3. Peitsche schwingende Emojis

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Julian hatte sein Versprechen halten können und mir das Telefon mitgebracht. »Jakob hatte daran gedacht, es zu laden«, gab er mit einem Augenrollen zu. »Ich bin immer so verpeilt, dass ich meistens gar nicht daran denke.« Er hatte sich wieder den Hocker herangezogen, stützte die Ellenbogen auf das Bettgitter, während er durch sein Telefon scrollte und es mir hin und wieder reichte, damit ich einen Blick darauf werfen konnte. Es waren Bilder vom Abend zuvor, als sie zusammen bei McDonalds waren. Juli mit ketchup-verschmierter Schnute und Jakob, der sich zwei Pommes so unter Lippen geschoben hat, dass sie wie Hauer hochstanden. Dazu ein albernes Schielen. Und alles in verschiedenen Ausführungen.

»Sie sehen glücklich aus«, stellte ich fest und gab das Handy zurück.

Julian sah mich prüfend an, als müsse er abwägen, welche Antwort ich erwarten würde. »Für den Moment wirkt es so. Aber Julia weint viel«, gab er widerstrebend zu. »Sie schläft jetzt immer bei Jakob ein und ich trage sie dann in ihr Bettchen rüber. Sie vermisst dich.«

Unwillkürlich griff ich nach seiner Hand. Ich wollte mich bedanken – mal wieder – und ich wollte mich ein weiteres Mal für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die er wegen mir hatte. »Ich vermisse sie auch«, flüsterte ich stattdessen und verfluchte mich im Stillen dafür, weil ich schon wieder mit Tränen zu kämpfen hatte. Die Intensivstation war eindeutig nicht gut für den Gemütszustand.

In dem Moment wurde die Tür mit zu viel Schwung aufgestoßen. »Gute Nachrichten, Herr Held!«, verkündete der Chefarzt, verstummte dann jedoch, als er meinen Besucher bemerkte. Oder es war, weil ich noch immer Julians Hand hielt. »Ich hoffe, ich störe nicht.«

»Nein, nein.« Julian sprang sofort auf. Wie jemand, der dabei ertappt worden war, Kekse aus der Dose zu stibitzen.

»Bleiben Sie ruhig sitzen, junger Mann. Was ich zu sagen habe, wird Sie vermutlich interessieren. Schließlich geht es um Ihren Mann.« Nach einem kurzen Blick auf den Monitor über mir und die Behälter an meinem Bett, schlug der Arzt die Kladde auf, die er mitgebracht hatte und begann, sich irgendwelche Notizen zu machen.

Julian stand unschlüssig neben mir und sah mich fragend an. Er wartete auf meine Zustimmung, um bleiben zu dürfen, und mit einem Nicken gab ich sie ihm. Schließlich war er mein Mann. Ihn gehen zu lassen, wo er zum Bleiben aufgefordert worden war, würde Fragen aufwerfen.

»Gute Nachrichten«, begann der Arzt ein weiteres Mal. »Ihre Werte sind ausgezeichnet, Herr Held, und die Drainagen werden heute gezogen. Noch eine Nacht bei uns zur Beobachtung. Wenn sich an Ihren Werten und Ihrer Verfassung nichts verschlechtert, spricht aus meiner Warte nichts dagegen, Sie morgen auf die Innere zu verlegen. Aber die endgültige Entscheidung wird während der morgigen Visite gefällt.«

In meinen Ohren klang das schon jetzt wie ein Freispruch.

»Und wie geht es danach weiter?«, erkundigte sich Julian.

»Sobald seine Mobilität gewährleistet ist, wird Herrn Held der Urinkatheder abgenommen«, wandte sich der Chefarzt direkt an meinen Mann und schloss mit einem hörbaren Klappen die Kladde. »Auf der Station wird ihm von einer Stomaschwester der Umgang mit dem Ileostoma gezeigt. Sie wird ihn auch zu Hause betreuen. Alles Weitere wird auf der Inneren mit Ihnen abgesprochen.« Deutlich war zu spüren, dass er schon auf dem Sprung zum nächsten Patienten war und er mich gedanklich als »erledigt« abgehakt hatte. So stürmisch, wie er mein Zimmer betreten hatte, verließ er es.

»Das klingt doch super«, fasste ich das soeben Gehörte zusammen und sah zu Julian auf. »Dann kannst du mich endlich mit den Kindern besuchen.«

»Du musst nur sagen, wann und wo und wir stehen vor deiner Tür. Dann können wir dir richtige Blumen mitbringen.« Er zwinkerte mir zu und griff nach seiner Tasche, die er vorhin auf dem Boden abgestellt hatte. »Vergiss nicht, deine Eltern anzurufen«, ermahnte er mich und seltsamerweise erinnerte mich der Ton an Jana. Bei ihr hatte auch immer ein Lächeln mitgeschwungen, weil sie wusste, wie vergesslich ich sein konnte.

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