Das Baumhaus

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"Jetzt sag schon, was hast du rausgefunden?", fragt Captain Hook ungeduldig. Langsam drehe ich mich um und grinse ihn an. Kurz bevor er platzt fängt er an mich durchzuschütteln. "Sag.Was. Hast. Du. Gesehen?" Ich beschließe ihn nicht länger auf die Folter zu spannen und erzähle ihm jedes kleine Detail. Geschockt stolpert er einige Schritte zurück, als ich meine Erzählung beendete. Verwundert sehe ich ihn an. Was hat er bloß? "Was ist los? Warum weichst du zurück?", frage ich besorgt. Nach einigen Augenblicken fängt sich Hook wieder und schüttelt den Kopf. "Nichts ist los, meine Liebe. Ich war nur so unendlich stolz auf mein Ein und Alles!", flüstert er mir zu und ich konzentriere mich nicht das Gesicht von seiner Alkoholfahne zu verziehen. Er zieht mich zu sich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Ich bin sehr enttäuscht, als er sich von mir löst und sich wieder aufrichtet. Andererseits muss ich mir jetzt das Gesicht waschen, denn obwohl ich den Kuss genossen habe, konnte ich seinen schlechten Atem nicht vergessen. Während ich mir die Wange schrubbe, denke ich an den Kuss und den Moment davor zurück. Sofort überströmen mich Glücksgefühle, bis meine Gedanken wieder zu Peter schweifen. Was hat es mit dieser Penelope auf sich? Und jetzt mal im Ernst, dachte er wirklich, er könnte mich mit dieser Nummer wieder zu ihm locken? Ich bin doch kein kleines, verliebtes, naives Dummchen! Voller Vorfreude auf den nächsten Tag gehe ich ins Bett und schlafe mit einem Lächeln ein.

"Steh auf Liebes, ein neuer Auftrag erwartet dich.", werde ich von Hook geweckt. Erstaunt bemerke ich den Kuss, den er mir auf die Stirn drückt und richte mich sofort auf. Ich freue mich tierisch, dass er meine Liebe erwidert. Nach dem Frühstück packe ich meine Waffen ein und verabschiede mich von Hook und gehe auf ein neues Abenteuer zu. Dieses Mal habe ich das Unsichtbarkeitspulver schon an Bord aufgetragen und schleiche in den Dschungel in Richtung Camp. Auf halbem Weg überlege ich nicht doch umzukehren und nach den Lost Boys oder Peter zu suchen um aktuelle Informationen herauszufinden, aber vielleicht finde ich ja etwas in ihren Baumhäusern. Als ich am Camp ankomme ist es totenstill und ich schleiche ganz langsam an den Baumhäusern vorbei und halte nach Peters Ausschau. Eins fällt mir besonders auf. Es ist eines der zwei Größeren, sieht aber aus als wäre es schon seit einiger Zeit nicht benutzt wurden. Ich beschließe in das frischere und sauberere Haus zu gehen und tatsächlich deutet alles daraufhin, dass dieses Baumhaus Peter gehört. In einer Ecke des kleinen Raumes finde ich ein Holzbrett, dass nicht ganz im Boden steckt. Mit aller Kraft stemme ich es auf und entdecke darunter einen Haufen Zeichnungen. Es sind Zeichnungen von Neverland, von den Bewohnern und... von einem Mädchen. Das Mädchen hat wunderschöne, braune, leicht gelockte Haare und große blaue Augen. Ob das Penelope ist? Ich blättere alle Zeichnungen durch, mit der Hoffnung noch andere Hinweise zu finden. Doch die meisten Zeichnungen sind von dem fremden Mädchen. Peter hat sie und auch manchmal sich in jeder Lebenslage gezeichnet. Meine Lieblings Zeichnung ist die auf der das Mädchen und Peter von ganzem Herzen lachen. Woher nimmt Peter sich die Motive? Merkt er sich ihre Gesichter? Nicht ablenken lassen, Wendy! Tatsächlich finde ich noch eine kleine Notiz, als ich gerade alles zusammengepackt habe.

Es ist so schön hier auf Neverland! Zusammen mit Penelope erlebe ich einen spaßigen Tag nach dem anderen! Von mir aus könnte es immer so weiter gehen, aber ich merke, dass sie zunehmend einsamer wird. Ich glaube sie wünscht sich mehr Gesellschaft, aber ich muss auch sagen, dass es mit mehr Kindern bestimmt viel lustiger wird! Übermorgen werde ich sie mitnehmen, nach London und dann holen wir uns neue Spielkameraden. Ich hoffe, dass sie sich darüber freut.

Plötzlich höre ich Geräusche und schrecke auf. Schnell stopfe ich die Notiz unter das Brett und stelle mich weit weg, in der Hoffnung, dass niemand hierher kommt. Natürlich müssen die Schritte gerade direkt vor der Strickleiter stoppen. Ich halte die Luft an und bete, dass Pan mich nicht entdeckt. Ich öffne meine Augen und sehe.. Hook? Was macht er denn hier? "Wendy? Darling, bist du hier?", fragt er nervös. " Ja ich bin hier, warte!", ich nehme ihm die Wasserflasche aus der Hand und übergießen mich damit. Endlich sieht er mich und rennt überglücklich auf mich zu und zieht mich in eine Umarmung. Da ich ziemlich groß bin, kann ich über seine Schulter hinweg auf die Tür schauen, in der plötzlich ein kochender Peter Pan steht.

The Never NeverlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt