Hoshis Sicht:
Es waren mittlerweile einige Wochen vergangen, seit mir Kakashi die schreckliche Nachricht überbracht hatte.
Wie jeden Morgen in dieser Zeit tastete ich im Bett nach Yamato und wurde wieder enttäuscht. Das Einzige, was ich ertastete, war sein Pullover, der mittlerweile bestimmt schon den Geruch verloren hatte. Ich versuchte, es mir dennoch einzubilden, merkte aber, dass ich langsam scheiterte.
Seufzend schlurfte ich durch das Haus. Im Badezimmer angekommen, erblickte ich im Spiegel mein blasses Ebenbild mit dunklen Ringen unter den Augen. Vor einigen Wochen waren meine Augen vom Weinen gerötet und verquollen, aber ich konnte nicht mehr weinen. Es fühlte sich an, als wäre keine einzige Träne mehr da, um über meine Wangen zu laufen. Es war so, als wäre ich leer.
Und genau dieses Gefühl spiegelten meine Augen wider. Da drin war Trauer zu erkennen, aber vor allem Müdigkeit und gähnende Leere.
Ich versuchte nicht mehr, dies zu verstecken, also klatschte ich mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und wollte runter in die Küche gehen.
Dabei kam ich an meinem Lesezimmer vorbei. Die Tür hatte ich seit Yamatos Abreise nicht mehr geöffnet. Zu schmerzhaft war die Erinnerung daran, wie er an diesem Tag neben mir gesessen und das Regal für mich aufgebaut hatte.
Meine Hand bewegte sich wie von allein zum Türgriff und drückte ihn vorsichtig runter. Ich hielt die Luft an, während ich die Tür langsam öffnete, obwohl ich wusste, dass mich dahinter nichts erwarten würde.
Der Raum sah genauso aus, wie ich ihn verlassen hatte. In der Ecke stand ein Karton, in dem sich ein noch nicht aufgebautes Regal befand und daneben lag ein Hammer. Alles wie ich es erwartet hatte.
Das Einzige, was ich nicht erwartet hatte, war die Gestalt am Fenster.
Er hatte mit den Rücken zugedreht und blickte durch das Glas nach draußen. Er sah genauso aus wie an dem Tag, an dem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
Ich hielt mir die Hand vor den Mund und unterdrückte ein geschocktes Keuchen. Als hätte er das als sein Stichwort gesehen drehte sich der braunhaarige Shinobi um und musterte mich überrascht.
Sein Erstaunen verschwand und sein typisches warmes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus.
,,Hoshi", ertönte seine sanfte Stimme.
In meine Augen traten die Tränen und ich sah Yamato ein letztes Mal an, ehe ich sie schloss und mit erstickter Stimme flüsterte: ,,Du bist nicht real."
Als ich meine Augen eine Sekunde später öffnete, war der Raum komplett leer und nur die Sonne strahlte durch das Fenster.
Dann geschah das, was ich nach den letzten Wochen für unmöglich gehalten hatte: Ich bekam einen weiteren Heulkrampf.
Ich zog die Tür mit Wucht zu und ließ mich an ihr nach unten rutschen, während ich meine Knie mit den Armen an meine Brust zog. All die Gefühle des Verlustes, der Angst und der Wut keimten erneut auf und ließen mir kaum Luft zum Atmen.
Ich steigerte mich so sehr in die ganze Sache hinein, dass ich zurück ins Badezimmer stürzte und mich kurzerhand übergeben musste.
Ich weiß nicht, wie lange genau ich dort auf dem Badezimmerboden saß, nur, dass es eine ganze Weile dauerte, bis ich mich beruhigt hatte.
,,Du hast es versprochen.", wisperte ich immer wieder. ,,Du hast versprochen, dass du auf dich aufpassen wirst und jetzt? Gibst du so etwa auf dich Acht?"
Ich weiß, es war nicht richtig, wütend auf Yamato zu sein, aber in dieser Situation war ich ein reines Nervenbündel und hatte noch keine Ahnung, was er alles zur selben Zeit durchmachte.
Nachdem ich mich eingermaßen beruhigt hatte, lief ich nach unten, jedoch nicht, um etwas zu essen. Appetit hatte ich seit Wochen nicht mehr wirklich und essen tat ich nur meinem Körper zuliebe, da ich wusste, dass ich wenigstens irgendwas zu mir nehmen musste, um bei Kräften zu bleiben.
Ich verließ das Haus und setzte mich auf die Stufen der Terasse. So hatte ich fast jeden vergangenen Tag verbracht, da sitzend und wartend.
Am Anfang waren Kurenai, Kota und Aiko noch vorbeigekommen, in der Hoffnung mich aus diesem emotionalen schwarzen Loch zu ziehen, doch sie erkannten schnell, dass ihre Anwesenheit nichts dagegen ausrichten konnte. Vermutlich hatte ich mich ihnen gegenüber auch nicht sonderlich offen gegenüber verhalten, sondern eher abweisend, wodurch ich ihnen zu verstehen gegeben hatte, dass ich für mich sein wollte.
Jedenfalls kamen sie dann nur noch seltener, sprachen nicht mehr so viel mit mir, wenn sie neben mir saßen, und blieben schließlich völlig fern von mir. Manchmal tat es mir weh, ganz allein zu sein, aber andererseits konnte ich es nicht ertragen, wenn sie versuchten, mich mit übermäßigem Optimismus zu trösten.
Es war alles nicht sonderlich einfach und vielleicht verkomplizierte ich die Situation, aber so war es nun einmal und ich konnte es nicht ändern.Ich starrte weiter vor mich hin, als ich durch ein grelles Licht plötzlich geblendet wurde. Ich sah in den Himmel und stellte fest, dass der Mond am hellichten Tag noch da oben zu sehen war. Doch es war nicht der normale Mond.
Dieser Mond war blutrot und hatte ein seltsames Muster in sich. Er war einschüchternd. Doch ich konnte meinen Blick nicht davon abwenden, so hypnotisierend war er zugleich.
Danach wurde mir schwarz vor Augen und ich hatte das Gefühl, auf ewig zu fallen und niemals den Boden zu erreichen.
DU LIEST GERADE
Herz der Natur [Yamato x OC]
RandomEine junge Frau wird bewusstlos im Wald gefunden. Ihre zwei Retter bringen sie nach Konoha. Doch sie scheint etwas zu verbergen und ihre Vergangenheit holt sie langsam ein... ⚠️WARNUNG⚠️: Dieses Buch enthält Spoiler zu Naruto und Naruto Shippuden...