LXXXII - Wenn uns niemand zuhört

1 1 0
                                    

Jahr 350 nach dem Götterkrieg, Winter

Cnocdragan, Kaiserreich


Áed stieg aus dem Zuber und begann sich abzutrocknen. Das Badezimmer des Hauses Devane stand den öffentlichen Badehäusern in den großen Städten des Kaiserreiches in wenig nach. Geflieste Böden und Wände. Eingelassene Muster aus buntem Stein. Ein Tintenfisch, ein Seepferd, irgendwelche Fische, die Áed nicht genauer einordnen konnte. Der Boden des Bades war sogar beheizt.

"Ich möchte, dass du mir zuhörst."

Áed hatte gerade das Handtuch vor seinem Gesicht, als die Frau begann zu sprechen. Er war sich sicher, dass er alleine in diesem Raum war. Es war niemand hier gewesen, als er ihn betreten hatte. Er wollte sich zu der Stimme umdrehen.

"Na! Nur zuhören. Augen weiter nach vorne."

Er gehorchte.

"Ich dachte eigentlich, dass ich die Magierin erwischen würde, aber naja. Du scheinst mir auch gut geeignet für diese Nachricht."

Áed hörte einen fetten Käfer mit seinem Flügeln brummen.

"Erstmal möchte ich, dass du weißt, dass ich es unglaublich witzig finde, wie ihr meinem Bruder zugesetzt habt. Er hat sich zwar leider wieder ganz gut erholt, aber ihr habt ihn gut erwischt. Vielleicht klappt es ja das nächste Mal sogar."

Er hörte Schritte über den nassen Stein.

"Ihr habt es ja eigentlich ganz nett hier. Wirklich eine Schande, dass das alles bald vorbei sein wird.

Weißt du, mein Bruder hat etwas das Ziel aus den Augen verloren, als er euch nachgejagt ist. Ein Leuchtfeuer für eure kleine Gruppe? Wirklich eine Verschwendung. Aber jetzt da ihr hier seid, lässt sich ja beides auf einmal erledigen."

Áed spürte eine Hand auf seiner Schulter und zuckte zusammen.

"Euer kleines Kaiserreich wird fallen, so wie die Elfen gefallen sind und ihr werdet sterben, wie ihr sie an euren Grenzen geschlachtet habt. Und wisse kleiner Mensch, dass ihr nichts daran ändern könnt. Kämpft. Wehrt euch wie der Hund mit dem Bein in der Schlinge. Verzweifelt an eurer Hoffnung. Wir werden euch zusehen. Und wenn ihr nicht mehr weiter wisst, wenn ihr daran zerbrochen seid, dann werden wir euch mit offenen Armen empfangen."

Die Finger glitten von seiner Schulter an seinen Hals. Kein Fleisch war an ihnen. Er spürte nur eine glatte Oberfläche wie warmes Glas und er wusste, was sie war. Er hatte es vor Moore gesehen. An der alten Mühle und in Cruidín und Carraig an Iarainn. Er hatte erlebt, was sie angerichtet hatten. Hätte er sich rühren können, wäre er nackt wie er war, gerannt.

"Erzähl es ihnen. Sag ihnen, dass wir hier sind. Es wird nichts ändern." Sie trat von ihm zurück. "Und schick mir das nächste Mal die Magierin." Dann war er alleine.

Er drehte sich um. In dem Raum war niemand mehr; keine Anzeichen darauf, dass sie eben noch mit ihm gesprochen hatte. Scheiße. Wer war das?


"Was für eine verdammte Scheiße?! Ich dachte, wir wären das Arschloch los!" Sara ging im Wohnzimmer auf und ab. "Hast du sie gesehen? Weißt, wer sie ist?"

"Nein. Aber es macht doch keinen Unterschied", erwiderte Áed.

Sara wollte gerade zu einer Tirade ausholen, da beschwichtigte Odhrán: "Sara, beruhig dich. Er hat recht. Wir kommen so nicht weiter."

Die Mitglieder des Devane Haushaltes hatten ihnen den Raum überlassen und so saßen sie nun nur zu dritt vor dem Kamin. Sara stand. Der Rest saß.

"Bei Táldirs linkem Ei! Wieso seid ihr so ruhig? Wir reden schon von den gleichen Leuten, oder? Das Arschloch, das Caelan umgebracht hat? Schau in den scheiß Spiegel, Odhrán. Hast du dich gesehen? Er hat dich von innen verbrannt."

Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt