Kapitel 38

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~Clarine~

,,Soooo..." Adelina ließ sich auf mein Bett plumsen und bedachte mich mit einem abwartenden Blick. Ich seufzte tief und ließ mich neben sie fallen.

Anscheinend musste ich jetzt mit der Wahrheit rausrücken.

Ich wollte gerade ansetzen zu reden, doch meine Stimme widersetzte sich mir und im Gegensatz dazu lief mir nur stumm eine Träne aus dem Augenwinkel.

Ich schloss die Augen, atmete einmal tief durch und durchbrach die Stille. ,,Einfach der normale Verlauf von Liebeskummer."

Adelinas Gesicht wurde weich und sie schob traurig ihre Unterlippe vor. Sie rückte auf mich zu und schlang die Arme um mich. Ich tat ihr nach und hielt mich so stark an ihr fest, sodass ich sie beinahe erdrückte. Ihre Umarmung war stärkend, gleichzeitig aber dennoch die riesen Abrißbirne, die den Damm wieder zum einstürzen brachte.

Wir verbrachten lange Minuten, vielleicht sogar Stunden gemeinsam Arm in Arm. Ich weinte leise in ihre Schulter und sie strich mir liebevoll über den Rücken.

Wie sehr ich das vermisst hatte.

Nach einer Zeit löste ich mich langsam aus ihrem wärmenden Griff und sah ihr mit einem kleinen Lächeln in die Augen.

Sie verstand mein Stummes Danke, wischte mir ein paar Tränen weg und gab mir einen Kuss auf die Wange.

,,Ich bin immer für dich da, hörst du?"

In meinem Magen zog es sich zusammen und die Schuldgefühle stiegen empor. Ich fühlte mich ein wenig schlecht , weil ich nicht gleich mit ihr geredet hatte und sie sich währenddessen Sorgen um mich gemacht hatte.

,,Hey," Sie hob mein Kinn mit einer Hand an und sorgte dafür, dass ich ihr in die streng ausschauenden Augen sah. ,,Ich weiß, was du da machst, hör auf damit! Du musst dich auf gar keinen Fall schlecht fühlen, weil du nicht mit mir geredet hast, verstanden? Manchmal muss man halt erstmal selber mit etwas fertig werden, bevor man den Kampf mit seinen Liebsten zusammen gewinnt.", sagte sie und lächelte mich aufmunternd an. ,,So, und jetzt erzählst du mir, was dieses Arschloch getan hat."

Ich fühlte einen Stich in der Brust, doch der wurde immer weniger schmerzhaft, sobald ich das stärkende Lächeln meiner besten Freundin sah.

Ich sog ausreichend Luft in meine Lunge und fing dann an zu erzählen.

Adelinas Gesicht war wie eine steinerne Maske, während ich mir alles über Shawn und was alles passiert war, von der Seele redete.

Als ich fertig war, schob Adelina ihre Hand zu meiner und drückte diese ganz fest.

Ein Lächeln schlich sich um meine Mundwinkel und ließ mich seit langem endlich wieder echt lächeln.

Wir verbrachten den restlichen Tag damit, nicht mehr über diese eine Person zu sprechen und zogen uns lieber Tonnenweise Eis und Chips rein, während wir Serien durchsuchteten.

Während wir also zusammengekuschelt auf meinem Bett die nächste Serie starteten, kam mir ein Gedanke, der mich die Stirn in Falte ziehen ließ.

Ich wandte mich meiner besten Freundin zu. ,,Sag mal,", fing ich an zu sprechen. Ihr Gesicht wandte sich mir nun ebenfalls zu und sah mich abwartend an. ,,Heute ist der vorletzte Tag vor den Ferien und dein Koffer ist so groß und schwer, als würdest du eine ganze Weltreise machen ... wie lange hast du vor zu bleiben?", fragte ich.

Adelinas Gesicht hellte sich auf und sie grinste mich an.

,,Unsere Mütter haben vereinbart, dass ich bis Sonntag hier bleiben darf, am Montag würde ich dann leider wieder fahren, aber ich könnte dann zusammen mit dir auf den Ball gehen!", verkündete sie und klatschte aufgeregt in die Hände. Meine Augen wurden groß und ein ebenso hohes Quietschen wie ihr, entweicht auch aus meinem Mund.

,,Oh mein Gott, wirklich?", fragte ich ungläubig.

Meine beste Freundin nickte aufgeregt mit dem Kopf und sprang dann auf, um ihren riesen Koffer zu öffnen.

Sie wühlte eine gefühlte Ewigkeit darin, warf immer wieder ein T-shirt oder eine Socke raus, bis sie fand, was sie suchte.

Sie stieß einen triumphierenden Schrei aus und hielt dann etwas hoch, was meine Augen noch größer werden ließ.

In ihren Händen hielt sie zwei beige High heels mit silbern funkelnden Absätzen und Riemen.

,,Nicht. Dein. Ernst.", sagte ich und starrte mit offenen Mund auf die teuren Absatzschuhe ihrer Mutter.

,,Voll. Mein. Ernst.", gab sie zurück und sah mit genau der selben Ehrfurcht, wie ich, zu den Schuhen.

Das waren die teuersten Schuhe, die Adelinas Mutter besaß, und somit ihr Heiligtum. Als wir beide zwölf waren, hatten wir die Schuhe beim schnüffeln, in einem Karton ganz hinten in dem Schrank von Adelinas Eltern gefunden. Und unsere verträumten Kindergehirne waren natürlich total verzaubert von dem ganzen Glitzer und diesen Prinzessinnenmäßigen 'Klackerschuhen', so wie wir sie damals nannten, dass wir diese Schuhe natürlich sofort anprobieren mussten.

Nur leider ging das nicht ganz so gut aus. Denn währenddessen Adelina und ich abwechselnd die Schuhe anzogen und unsere Catwalks einübten, kam Adelinas Mutter rein und ertappte uns. Adelina hatte sich so erschrocken, dass sie in diesen gigantisch hohen Schuhen umgeknickt war, wir mit ihrer Mutter in die Notaufnahme fahren mussten und ihr Knöchel dann als verstaucht erklärt wurde.

,,Sie hat dir ihre Babys anvertraut?", fragte ich immer noch fassungslos.

Sie nickte euphorisch und sprang auf. Allerdings trat sie dabei über einen Sniker von ihr, den sie während ihrer Suchaktion aus dem Koffer befördert hatte, und stolperte nach vorne. Sie konnte sich zum Glück noch fassen, bevor sie gegen den Fosten meines Bettes gefallen wäre, und die High heels womöglich noch durchs Fenster geflogen wären.

Ich hob skeptisch eine Augenbraue und sah auf die Schuhe in ihrer Hand. ,,Sie hat definitiv einen Fehler damit begannen. Ihre Schuhe werden es wahrscheinlich noch nicht einmal bis zum Ball überstehen.", sagte ich.

Sie bedachte mich mit einem bösen Blick und warf dann ein Kissen nach mir.

,,Halt die Klappe. Diese Schätzchen hier werden es gut bei mir haben." Sie strich beabsichtigt über den funkelnden Absatz und grinste überzeugt.

Wir verfielen beide ins gekichere und hielten uns unsere Bäuche.


Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, machten wir wieder unsere Eisbecher auf und kuschelten uns unter die vielen Decken - die High heels natürlich mit dabei.

Adelina führte sich gerade den nächsten Löffel zum Mund, als etwas runter tropfte. Noch rechtzeitig hielt ich meine Hand darunter, bevor dieser Tropfen einen Eisfleck auf die teuren Schuhe hinterlassen hätte.

Ich sah sie mahnend an, worauf sie mich entschuldigend anlächelte und kleinlaut die Schultern hob.

Ich schüttelte den Kopf, konnte mir ein Schmunzeln aber nicht verkneifen.

Ihre Mutter würde einen Herzinfarkt bekommen.

Fight For LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt