Kapitel 15

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Was sollte ich an so einem trüben und regnerischen Tag machen? Ich saß gerne draußen und genoss die Natur, ich wollte sie erkunden und alle Eindrücke aufsaugen wie ein Schwamm. Doch Luke hatte recht, bei diesem Gewitter war es einfach zu gefährlich sich in der Nähe des Berges aufzuhalten. Selbst für mich. Oder gerade für mich...
Ich eilte nach oben um mir trockene Kleidung anzuziehen. Von der kurzen Strecke vom Auto ins Haus war ich komplett durchnässt worden. Ich beschloss vorher noch eine warme Dusche zu nehmen. Meine steifen Glieder dankten es mir.
Völlig entspannt ließ ich mich auf mein Bett fallen und machte die Nachttischschublade auf um nach einem Buch zu greifen.
Doch auf dem Buch lag der Ring den ich zuvor im See gefunden hatte. Ich griff danach und hielt ihn vor mein Gesicht um ihn zu betrachten. Auf dem Rücken liegend drehte ich ihn zwischen meinen Fingern hin und her. Mir viel eine Inschrift auf der Innenseite des Rings auf.
In meinen Augen sammelten sich die Tränen und ich lächelte.
Die Inschrift war in altem Hanja geschrieben worden, die alten Schriftzeichen Koreas. Die Zeichen die in den Ring eingraviert waren bedeuteten so viel wie Liebe und Mut. Es war der Ring den mir Kiro an unserem Hochzeitstag schenkte. Ich drückte ihn an meine Brust und musste lächeln. Er muss ihn nach der Explosion an sich genommen haben. Ich steckte ihn an meinen Finger und fühlte mich sofort besser.
Er schenkte mir Kraft.
>> Danke... << ich wusste, er würde es nicht hören aber ich war so glücklich, endlich wieder meinen Ring tragen zu können. Ich dachte, ich hätte ihn verloren. Als ich aufwachte und bemerkte, dass er nicht da war bin ich beinahe verrückt geworden. Gabe musste mit mir an den Ort der Schlacht zurück, sodass ich ihn suchen konnte. Ich wusste natürlich, dass ich ihn nach 1000 Jahren nicht mehr finden würde, aber ich musste es versuchen. Es war das einzige, dass ich noch von Kiro besaß. Den feinen Goldring an meinem Finger zu spüren machte mir Hoffnung, dass ich Kiro bald sehen würde. Ich war in diesem Moment einfach nur glücklich und wusste, dass ich alles schaffen konnte. Sobald ich den Ring angesteckt hatte spürte ich in meinem Bauch ein bekanntes Kribbeln.
Meine Kräfte erwachten wieder. Ob es an dem Ring lag wusste ich nicht, aber ich glaubte fest daran.
Mein Blick glitt zum Fenster, ich stand auf und stellte mich davor. Draußen tobte noch immer das Gewitter. Doch irgendetwas war anders. Ich versuchte in mich reinzuhören und verstummte. Der Berg rief noch immer nach mir. Ich spürte wie etwas in mir wollte, dass ich dorthin zurückging. Sofort.
Ich hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Ich wusste, dass etwas vor sich ging und beeilte mich mir eine Jacke und festes Schuhwerk anzuziehen. Jemand brauchte meine Hilfe.
Der Regen peitschte mir ins Gesicht, doch ich rannte durch den Wald dem Berg entgegen. Der Matsch und die freiliegenden Wurzeln störten mich nicht. Ich hatte meine Flügel noch nicht wieder zurück, hatte aber trotzdem das Gefühl als würde ich fliegen. Ich hatte die Lichtung erreicht und einen freien Blick auf den Berggipfel. Die dunklen Wolken um den Gipfel wurden von Sekunde zu Sekunde dunkler und gefährlicher, meine Sinne warnten mich vor dem Höllentor doch ich konnte nicht stehenbleiben.
Mir schlugen die Äste ins Gesicht als ich weiter durch den Wald rannte. Mein Gesicht schmerzte kurz bevor sich die Wunden wieder von selbst schlossen. Völlig außer Atem blieb ich kurz am unteren Ende der Berges stehen, wie lange hatte ich hierher gebraucht? Regenerierten sich meine Kräfte tatsächlich so schnell wieder? Ich holte noch einmal tief Luft bevor ich mich an den Aufstieg machte. Der Weg um den Berg herum würde zu lange dauern also entschloss ich mich die steile Wand hochzuklettern.
Ich versuchte, nicht an den nassen Steinen abzurutschen.
Ich kletterte weiter bis ich fast am Gipfel war, dann rutschten meine Schuhe auf einem nassen Stein ab und ich begann einige Meter in die Tiefe zu fallen.
Mein Herz raste und ich konnte mich irgendwie wieder festhalten. Ich hing mitten in der Luft, eine Hand am Felsvorsprung. Unter mir der Abgrund, ich musste fest schlucken als ich nach unten sah. Ich zog mich mit aller Kraft hoch und begann den Aufstieg durch die dichten schwarzen Wolken von neuem.
Am Gipfel angekommen zog ich mich mit letzter Kraft über die steile Klippe und blieb kurz sitzen um Luft zu holen. Ich war völlig außer Puste. Mein Blick glitt hinter mich, der Abgrund war beängstigend.
Dort wo ich gerade noch kniete schlug ein Blitz ein und ich sprang nach vorne um nicht getroffen zu werden. Ich durfte keine Zeit verlieren und schloss die Augen. Ich betete dafür, dass mich meine wiedergeweckten Kräfte jetzt nicht im Stich ließen.
Hinter einer Felswand musste ein schmaler Spalt sein, der nur von magischen Wesen gesehen werden konnte.
Ich stand vor der Felswand und versuchte den Spalt zu finden, er musste hier sein! Hinter einem Vorhang aus Efeu erkannte ich einen Lichtschimmer. Das war das Tor zur Hölle. Ich ging darauf zu, strich den grünen Vorhang zur Seite und schlüpfte hindurch. Ich befand mich in einer durch Fackeln beleuchteten Höhle und musste mich kurz an die Dunkelheit gewöhnen. Es war beängstigend, so dunkel und bedrohlich hatte ich mir diesen Ort nicht vorgestellt. Ich hoffte nur, dass ich schnell finden würde was der Berg mir sagen wollte.
Weiter hinten hörte ich einen Schrei, gefolgt von einem schmerzerfüllten Laut. Mir gefror das Blut in den Adern. Ich ging durch die dunklen Gänge hindurch, die Stimme wurde immer lauter und durchdringender. Höhle für Höhle hörte ich die Schreie immer deutlicher.
Ich stand am Eingang zur letzten Höhle und machte mich darauf gefasst, was ich gleich sehen würde.
Doch darauf war ich nicht vorbereitet. 

Truly LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt