Jahr 350 nach dem Götterkrieg, Spätherbst
Irgendwo zwischen Andras und Merun
Es dauerte nicht lange, bis sie den Wald erreichten. Sarah ritt voraus, den schmalen Weg durch das Gestrüpp. Hier würden ihnen die Soldaten wohl kaum folgen können, sie hatten selbst schon genug Probleme damit, voran zu kommen. Áed wusste nicht, wie lange es gedauert hatte, aber irgendwann ließen sich auch diesen Wald hinter sich. Sie ritten die ganze Nacht hindurch. Als sie einen schmalen Fluss fanden, folgten sie diesem.
Keiner von ihnen hatte etwas zu sagen. Ihre Situation war schlecht. Zum Tode verurteilt und auf der Flucht. Áed kannte diese Gegend nicht und vertraute darauf, dass es Sarah tat. Sie war verwundet und er wusste nicht, wie lange sie noch ohne einen Medicus auskommen würde. Er richtete ein stummes Gebet an den Nachthimmel über ihnen, dass Nyx sie noch nicht zu sich holen möge.
Gegen Morgen, noch vor Sonnenaufgang führte sie der Fluss an ein altes Mühlenhaus. Das Rad drehte sich nicht mehr und das Wasser floss nur über die hölzernen Blätter. Es war am Rande eines kleinen Waldes errichtet worden. Abgelegen, aber es musste hier eine Stadt oder zumindest ein kleines Dorf geben, das weniger als einen Tagesritt entfernt lag. Hier gab es auch wieder einen weg, dem sie folgen konnten und sie vermutlich dorthin führen würde.
Gemächlich ritten sie an die Brücke heran, die sie über den Fluss zum Hof bringen würde.
„Sollen wir hier rasten? Die Pferde brauchen eine Pause und du sicherlich auch", wandte Áed besorgt an Sarah. Sie schnaubte verächtlich.
„Ich könnte noch mindestens bis Sonnenaufgang weiter reiten. Den nächsten Ort könnten wir sicher noch erreichen", erwiderte sie. „Aber die Pferde brauchen eine Pause, ja", fügte sie etwas sanfter hinzu.
Er hätte fast mit den Augen verdreht. „Na gut, dann brauchen die Pferde und ich halt eine Pause."
Sie überquerten die Brücke und besahen sich den Hof genauer. Es gab neben dem Mühlenhaus, das wohl auch zugleich das Lagerhaus war, ein Wohnhaus und einen Stall in einem offenen Viereck angeordnet, wobei sich das Wohnhaus gegenüber dem Mühlenhaus befand.
Die Pferde brachten sie in den Stall und versorgten sie. Es gab noch Heu hier und Áed holte Wasser aus dem Fluss. Danach gingen sie selbst zum Wohnhaus. Sarah humpelte etwas, aber gab wohl ihr bestes, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie verletzt war. Auch, wenn der Verband schon vollständig rot gefärbt war und dringend gewechselt werden sollte.
Als sie anklopften, reagierte niemand darauf. Sie versuchten es erneut. Wieder keine Antwort. Er gab ihr zu verstehen, an der Tür zu warten und dann ging Áed einmal um das kleine Haus herum. Egal, durch welches Fenster er sah, er fand niemanden darin.
„Wir sind hier wohl allein. Im Haus ist niemand", eröffnete er ihr.
„Dann stören wir auch niemanden." Sie öffnete die Tür und trat ein. Die Sonne stieg nun langsam über dem Wald auf und tauchte den Hof in ein warmes Licht.
Im Haus war alles sauber und ordentlich aufgeräumt. Wenn man es betrat, stand man direkt in der Küche, die wohl auch als Stube diente. Rechts führten zwei Türen ab. Eine in die Vorratskammer, die zwar nicht voll, aber noch erstaunlich gut gefüllt war. Die andere in ein Schlafzimmer.
„Ich denke, gegen Mittag sollten wir weiterziehen, aber bis dahin gehört das hier uns", meinte Áed, als er mit einigen Vorräten aus der Kammer zurückkam.
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Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]
FantezieDie Welt liegt im Sterben. Die Bäume verdorren, der Boden wird unfruchtbar und die Toten weigern sich, tot zu bleiben. Wie eine Krankheit breitet es sich vom Westen her aus. Aus dem Eisenwald heraus und über die zentralen Ebenen und die Flusslande. ...