Kapitel 26

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Verdattert guckt ich ihn an, meine Gefühle waren wie eine Achterbahn; einerseits wollte ich ihn küssen, anderseits wollt ich ihn anschreiend, aber eigentlich wollte ich nur reden.                             
,,Daphne, ich kann das nicht.", sagte er leise und klang fast ein wenig hilflos. ,,In den letzten Tagen, als wir uns nicht gesehen haben...", er schwieg, aber diese Stille sagte mir so viel. Ich konnte mir vorstellen, dass nicht nur ich, sondern auch er eine schwierige Zeit alleine hatte. ,,Ich hab viel nachgedacht, wirklich viel.", wieder machte er eine kleine Pause, in der er mich nur anguckte. ,,Ich habe mir vorgestellt, wie es ohne dich wäre.", er guckte mir tief in die Augen. ,,Ich will das nicht.", flüsterte er nun leise und ich konnte Angst in seiner Stimme hören. Es überraschte mich, er schien immer so taff und noch nie hatte ich ihn in irgendeiner Weise so verletzlich gesehen. Ich hatte das Gefühl, als hätte er mir ein großes Geheimnis erzählt, als hätte er mir Einblick in etwas ganz Persönliches und Privates gewährt. Ohne darauf zu antworten schloss ich meine Arme um ihn, ich hatte das Gefühl, dass er das jetzt brauchte. Er legte sein Kopf in mein Haar und erwiderte die Umarmung. Wir uns noch nie so nah waren wie in diesen Moment.

,,Komm wir müssen gehen.", sagte er leise nach einer Weile und ich folgte ihn nach draußen. 

In den nächsten Wochen trafen wir uns oft, wir redeten viel und auf eine gewisse Weise lernte ich ihn erst richtig kennen. Er erzählte mir von seinen Freunden, seinen Träumen, seiner Vergangenheiten sogar von seinen Ängsten. Je Mehr Zeit wir zusammen verbrachten, desto wichtiger wurde er mir und wie ich das Gefühl hatte, ich ihm auch.


***


Es war ein Mittwoch, ein Tag ohne Unterricht bei Mr. Novak. Verträumt saß ich im Biologieunterricht und guckte aus dem Fenster. Es regnete gerade, die schweren Tropfen schlugen gegen die Scheibe und bildeten auf der Straße kleine Pfützen, die mit der Zeit immer größer wurden. Der Himmel war grau und trüb, er schien wie eine riesige unendliche Wolke.

,,Könntest du mir die Frage beantworten?", forderte mich mein griesgrämiger Biologielehrer auf, mit einem wütenden Gesichtsausdruck. Wieder in die Realität gerufen, guckte ich ihn an ,,Wie oft soll ich dich noch auffordern?", raune er sauer. Ich wusste nicht genau warum, aber aus irgendeinem Grund hegte er schon seit mehreren Jahren einen Groll auf mich, was er mich so oft er konnte zu spüren versuchte.,,Die Frage", wiederholte er und guckte mich herausfordernd an, da er genau wusste, dass ich nicht zugehört hatte. Angestrengt überlegte ich, wie ich seiner Wut dieses Mal entkommen konnte, doch mir fiel nichts ein, verwirrt guckte ich ihn nur an. ,,Du weißt es also nicht?", harkte er nach. ,,Wenn du dich nicht konzentrierst und dauerhaft abgelenkt bist, solltest du überlegen, vielleicht die Schule zu wechseln. So wird niemals etwas aus dir.", sagte er, als würde er mit etwas Abstoßendem reden. Meine Fäuste ballten sich, wie konnte er es wagen. ,,Vielleicht sollten Sie sich überlegen, einen Therapeuten zu suchen, wenn Sie sich so daran vergnügen Ihre Schüler runter zu machen.", erwiderte ich beleidigt. Fassungslos guckte er mich und drehte sich kurz darauf langsam um. ,,Scheiss Arschloch.", zischte ich, als ich dachte, dass er außer Hörweite war, doch er drehte sich blitzschnell um, so als hätte er nur darauf gewartet, dass ich ein Fehler machen würde. ,,6 Stunden Nachsitzen.", fauchte er, während es zur Pause läutete, wortlos packte ich meine Sachen und ging.

Kurz bevor ich den Raum betrat sprach mir Lou noch ihr Mitleid aus, doch ich zuckte nur mit den Schultern und öffnete die Tür. Mein Lehrer war schon da, er hatte sich in seinem Stuhl zurück gelehnt und eine Zeitung heraus geholt. ,,Deine Sachen liegen auf diesen Platz.", er deutete mit einem Finger auf einen Tisch, auf dem einige Arbeitsblätter lagen. ,,Nach der Stunde gibst du sie mir ab.", sagte er streng und ich begann. Die Zeit zog sich in die Länge, diese eine Stunde fühlte sich wie mindestens Fünf an. Gähnend blickte ich auf die schleichenden Zeiger, der Uhr. Noch nie in meinem ganzen Leben ist eine Stunde so langsam vergangen. Mit Mühen versuchte ich mich wach zu halten und starrte auf ein Blatt, was er mir zuvor ausgehändigt hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erhob er sich, unter lautem Schnaufen. ,,Das wars für heute, morgen geht es weiter.", meinte er kühl und verließ den Raum.

Als ich am nächstem Tag erneut unmotiviert die Tür des Raumes öffnete, um meine Strafstunden abzusitzen, wurde ich überrascht. Hinter dem Pult saß nicht mein grimmiger Biologielehrer sondern mein äußerst attraktiver Geschichtslehrer, Freude stieg in mir auf.
Als ich die Tür schloss nahm er, mit einem Schwung, seine Füße vom Tisch und richtete sich auf. ,,Heute übernehme ich deine Nachsitzstunden.", sagte er in einem verführerischem Tonfall und grinste genüsslich.

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