Kapitel 6

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Sorry, dass nicht so viel passiert ...

Als Severus die Haustür öffnete, schlug ihm der Geruch von abgestandner Luft entgegen. Er war noch keine zwanzig Stunden weg, aber es kam ihm vor wie eine Ewigkeit. Er trat ins Wohnzimmer. Der leergeräumte Esstisch und die blutigen Kleider, die in einer Ecke lagen, erinnerten noch an das, was nur Stunden zuvor geschehen war. Mit dem Wink seines Zauberstabes ließ der Tränkemeister nun die Kleidung endgültig verschwinden, dann richtete er den Tisch wieder und stieg dann in den ersten Stock. Seufzend ging er ins Bad, zog sich aus und trat unter die Dusche. Severus war unendlich müde und erschöpft, nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Das alles hatte ihn mehr mitgenommen, als er sich selber eingestehen konnte. Seine eigene Vergangenheit holte ihn wieder ein. Auch er war mit Gewalt aufgewachsen. Sein Muggelvater hatte ihn immer wieder geschlagen und gedemütigt, besonders wenn er getrunken hatte. Doch etwas unterschied Severus von den beiden Jungen, er hatte eine liebende Mutter, die sich trotz ihrer Depressionen um ihn kümmerte, ihn allzu oft aus der Schussbahn nahm, ihm half, nicht zu verzweifeln. Lange konnte er ihr nicht verzeihen, dass sie nicht gegangen war, aber heute sah er es anders.

Er drehte das Wasser aus und stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und zog neue bequemere Sachen an. Er musste dringend schlafen und das würde wohl im Krankenhaus sein. Er wusste nicht, warum ihm gerade das Wohl von Dudley so am Herzen lag, vielleicht, weil der Junge niemanden hatte, wohingegen Harry immerhin auf Sirius und Remus zählen konnte. Seufzend ging er in die Küche und aß schnell noch etwas, ehe er sich wieder den Umhang umwarf und das Haus verließ.

Remus hatte das Zimmer, in welchem Dudley lag schnell gefunden. Er zögerte, als er die Hand schon auf der Klinke hatte. Was sollte er dem Kind erzählen? Auf der anderen Seite, wollte er ihn kennenlernen, denn wenn es stimmte, was Sirius und auch Severus erzählt hatte, dann waren Dudley und Harry sich so nah wie Brüder. Vorsichtig betrat er das Zimmer. Dudley saß im Bett und hatte ein Buch auf den Knien, erschrocken sah er auf, als er die Tür hörte. Remus lächelte. Der Junge hatte dunkelblondes wirres Haar und tiefblaue Augen, die aber jeden Glanz vermissen ließen. Er war schmal, ähnlich wie Harry, aber schien etwas größer zu sein, als sein Cousin. Ängstlich drückte er sich etwas weiter in die Kissen, als Remus näher trat.

»Hey, hab keine Angst. Mein Name ist Remus Lupin. Ich bin ... also ich lebe mit Sirius zusammen, der Mann, der dich und Harry zu Severus brachte«, erklärte er etwas unbeholfen. Sofort schien sich Dudley ein wenig zu entspannen. Remus nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett.

»Wie geht es dir?«, wollte er dann wissen.

»G-Gut ... nur ein bisschen husten noch«, sagte Dudley schüchtern.

»Das ist gut. Sirius hat erzählt, dass du Harry gerettet hast?«

»Ähm ... ich weiß nicht ... ich dachte einfach, dass er Hilfe braucht. Er sah ganz schlimm aus«, sagte Dudley und spielte nervös mit seiner Bettdecke.

»Ja und das hast du gut gemacht«, sagte Remus sanft.

»Ich weiß nicht ...«, sagte der Junge nun nachdenklich.

»Was weißt du nicht?«

»Ob ... ob es so gut war, wegzulaufen«, sagte Dudley und starrte auf seine Fingernägel.

»Warum?«, fragte Remus sanft und der Junge sah auf. Tränen sammelten sich in den blauen Augen.

»Weil ... weil, wir jetzt vielleicht nicht zusammenbleiben können«, sagte er und schluchzte. Er zog die Knie an und vergrub das Gesicht in den Händen. Remus schluckte schwer, dann streckte er die Hand aus und berührte Dudley an der Schulter. Sofort zuckte der Junge heftig zurück und atmete schwer, aber beruhigte sich, sobald er spürte, dass Remus ihm nichts tat.

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