Kapitel 41

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Tess

1 Woche später

Tränen verschleiern mir die Sicht, während ich vor Josies Bett stehe und in ihre Augen sehe, die seinen so unglaublich ähnlich sind.

Sehne mich in diesem Moment wieder so sehr nach ihm, sodass es mir beinahe die Luft zum Atmen raubt und mein  gebrochenes Herz erneut zerreißt. Wünsche mir in diesem Moment nichts sehnlicher, als ihn wieder in meinen Armen spüren zu können.

Josie streckt die Arme nach mir aus, weshalb ich mich zu ihrem Bett hinunterbeuge und sie sanft in meine Arme nehme. 

Ich ihren Kopf an meine Schulter schmiege und dabei beruhigend auf sie einredete, da sie zu weinen beginnt und ich mit ihr in ihrem Zimmer langsam auf und ab laufe,um sie zu beruhigen. Zehn Minuten laufe ich mit ihr umher und beginne, einzelne Lieder für sie zu singen, bevor sie sich schließlich wieder beruhigt und in meinen Armen ihre Augen schließt.

Ich gebe ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und laufe mit ihr wieder Richtung Bett. Laufe dabei am Spiegel vorbei, weshalb ich erschrocken stehen bleibe und mein Spiegelbild ansehe.

Erkenne die dunklen Augenringe unter meinen Augen, die das Resultat tausender Tränen der vergangenen Tage darstellen und wie sehr ich in den letzten Tagen abgenommen habe.  Sehe, wie fertig ich aussehe und weiß, dass ich so nicht weitermachen kann. Ich Damon versprochen habe, mich nicht vom Schmerz zerbrechen zu lassen.

Josie beginnt nun wieder in meinen Armen zu weinen, weshalb ich wieder sanft auf sie einrede und ihr beruhigend über den Rücken streiche. Heftig dagegen ankämpfe, nicht auch in Tränen auszubrechen, da mich all die Gefühle immer noch zu überwältigend drohen. Ich ihn einfach jeden Tag mehr vermisse und mich nach allem an ihm sehne. Ich das Gefühl habe, ohne ihn nicht ich selbst zu sein. Doch ich muss für unsere Tochter stark sein, weshalb ich tief durchatme und erneut versuche, das wertvollste, das Damon mir hinterlassen hat, wieder in den Schlaf zu wiegen.

,,Brauchst du Hilfe?", fragt Katy mich plötzlich mit leiser Stimme, weshalb ich mich in Richtung der Tür drehe und in Katys Augen sehe, in deren sich die selbe Traurigkeit wiederspiegelt.

Ich schüttle mit einem traurigen Lächeln den Kopf und sehe Josie wieder liebevoll an,  da sie wieder in einen ruhigen Schlaf versunken ist.

,,Sie ist wieder eingeschlafen", antworte ich Katy daher mir leicht gebrochener Stimme, während ich Josie wieder vorsichtig ins Bett lege. Sie zudecke und sanft über ihre Wange streiche. Spüre, wie die Liebe zu ihr für einen kurzen Moment den Schmerz in meinen Inneren betäubt.

Ich höre Schritte hinter mir und weiß, dass Katy nun genau hinter mir stehen muss. Spüre plötzlich meine Hand in ihre und schaffe es, sie anzusehen. Genau wissend, was sie mir nun sagen wird.

,,Wir müssen langsam los, Tess", klärt sie mich niedergeschlagen auf und ich nicke und kann dabei nicht verhindern, dass eine Träne meine Augen verlässt. Kann nicht verhindern, dass der Gedanke mich gleich ein letztes Mal von Damon verabschieden zu müssen, erneut mein Herz in tausend Stücke zerreißt.

Ich atme gequält ein und aus und versuche alle Kraft zusammen zu nehmen. Schließlich hatte mich tagelang auf diesen Tag vorbereiten können, weshalb ich mich nun schweren Herzens von Josies Bett löse.

Spüre das meine Hände zittern, weshalb Katy mich eine Umarmung zieht. Wir nun versuchen uns gegenseitig Halt und Trost zu spenden.

,,Er fehlt mir so sehr", bringe ich schluchztend an Katys Schulter hervor.

,,Ich weiß", gesteht Katy mir ebenfalls mit brüchiger Stimme und löst sich sanft von mir, um mir in die Augen sehen zu können. ,,Mir fehlt er auch jede Sekunde. Aber er würde nicht wollen, dass wir so sehr leiden Tess. Wir haben ihm versprochen, uns nicht vom Schmerz zerstören zu lassen. Wir müssen jetzt für ihn stark sein."

Sie versucht mir ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, doch ich sehe, wie schwer es ihr fällt. Dieses Versprechen einzuhalten ist für uns beide kaum möglich. Zu groß ist der Schmerz, der uns jeden Tag zu überwältigen droht.

,,Ich versuchs", verspreche ich ihr und schaffe es allerdings nicht, ein Lächeln auf mein Gesicht zu lassen. Katy streicht mir noch einmal sanft über den Arm, bevor wir  nach draußen laufen wollen, wo bereits mein Bruder im Auto auf uns beide wartet.

Kurz bevor ich das Haus verlassen möchte, stellt sich allerding mein Vater, der heute auf Josie aufpassen wird, mir noch einmal in den Weg. Sofort schließt er mich fest in  den Arm, sodass all meine Mauern wieder einstürzen.

Ich schmiege mich eng an ihn und lasse meinen Tränen einfach wieder freien lauf. Kann sie einfach nicht zurückhalten, während ich mich auf seine Worte  konzentriere und versuche, nicht endgültig zusammenzubrechen.

,,Ich weiß, wie sehr du gerade leidest", versucht er mich ebenfalls mit niedergeschlagener Stimme zu trösten.
,, Dass du das Gefühl hast, den Boden unter den Füßen zu verlieren und nie wieder ohne ihn glücklich sein zu können. Dir dein Herz in tausend Stücke zerrissen wird. Aber ich weiß auch, dass dieser Schmerz mit der Zeit verblassen wird. Er erträglich wird und du eines Tages mit einem Lächeln und nicht mehr nur unter Tränen an ihn denken kannst. Ich weiß, wie schwer es ist, sich das vorzustellen und dass der Weg dorthin unbeschreiblich qualvoll ist, aber wir sind alle für dich da mein Schatz. Werden nicht von deiner Seite weichen. Es wird leichter werden, versprochen."

Ich nicke an seiner Schulter und kann nicht verhindern, dass ich zu schluchzten beginne, weshalb mein Vater mir tröstend über den Rücken streicht.

Es dauert eine Weile, bis ich mich von ihm lösen und ihm ein schwaches Lächeln schenken kann. Anschließend begebe ich mich nach draußen zu Katy und Nick, die vor Nicks Wagen warten und mir einen besorgten Blick zuwerfen.

Ich versuche noch einmal tief durchzuatmen und all den Schmerz nicht weiter die Kontrolle über mich zu geben. Versuche, stark zu sein, so wie ich es Damon versprochen habe, denn er wollte nicht, dass ich leide.

Ich wische mir daher die letzten Tränen von meinen Wangen und versuche wieder ein schwaches Lächeln aufzusetzen. Versuche mir in Gedanken zu rufen, dass Damon nun an einem besseren Ort ist. Einem Ort, an den er keine Schmerzen mehr hat und mit seinem kleinen Bruder vereint ist.

,,Ich bin bereit", versuche ich daher mit fester Stimme zu sagen und setze mich in Nicks Wagen. Nehme mir fest vor, heute nicht zusammenzubrechen.

****

Eine halbe Stunde später habe ich mit diesem Vorhaben allerdings schwer zu kämpfen, da ich die Augen nicht von Damons Sarg nehmen kann, der nur einen Meter vor mir langsam in die Erde gelassen wird.

Der Friedhof ist durch den wolkenverhangenen Himmel in einen trostlosen Ort verwandelt worden, während der Sarg immer weiter in die Tiefe gelassen wird. Auch ich habe das Gefühl in eine tiefe Dunkelheit zu fallen, während er mir immer mehr entzogen wird. Kann wieder einmal nicht begreifen, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Nie wieder seine Stimme hören und ihn neben mir spüren werde. Das all dies zu einer Erinnerung werden wird.

Ich atme gequält aus, als der Pfarrer mir einen aufmunternden Blick zuwirft und ich weiß, dass ich mich nun endgültig von ihm verabschieden muss.

Mit zitternden Beinen schaffe ich es, mit einer weisen Rose in meiner Hand zu seinem Grab zu laufen und in dieses hineinzusehen. Auf den Sarg, der den Menschen in sich trägt, der mir die Welt bedeutet und den ich nun nie wieder sehen werde.

Ich schließe die Augen und berühre meine Halskette, die mich für immer an ihn erinnern wird. Rufe Erinnerung mit ihm in mein Gedächtnis. Sehe sein Lächeln vor mir,während ich die Rose hinunter zu seinem Grab gleiten lasse.

,,Ich liebe dich und werde dich nie vergessen", verabschiede ich mich unter Tränen von ihm und lege die Arme um mich, da ich das Gefühl habe auseinander zu brechen. ,, Und ich werde mein Versprechen einhalten, Damon. Das verspreche ich dir."

Kaum habe ich das gesagt, werde ich plötzlich von Sonnenstrahlen geblendet, die die dunkle Wolkendecke durchbrechen und dadurch den Friedhof in einem sanften Licht erstrahlen lassen.

Ich sehe hinauf in den Himmel und spüre, dass er in diesem Moment bei mir ist, weshalb sich ein Lächeln auf meine Lippen stielt.

Denn ich weiß, dass er in gewisser Weise nun immer bei mir sein wird.

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