5. Kapitel Der König des Waldes

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f378f 21.November 2021

Der Weg führte ihn einmal quer durch die große Haupthöhle, vorbei an etlichen Wachen, die allesamt vor ihm Prinzen salutierten. Kurz bevor er jedoch in den Gang treten konnte, wurde er von hinten her angesprochen. „Kommst du aus dem Wald?" Legolas brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer hinter ihm stand. Der Klang der Stimme war ihm so vertraut, wie der Umgang mit Pfeil und Bogen. „Arien!" sprach er, ohne sich umzudrehen. Tat es aufgrund des Anstandes dann aber doch, und wahrhaftig, es war die Chefköchin der Hallen. „Ich habe dich schon lange nicht mehr gesehen!" grüßte er sie freundlich, wobei ihm der lange, musternde Blick nicht entging, der ihm die Frage noch einmal zu stellen schien. „Ja. Ich war im Wald." „Das kann man sehen." Mit der Antwort hatte er nicht gerechnet und als er an sich herunterschaute, fiel ihm auf, dass sich einige Erdklumpen, Blätter und Zweige in seiner Kleidung angesammelt hatten. „Und wohin will unser edler Prinz?" Legolas grinste, es verwunderte ihn eigentlich, dass sein Vater ihn nicht darauf angesprochen hatte oder es ihm zumindest selbst aufgefallen war. „Unsere Gäste abholen, um sie zu Ada zu führen. Sie machen sich noch frisch." „Und das solltest du auch." Legolas nickte, doch da erinnerte er sich, dass sowohl sein Vater als auch seine Freunde ihn erwarteten. „Ist gut, aber könntest du mir einen kleinen Gefallen erweisen?"

Es klopfte. Endlich, wie sich Estel dachte, denn seine Neugierde wuchs mit jeder Sekunde. Er wollte den Elbenkönig endlich treffen, immerhin war es so oder so unvermeidlich. Er wollte herausfinden, ob die Sagen stimmten. Er wollte sich schon zur Tür bewegen, um sie zu öffnen, doch da sah er schon, wie Elladan dies tat. Er schielte an seinem Bruder vorbei, doch der Elb, der vor der Tür stand, war nicht der Blonde, denn sie im Wald aufgegriffen hatten oder besser gesagt sie aufgegriffen hatte. Es war nicht einmal ein Elb. Vor der Tür stand eine Elleth, die einen knappen Kopf kleiner als seine Brüder war und sie freundlich anlächelte. „Guten Abend! Ich wurde geschickt, um sie zum König zu führen." Etwas verwirrt traten Estel und Elrohir an die Seite ihres Bruders und stellten fest, dass dieser nicht minder verwirrt war. „Guten Abend. Das ist sehr freundlich von Euch, aber wollte Legolas uns nicht eigentlich abholen?" „Das wollte er, aber ihm ist noch etwas dazwischengekommen. Seid Ihr bereit?" Die drei Brüder nickten und folgten der Dame, die sie zielstrebig durch den Gang auf eine Plattform führte, von der aus sie einige Treppen, Brücken und weitere Plattformen betraten und wieder verließen.

Nach einiger Zeit konnte Estel eine etwas erhöhte Plattform ausmachen, die zentral gelegen war. Im Gegensatz zu allen anderen, führte nur eine einzige Treppe zu ihr hin. Außerdem war sie von vier der verzierten Säulen umgeben, die in einer beachtlichen Höhe von großen – ebenfalls reichlich geschmückten- Bögen gesäumt wurden. Keine der anderen Plattformen reichte überhaupt in die Nähe einer Säule. Je näher sie kamen, desto mehr Details fielen ihm auf, die das Plateau von den anderen unterschied. Eine Vielzahl an Wächtern war dort positioniert und sie schien in die Höhe zu reichen. In dieser Höhe schien ein gewaltiges Geweih angebracht zu sein. Ein Thron. Die Erkenntnis traf ihn schlagartig und endlich begann alles Sinn zu machen. Die reichlichen Verzierungen, die Höhe, ja sogar die Wachen. Sie gingen direkt auf die Treppe zu und als sie über die Stufen nach oben gingen, begegneten sie den ersten Wächtern, die nicht wie die Torwächter nach ihrem Anliegen fragten, sondern sie einfach passieren ließen. Endlich konnte er das ganze Podium überblicken. Das Geweih stellte sich tatsächlich als die Lehne eines großen hölzernen Thrones heraus, der nur über eine weitere, abgerundete, Treppe zu erreichen war.

Doch, ehe er sich noch länger umschauen konnte, erhob sich eine feste, aber dennoch ruhig klingende Stimme. „Von seinem Thron erhob sich der letzte Elbenkönig und schritt langsam die gewundene Treppe hinab. Sein Haar war silberblond, identisch dem des Blonden, den sie im Wald getroffen hatten. Es fiel schlicht von den Schultern und wurde nicht von aufwendigen Zöpfen, Flechten oder Klammern gehalten und geziert. Stattdessen thronte eine Krone auf seinem Haupt. Aber keine Krone, aus Gold oder Silber, so wie sie die Menschen- und Zwergenfürsten trugen und auch kein schmaler Reif, wie ihn die Elben aus Bruchtal und Lorien liebten. Dieses Schmuckstück spiegelte die Verbundenheit zur Natur wider, so wie es die Hallen selbst ebenfalls taten. Sie bestand aus gewundenen Zweigen, die sich von den spitzen Ohren aus einmal um den Hinterkopf legten und dort immer wieder zu Zacken mündeten. Zudem wurde sie auch noch von kleinen roten Blättern und Beeren geschmückt, die sich rund um den Kopf wanden. Er trug einen purpurroten Umhang mit schwarzen Details, der Elemente des Waldes wie zum Beispiel kleine Pflanzen, Blätter und Ranken zeigte, und während des Hinabschreitens elegant hinter ihm her floss. Seine Robe war für ihn kaum zu beschreiben, denn sie wirkte zugleich schwarz, azurblau und silbern. Eher wie ein Sternenhimmel als ein Kleidungstück. Am Kragen trug er eine silberfarbene Fibel, die einen von Ästen eingerahmten Rubin zeigte. Die Kombination von rot und schwarz wirkte edel und schrecklich zugleich.

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