Jahr 350 nach dem Götterkrieg, Winter
Fort Carraig an Iarainn, Kaiserreich
Odhrán wischte sich Blut aus dem Gesicht, stemmte einen Fuß gegen den Kopf des Fomhórach und zog die Spitze des Krähenschnabel heraus. "So viel zu meinem Ruhestand."
Áed stand fassungslos da. Es war erschreckend, wozu dieser Mann fähig war.
"Wir sollten verschwinden", kam es schwach von Sara. Sie hatte sich wieder auf ihre Beine gekämpft, ihren Weg zu ihnen gefunden und Áed stützte sie. Hinter ihr stand das Tor nach Carraig an Iarainn offen und Soldaten standen mit gezogenen Waffen da und warteten auf einen Befehl. Ausaláin trat zwischen ihnen hindurch und einen Schritt aus dem Fort heraus.
"Das Edikt verlangt, dass ich euch festnehme und der Inquisition übergebe."
Er hob seine Hand, um den Soldaten Einhalt zu gebieten, die bereits einen Schritt nach vorne machen wollten.
"Aber mir ist nicht entgangen, dass ihr hier vielleicht dutzenden meiner Männer und Frauen das Leben gerettet habt. Und damit bringt ihr mich in eine schwierige Situation. Wenn ich euch ausliefere folge ich dem Gesetz und verstoße gegen die Ehre. Wenn ich - wie ich finde - das Richtige tue und euch gehen lasse, breche ich das Gesetz. In keinem Fall bin ich diesen Männern und Frauen ein gutes Vorbild."
Und damit rollte eine neue Welle des Grauens über Áed hinweg. Von einer beschissenen Situation zur nächsten. Und einmal mehr wünschte er sich, er wäre dem Beispiel seines Vaters gefolgt.
"Deserteure, Magier und Magiersympathisanten... Was soll ich mit euch tun?"
Ausaláin drehte sich zu seinen Truppen um und hob seine Stimme:
"Ihr seid das seid der seid das Schwert des Kaisers, sein Schild, sein Speer. Sein Wille und seine Ehre. Was soll ich mit ihnen tun?"
Áed bereitete sich auch das Schlimmste vor. Aus dieser Situation würden sie nicht entkommen. Er vielleicht. Odhrán vielleicht. Sara war in einem furchtbaren Zustand und würde nicht weit kommen und der Rest des Trupps war noch innerhalb der Mauern. Sie würden es nie nach draußen schaffen. Also nach allem doch eine Hinrichtung? Sein Herz raste und er wollte etwas tun. Irgendetwas. Aber was? Von hier gab es keinen Ausweg. Ihr aller Schicksal lag jetzt in den Händen dieser Frauen und Männer, die ihr Leben dem Thron geschworen hatten. Er sah zu Sara, die sie auf seine Schulter stützte. In ihrem Gesicht sah er nichts. Keine Furcht. Keine Wut.
Dann kam der Lärm, das Geschrei der Truppen bei ihnen an. Es war alles durcheinander; er konnte keine einzelnen Stimmen ausmachen und er sah sich schon in die Arena marschieren. Hoffentlich würde er gegen einen Menschen antreten. Zumindest würde er dann schnell sterben.
"Monsterschlächter!"
"Sie haben uns den Arsch gerettet!"
"Lass sie gehen!"
Einzelne Sätze schafften es zu ihm und beinahe hätten seine Knie nachgegeben. Dieses eine Mal... Dieses eine Mal hatten sie genug Glück. Mussten nicht fliehen.
"Das klingt für mich recht eindeutig." Ausaláin hatte sich wieder ihnen zugewandt. "Ihr verschwindet von hier und ich vergesse, dass ihr hier wart. Das löst unser aller Probleme. Ich gebe euch sogar zwei neue Pferde für euren Karren. Aber dann hoffe ich, euch nie wieder zu sehen." Er verteilte Anweisungen an seine Soldaten und verschwand dann im Fort.
Die erste Stunde ihrer Reise verlief ereignislos, doch Áed wurde das Gefühl einfach nicht los, dass sie jeden Moment wieder angegriffen werden konnten. Es vermieste ihm diesen schönen Wintertag.
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Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]
FantasíaDie Welt liegt im Sterben. Die Bäume verdorren, der Boden wird unfruchtbar und die Toten weigern sich, tot zu bleiben. Wie eine Krankheit breitet es sich vom Westen her aus. Aus dem Eisenwald heraus und über die zentralen Ebenen und die Flusslande. ...