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Ich konnte kaum glauben was ich dort vor mir sah.

Niemals hätte ich es für möglich gehalten, so einen Volltreffer bei der Suche nach Hinweisen über die Vergangenheit meines Patienten zu landen.

Für mich war die Sache glasklar, nachdem ich das Foto von Connor Fox auf dem alten Laptop meiner Freundin gesehen hatte - und jeder, der etwas anderes behauptete, musste in meinen Augen blind sein.

Mit offenem Mund fokussierte ich das Gesicht des Moderators und versuchte stumm meine Gedanken zu sammeln.

Mein Gast hatte bisher ebenfalls noch nichts gesagt.

War er genauso geschockt wie ich? Hatte es ihm auch die Sprache verschlagen? Wusste er bereits wer Connor Fox war und konnte sich an ihn erinnern?

Langsam löste ich meinen Blick vom Bildschirm und sah ihn an. Seine Augen verharrten noch einen Moment lang auf dem Foto, bevor er meinen Blick erwiderte.

Angespannt starrten wir uns an und mein Herzschlag beschleunigte sich noch mehr.

„Siehst du ... es auch?", fragte ich ihn leise, bevor ich meine Lippen aufeinander presste - in der Hoffnung ich könnte somit den Stress abbauen, der in mir aufgekommen war.

Kaum sichtbar nickte er, ohne seine Miene zu verziehen. Sie wirkte wie versteinert. Ich bemerkte, dass er unter dem Tisch damit begann, am Saum seines Pullis zu zupfen und sich gleichzeitig immer wieder so fest auf die Zähne biss, dass seine Schläfenmuskeln beinah herauszuspringen schienen.

Seine andere Hand lag immernoch unter meiner. Sie schien mir vor Kälte beinah abzusterben.

Dass wir beide unabhängig von einander bemerkt hatten, was uns an Connor nervös machte, war ein gutes Zeichen. Somit hatten wir die Bestätigung, dass wir richtig lagen. Wir hatten endlich einen Anhaltspunkt und wussten, dass wir uns auf dem Weg zum Ziel befanden.

Denn Connor hatte exakt die gleiche Augenfarbe wie mein Patient.

Dieses helle Grün gemischt mit Karamell, das mir seit einigen Tagen ununterbrochen entgegen leuchtete, würde ich unter 1000 anderen Iriden sofort wiedererkennen können.
Doch wäre Connors Augenpaar ebenfalls unter ihnen in der Auswahlmenge, bekäme ich höchstwahrscheinlich Schwierigkeiten, sie von denen meines Gastes zu unterscheiden.

Connor hatte hellere Haare und somit auch hellere Wimpern als er. Die Details der Sprenkel in seinen Augen waren auf dem kleinen Bild am PC natürlich nicht erkennbar, doch die Farbe passte eins zu eins.

Niemand hätte leugnen können, dass diese beiden verwandt sein mussten.

„Er ... er hat genau meine Augenfarbe", gab mein Patient mit dünner Stimme von sich, ließ den Stoff seines Hoodies los und rieb sich die feuchte Hand an seiner Hose ab, ehe er wieder seine Kaffeetasse mit voller Kraft umklammerte.

„Ja, die hat er. Ich bin mir sicher, dass ihr gleiche Gene habt. Anders wäre das kaum zu erklären."

Mein Patient sah zu Boden und nickte. Sein Brustkorb bewegte sich kaum - er atmete schnell und flach.

Ich fuhr mit meinem Daumen über seine Knöchel und hoffte, ich könnte ihn damit etwas beruhigen.

Als er die Bewegung meines Fingers spürte, sah er langsam wieder zu mir auf und ich musste feststellen, dass er glasige Augen hatte. Das schöne Grünbraun war von Tränenflüssigkeit bedeckt.

Bei diesem Anblick schossen mir ebenfalls sofort die Tränen in die Augen.

Doch es waren bei keinem von uns welche, die durch Traurigkeit entstanden waren, sondern durch Freude. Durch die Erleichterung, endlich etwas herausgefunden zu haben, durch die Gewissheit, endlich vorangekommen zu sein und auch die Amnesie bekämpfen zu können. Und vielleicht auch, den Kriminellen auf der Spur zu sein.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt