3. Kapitel- Schrecken der Dunkelheit

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Elladan, Estel!" flüsterte Elrohir energisch, während er versuchte, sie wach zu schütteln. Elladan saß sofort kerzengerade und schaute seinen Bruder verwirrt an. „Ich habe eben etwas gehört und kurz darauf habe ich Licht gesehen. Es ist jemand oder etwas in der Nähe. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch rechtzeitig zu entkommen." Erklärte der Jüngere der beiden Zwillinge. Er war sich sicher mindestens ein Dutzend Fackeln gezählt zu haben, was die Fremden, ob Freund oder Feind, in die Überzahl stellte. „Na dann los, packt schnell die Sachen!" Estel war auch erwacht und sprang mit einem beachtlichen Tempo zu den Pferden, um diese mit ihren Bündeln zu beladen. Innerhalb von kürzester Zeit saßen auch die Elben auf und leise trabten sie in ihre dunklen Umhänge gehüllt davon. Sie ritten durch die Furt, an der sie campiert hatten und preschten immer weiter gen Osten.

Nachdem sie einige Zeit im Schutz der Dunkelheit geritten waren, neigte sich die ständige Finsternis endlich dem Ende und sie sahen vor sich, über dem großen Wald, die goldene Sonne aufsteigen. Durch die bessere Sicht konnten sie auch erkennen, dass sie ihre Verfolger entweder abgehängt oder gar nicht von ihnen bemerkt worden waren. Sie verringerten ihr Tempo und ritten fortan im Schritt weiter. Durch den von ihnen genommenen Druck, lockerte sich auch endlich die Stimmung und sie begannen darüber zu diskutieren und zu rätseln, welche Gestalten ihnen an der Furt begegnet waren. „Ich wette das waren Orks! Die Biester streifen doch überall durch Mittelerde!" meinte der Jüngste, einen Hauch von Abenteuer in seiner Stimme, denn er war bisher nur wenigen begegnet, führte er doch ein geschütztes Leben in Bruchtal. Elrohir schaute besorgt in die Ferne, noch immer darauf bedacht, mögliche Feinde zu erkennen und Alarm zu schlagen. „Ja, womöglich hast du recht. Aber weshalb sollten sie Fackeln bei sich tragen? Das macht doch keinen Sinn!" - „Nein, das stimmt. Orks verabscheuen Licht und ich habe noch nie etwas von welchen gehört, die nachts mit Fackeln durch die Gegend laufen. Ich tippe auf Elben, Menschen oder Zwerge, die so wie wir eine einfache Reise unternehmen. Vielleicht war es aber auch ein Bote mit einer Eskorte, der eine wichtige Nachricht überbringt." Versuchte der Älteste die beiden Jüngeren nun zu beruhigen. „Ja, das kann sein. Ada hat schon einige Boten empfangen, die mitten in der Nacht ankamen, weil irgendjemand schwer verletzt ist."

Nach einigen Tagen, in denen sie westlich des Waldes immer weiter in Richtung Norden geritten waren, erreichten sie endlich das Tor der Waldelben. „Gut, hier ist der Weg, lasst uns versuchen so weit wie möglich zu kommen." Andächtig führten sie ihre Tiere durch das von Efeu und Ranken bewachsene Tor, und trabten anschließend wieder an, wobei besonders Estel sich immer besorgter umschaute. Er konnte sich nicht vorstellen, dass in diesem Wald irgendetwas wuchs und lebte, was nicht abgrundtief böse war. Desto weiter sie in den Wald gelangten, desto dunkler wurde es. Das liebliche Gezwitscher, das ihm so vertraut war, erstarb und stattdessen konnte er den Wind unheimlich in den Zweigen der alten Bäume rauschen hören. Bisher war ihnen noch nicht ein Lebewesen begegnet oder besser gesagt, sie hatten noch keines gesehen. Estel wollte gar nicht wissen, welche Geschöpfe sie vielleicht beobachtet hatten und noch beobachten würden. Er hatte Geschichten von diesem Wald gehört, in denen von der Brut von Ungoliant die Rede war, Geschichten in denen Reisende hinein, aber nie wieder herausgekommen waren und Geschichten über den furchterregenden König des Waldes. Es hieß er sei kälter und unnahbarer als der kühlste Winter und sein Zorn sei lodernder als die Lava im Grunde des Schicksalsberges. Wer ihn entzürnt habe, wolle lieber die Rache Saurons selbst, als der des sagenumwobenen Sindars zum Opfer fallen. Estel würde es nicht offen zugeben, besonders nicht vor seinen Brüdern, aber er hatte Angst und fürchtete sich. Natürlich waren all dies nur Sagen und Geschichten, aber hatte nicht jede Geschichte einen wahren Kern? Und war dieser Wald nicht genauso unheimlich, wenn nicht sogar noch unheimlicher, als die Geschichten es sagten?

Verlorenes LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt