine Ängste, Sorgen oder dergleichen zu. Denn ich wollte leben. Sorglos leben, weshalb ich den Krebs ignorierte und so tat, als gäbe es ihn nicht. Als wäre alles normal und er würde früher oder später verschwinden. Das mein Körper stark genug sei,um ihn zu besiegen.

Doch ich habe mich geirrt. Habe mir von Anfang an etwas vorgemacht.

Denn der Krebs hat nun endgültig die Oberhand über meinen Körper gewonnen. Hat sich ausgebreitet und meine Überlebenschancen auf beinahe Null reduziert. Jegliche Medikamente der letzten Monate sind umsonst gewesen, denn mein Körper hat den Kampf schon so gut wie verloren. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er endgültig aufgibt.

Die Frage, wie lange ich noch habe, lässt mich seit Stunden nicht mehr los, doch ich traue mich nicht, einen Arzt zu fragen. In Wirklichkeit möchte ich es eigentlich gar nicht wissen. Möchte jetzt nur noch jeden einzelnen Tag genießen, der mir noch bleibt, weshalb ich so schnell wie möglich aus diesem Krankenhaus rausmöchte. Doch die nächsten zwei Wochen bin ich an dieses Bett gefesselt.

Das Schlimmste daran sind die ständigen Versuche der Ärzte, mir eine Chemotherapie andrehen zu wollen. Eine Chemotherapie, deren Aussicht auf Erfolg und der Beseitigung meines speziellen Krebses so gering ist, dass sie voraussichtlich mein Leben nur um ein paar Monate verlängern kann. Um Monate, in denen ich aufgrund der Chemo mit hoher Wahrscheinlichkeit unter schrecklichen Schmerzen leiden werde. Das ist der Grund, weshalb ich eine Chemo auf keinen Fall in Betracht ziehen werde, denn ich möchte die letzten Monate meines Lebens nicht noch mehr leiden müssen, als ich es eh schon tun werde. Möchte noch etwas erleben können und nicht nur tagtäglich ans Bett gefesselt sein. Daher lehne ich auch diesmal ab, als die Ärztin versucht, mich noch einmal umzustimmen. Ich habe mich entschieden und werde meine Meinung nicht mehr ändern.

,,Ich wünsche, Sie würden es sich noch einmal anders überlegen", legt die Ärztin mir noch einmal behutsam nahe, als sie gerade dabei ist, mir eine neue Infusion zu legen.,, Sie dürfen diese Chance nicht wegwerfen."

Ich antworte ihr nicht. Sie hatte heute schon dreimal dieselbe Antwort von mir erhalten.

Mit einem Seufzen gibt sie auf und wendet sich, nachdem sie die Infusion angelegt hat, zum Gehen. Doch an der Tür hält sie inne und dreht sich nocheinmal zu mir um.

,,Ihre Schwester und eine Freundin sitzen im Wartezimmer. Sie möchten zu Ihnen. Möchten Sie, dass ich sie herbringe?"

Ich erstarre und mein Herz schlägt mir plötzlich bis zum Hals.

,,Nein", antworte ich ihr hastig und schüttle den Kopf. ,,Bitte sagen Sie den Beiden, dass es mir gut geht und sie nach hause gehen können. Dass ich nur einen kleinen Schwächeanfall oder dergleichen hatte und nur zur Beobachtung noch ein paar Tage hier bleiben muss."

Auf keinen Fall möchte ich, dass Katy oder Tess von meiner Krankheit erfahren. Sie sollen sich keine Sorgen um mich machen müssen oder mich bemitleiden. Ich möchte, dass in dieser Hinsicht alles so bleiben kann, wie es gewesen ist.

,,Es tut mir leid.", entschudigt sich die Ärztin schließlich aufrichtig bei mir. ,,Sie wissen es bereits."

In diesem Moment habe ich das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

***

Ein paar Minuten später öffnet sich plötzlich die Tür meines Zimmers und Katy betritt das Zimmer.

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