Kapitel 40 - Kein Entkommen

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Yamatos Sicht:

Nein, bitte nicht!
NEIN!

Panisch schlug ich meine Augen auf. Ich sah nichts als Dunkelheit. Für einen kurzen Moment hatte ich die Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum gewesen ist und ich in Wahrheit zu Hause war. Bei Hoshi...

Doch die mittlerweile gewohnte Kälte belehrte mich erneut eines Besseren. Ich war nicht zu Hause. Nein, ich war in Madaras Versteck und lag gefesselt in einer kleinen, kalten Zelle ohne einen Hauch von Tageslicht.
Frustriert atmete ich aus und schloss die Augen. Obwohl es kaum einen Sinn hatte, versuchte ich, meine Handgelenke aus den Fesseln zu befreien.

Durch Kabutos spezielles Gift konnte ich mich kaum bewegen. Die kleinen Bewegungen, die ich in diesem Moment machen konnte, waren auch nur möglich, weil die Wirkung des Giftes langsam nachließ.

Dies ist in den letzten Tagen öfter geschehen und jedes Mal begann die Tortur erneut, da Kabuto immer wieder berechnet hat, wann er mir eine neue Dosis injizieren musste. Das wiederrum war meistens der Zeitpunkt, wo sie versuchten Informationen aus mir herauszuquetschen.

Während des Anbutrainings sind wir auf genau solche Situationen vorbereitet worden.

,,Ertragt stumm den Schmerz. Wer schreit, ist schwach und Schwächlinge werden gebrochen. Eher solltet ihr für das Wohl des Dorfes und zur Erfüllung eurer Pflicht sterben, als Informationen preiszugeben, verstanden?"

Das waren die Worte, die man uns vor jedem Verhörtraining eingetrichtert hatte. Die Worte, die wir hörten, während wir viele Foltermethoden aus erster Hand erfuhren. Die Worte, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt hatten, während ich meine Schmerzensschreie herunterschluckte, weil ich wusste, dass es nur schlimmer werden würde, wenn ich geschrien hätte.

,,Wenn es euch der Feind nicht abnimmt, dann ist das Mindeste, was ihr tun müsst, um die Geheimnisse eures Dorfes zu schützen, euer eigenes Leben umgehend zu beenden!"

Beinahe hätte ich bitter über diese Erinnerung gelacht. Selbst wenn ich wollte und ich habe anfangs definitiv mit dem Gedanken gespielt, so hätte ich niemals die Gelegenheit gehabt, Selbstmord zu begehen. So umsichtig war Kabuto dann doch, dass er darauf achtete mir keine Vorlage zu geben.

Außerdem wollte ich mein Leben nicht dann beenden, als ich gerade einen Grund zum Leben bekommen habe. Ich wollte meine Zukunft mit Hoshi in vollen Zügen genießen. Mit ihr ein erstes gemeinsames Haus zu haben, sollte nur der Anfang für uns sein. Ich wollte noch so viel mehr mit ihr erleben und so viele unvergessliche Momente teilen. Das war jedenfalls mein innigster Wunsch. 

Schritte vor der Zellentür rissen mich aus meinen Gedanken und ich zwang meinen Körper, sofort still zu liegen. Meine Atmung hielt ich relativ gleichmäßig. Ich wollte ihnen nicht die Genugtuung geben, in mir Angst ausgelöst zu haben.

Doch während ich meine Atmung einigermaßen kontrollieren konnte, schlug mein Herz verräterisch schnell in meiner Brust. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich hätte keineswegs Angst gehabt. Anfangs dachte ich, dass ich nur mit Kabuto zurechtkommen müsste, aber ich musste mich schnell daran gewöhnen, dass dies nur Wunschdenken gewesen war.

Schon der Gedanke an Madaras kalte, emotionslose Augen und das, zu dem sie in der Lage waren, ließ mich leicht erzittern. Er hatte mir damit in das Innerste meiner Seele geblickt und innerhalb weniger Minuten so viele meiner behütetsten Gedanken und Geheimnisse enthüllt wie noch nie  jemand zuvor auch nur ansatzweise erfahren hat. Madara hat nicht alles aus mir rausbekommen, jedenfalls noch nicht, aber es war genug für ihn, um die darauffolgenden Genjutsu anzupassen.

Dabei erreichte er mit meinen Erinnerungen eine neue Form der Grausamkeit. Er ließ mich meine schlimmsten Momente aus der Kindheit wieder und wieder durchleben. Was aber noch viel schlimmer war, war die Tatsache, dass manchmal Menschen, die mir viel bedeuteten in diesen Illusionen auftauchten.

Die Schritte kamen vor der Zellentür zum Stillstand und für einen kurzen Augenblick herrschte eine unheimliche Stille. Dann wurde ein Schlüssel im Schloss gedreht und die schwere Metalltür öffnete sich. Ein heller Lichtstrahl fiel in die Zelle, welchen ich durch meine leicht geöffneten Augenlider wahrnahm. Jedoch schloss ich meine Augen sofort, als ich den Schatten bemerkte, der im Türrahmen emporragte. Es war das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit, dass die Dunkelheit, die mich umgab, verschwand. 

Ich hielt die Augen weiterhin geschlossen und tat so, als würden meine Kräfte weiterhin geschwächt sein. Die Person löste sich aus dem Türrahmen und schlenderte auf mich zu.

Als er mich so liegen sah, stieß Zetsu einen verächtlichen Laut aus, ehe er mir mit voller Wucht gegen die Rippen trat. Ich stöhnte auf vor Schmerz, auch wenn mir eigentlich zum Schreien zumute war.

Wegen meiner Reaktion kicherte die helle Seite Zetsus los. ,,Sieh an, wer aus seinem Traumland zurück in die Realität gekehrt ist.", höhnte er.

Ich funkelte ihn nur wütend mit meinem Blick an.

Dadurch lachte er noch mehr, doch seine dunkle Hälfte griff ein. ,,Genug jetzt! Madara und Kabuto warten schon.", grummelte die tiefe Stimme und ein unangenehmer Schauer lief mir den Rücken herunter.

Grob packte mich das pflanzenähnliche Wesen und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich eine abgrundtiefe Abneigung gegenüber einer Pflanze.

Zetsu zerrte mich aus der Zelle heraus und schliff mich durch das verwinkelte Versteck.

Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden, doch die Nachwirkungen des Giftes waren noch zu präsent. Es hatte keinen Zweck. Ich war einfach zu schwach in diesem Moment.

Wir erreichten den Raum, den ich leider schon viel zu oft von innen gesehen hatte.

,,Kabuto, ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir unserem Gast wieder seine Lieblingsmedizin verabreichen. Er sehnt sich schon so danach.", spottete die helle Seite Zetsus.

Der Angesprochene näherte sich mir und beugte sich über mich. Seine dämonischen gelben Augen und das fiese Grinsen ließen mir das Blut in den Adern gefrieren.

,,Aber natürlich. Und danach haben wir noch ein kleines Gespräch, oder Yamato?", erwiderte Kabuto mit selbstzufriedenem Unterton.

Er holte eine Spritze hervor und injizierte das Nervengift direkt in meinen Nacken.

,,Los jetzt! Mir reißt langsam der Geduldsfaden. Ich will diese Informationen!", ertönte eine dritte Stimme.

Hätte Kabuto mir nicht das Gift injiziert, hätte ich das Zittern meines Körpers beim Hören der kalten Stimme von Madara Uchiha vermutlich nicht unterdrücken können.
Alles in mir schrie, dass ich sofort irgendwie die Flucht ergreifen sollte, aber mein Körper reagierte nicht.

Zetsu packte meine Haare und riss meinen Kopf nach oben, sodass ich direkt in sein Sharingan sehen musste.

Was ich da sah übertraf alles an Folter und zerriss mir mein Herz wieder und wieder. Ich hätte in diesem Moment alles dafür getan, dass es aufhört.

Alles!

Herz der Natur [Yamato x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt