21. Die Tore zur Hölle

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 »Nein«, rief James zurück. Seine Stimme klang seltsam unterdrückt, als wolle er keinesfalls Lärm erzeugen. »Ich glaube... Wir haben da was gefunden.«

Eilig lief der Rest von ihnen herüber und lugte vorsichtig über den Busch hinweg. Kalila stockte fast der Atem. Vor ihnen, keine zehn Meter entfernt, hoben sich zwei dunkle Gestalten wie schmutzige Ölflecken vom Wald ab. Die eine hatte spitz zulaufende Ohren, welche nahtlos in ein dreckig braunes Fell übergingen, das seinen gesamten Körper überzog. Man hätte fast meinen können, es handele sich um einen Wolf oder einen verwahrlosten Hund, hätte das Wesen nicht auf zwei Beinen gestanden und beinahe menschliche Gesichtszüge gehabt. Die Kreatur fauchte bestialisch und machte dann einen Satz auf die andere Gestalt zu. Zwischen beiden entstand ein Gerangel, durch das Kalila nur schwer die Erscheinung des zweiten Wesens ausmachen konnte. Es wirkte wie ein übergroßes Reptil, dunkle Stachel grüner Schuppen zogen sich wie ein Kamm über Rücken, Arme und Beine.

Das Reptilwesen holte aus und verpasste seinem Kontrahenten mit seiner stacheligen Faust einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Dünne Blutspritzer landeten auf dem Waldboden, als das Wesen mit dem dichten, nun rot durchnässten Fell rückwärts ins Dickicht stolperte. Das Reptilwesen grinste triumphierend und entblößte dabei zwei spitze Reißzähne, die Kalila allzu sehr an Ezechiel erinnerten. Im Gegensatz zu dem anderen Wesen hatte es viel menschlichere Gesichtszüge und hätte fast als solcher durchgehen können, wären nicht der dichte Schuppenkranz und die monströsen Zähne gewesen.

Bevor sie begreifen konnte, was vor ihren Augen geschah, sprang der Wolf-aber-irgendwie-auch-nicht-Wolf aus den Büschen und stieß das Reptilwesen zu Boden. Verbissen drosch er auf dessen Gesicht ein und versuchte dann, ihm mit raschen Bewegungen die Augen auszukratzen. Doch das Reptilwesen war schneller. Es rang den Wolf zu Boden und nagelte ihn dort mithilfe seines eigenen Gewichts fest.

Kalila blickte ihre Freunde an, um sich zu vergewissern, dass sie dasselbe sahen. Die aufgerissenen Augen der anderen bestätigten, dass sie nicht halluzinierte.

Während das Reptil den Wolf weiterhin am Boden hielt und würgte, erholte sich ihr Verstand allmählich von dem Schock. Die beiden Wesen waren Dämonen. Nicht nur das, es waren auch noch Qarins, die Rangniedrigsten, die mehr Tier als Mensch ähnelten. Die Art, wie die Wunden an beiden Dämonen klafften und Blut den Waldboden tränkte, musste es sich um vertragslose handeln. Kein Dämon, der an einen Menschen gebunden war, würde in einem Kampf derartige Schläge einstecken.

Kaum einen Wimpernschlag später packte der reptilartige Dämon seinen Gegner am Kopf schlug seinen Kopf auf den Waldboden. Dann packte er mit einer Klaue grob dessen rechtes Ohr und mit der anderen dessen Hals. Er machte ein angestrengtes Gesicht und Kalila brauchte einen Moment, bis sie verstand, dass er zog. Er zog und zerrte an dem Kopf des Wolfdämons, bis ein widerliches Geräusch von aufreißendem Fleisch erklang.

Der Wolf heulte. Kalila kauerte sich tiefer hinter den Busch. Der reptilartige Dämon riss noch einmal kräftig an dem Ohr des anderen, als es sich auch schon in einer grässlichen Blutfontäne von dessen Kopf löste. Der zweite Dämon jaulte schmerzerfüllt auf und hielt sich die blutende Wunde. Zwischen seinen Fingern blitzte etwas helles auf, was nach einem Stück freigelegter Schädeldecke aussah.

Unwillkürlich musste sie schlucken. So verhielten sich also vertragslose Dämonen. Kein Wunder, dass Amir sich immer von ihnen ferngehalten hatte.

Neben ihr kam ein Würgen von James. »Warum kämpfen die miteinander?«, flüsterte er.

»Das sind Dämonen.« Samuel starrte durch die Äste abfällig die beiden Qarins an. »Brauchen die einen Grund, um sich gegenseitig in Stücke zu hacken?«

Von Khemu kam ein zustimmendes Grunzen. »Weißt du noch das eine Mal, als Saif versucht hat, Azrael die Augen auszukratzen?«, fragte er Samuel. »Das war lustig.«

Kalila Edward - RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt