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Ich konnte mir einfach nicht erklären, was vorgefallen sein sollte. Sein Verhalten mir gegenüber war absolut undurchsichtig für mich.

Manchmal hatte ich das Gefühl, er mochte mich wirklich, wenn er mir nette Worte sagte, mir Komplimente machte, mich in den Arm nahm, meine Hand hielt oder sogar mit mir tanzte.
Und dann war er doch wieder so distanziert und blockte ab und ich konnte mir nicht zusammenreimen, woran das lag.

Natürlich hatte er mit seiner ungewissen Vergangenheit zu kämpfen, weshalb ich auch nachvollziehen konnte, dass er manchmal traurig und in sich gekehrt wirkte, doch das allein konnte es doch nicht sein.

Ich hatte mir fest vorgenommen, mich emotional nicht mehr so sehr von ihm beeinflussen zu lassen, doch es fiel mir zugegebenermaßen immer schwerer.

Nachdenklich fuhr ich mit meinen Augen den Teppichboden ab, denn ich war einfach nicht in der Lage meinen Patienten anzusehen.

Ich wollte auf seine Aussage hin einfach nur nicken und mich dann auf den Weg nach unten machen, mein Sesselbett herrichten und hoffen, dass sich mein Innerstes so schnell wie möglich beruhigen würde.

Doch es kam alles ganz anders.

„Wir ... wir müssen hier nicht liegen, wenn du nicht willst Lynn. Ich verstehe, wenn es dich zu sehr belastet im Bett deiner Eltern zu sein.
Ich hatte gehofft, dass ein Film, den wir uns gemeinsam anschauen, uns etwas von unseren Problemen ablenken könnte, doch dass du dich hier oben unwohl fühlst, möchte ich auf keinen Fall, sondern ... "

Vollkommen perplex starrte ich ihm in seine hellen grün-braunen Augen und konnte kaum glauben, was ich gerade gehört hatte.

Ich hatte mich unglaublich getäuscht. Er wollte mich hier haben. Doch anscheinend hatte ich unbewusst einen derart traurigen Gesichtsausdruck aufgesetzt, der ihm vermittelte, dass ich hier nicht sein wollte.

Aber dem war nicht so. Ich wollte.

„Nein!", fuhr ich ihm ins Wort.
„Nein, schon gut. Es ist in Ordnung für mich", verteidigte ich mich und schlug schnell die Decke meiner Seite auf, denn ich wollte keinen Rückzieher machen.

„Lynn...", begann mein Gast mit mitleidiger Stimme, doch ich ließ ihn nicht ausreden, denn ich musste verhindern, dass sich ein weiteres Missverständnis zwischen uns stellen würde.

Ohne seinen Blick aus meinen Augen zu lassen, setzte ich mich demonstrativ auf die Matratze, bevor ich zu sprechen begann.

„Ja es stimmt, ich habe an meine Eltern gedacht. Hier oben haben wir viel Zeit zusammen verbracht und Filme geschaut, Geschichten erzählt und auch oft gefrühstückt.
Als ich mich eben daran erinnerte, wie meine Mutter mich damals in diesem Bett in den Arm genommen hat, wurde ich tatsächlich wieder nachdenklich.
Aber ... das ändert nichts daran, dass ich es möchte.
Ich möchte hier sein - mit dir."

Überrascht sah mein Patient mich an.

„... und ... einen Film sehen", fügte ich daher schnell hinzu und brachte mit warmen Wangen ein verkniffenes Lächeln heraus, um die Situation zu entschärfen.

Kurz hatte ich das Gefühl, er musterte jeden Quadratzentimeter meines sicherlich erröteten Gesichts, bevor er auf das reagierte, was über meine Lippen gekommen war.

„Okay, wenn es das ist was du willst ...", meinte er dann frech grinsend „... komme ich deinem Wunsch nach."

Oh Herr!

Kaum hatte ich die Sache klargestellt, machte er wieder zweideutige Anspielungen. Obwohl ich ihn daraufhin belustigt anlachte und gleichzeitig den Kopf schüttelte, konnte ich innerlich nicht so locker damit umgehen, wie es von außen aussah.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt