Vorwürfe

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Ich kehrte zurück zu meinem Vater, der mittlerweile in meinem Wohnzimmer saß. Er schaute sehr in Gedanken versunken ins Leere. „Todo bien Papá?", "Si si. Sag mal, das was du Leonora vorhin gesagt hast mit der Magersucht und so, stimmt das?" Ich seufzte. Das war es was meinen Vater so beschäftigte. „Leider Ja. Ich glaube zwar nicht, dass sie untergewichtig ist, aber es kann gut sein, dass sie sich hart an der Grenze befindet. Ich weiß es nicht. Sie war schon seit über einem Jahr nicht mehr zum Check-Up. Ich konnte es nicht machen, während ihr weg wart, weil ihr als Sorgeberechtigte zustimmen müsst. Aber ja, ich habe echt Angst, dass sie in eine Magersucht oder Bulimie rutscht. Sie hat noch nie viel gegessen, was auch nicht unbedingt schlimm ist, aber wenn sie zu wenig isst, dann kann das echt gefährlich werden.", „Hmm..", Papa schien das echt schwer mitzunehmen. „Qué pasa?", "Nada,... solo.. naja, ich mach mir Vorwürfe, weil ich immer so weit weg bin und weil ich nicht erkannt habe, wie eure Mutter zu Marilena war. Du tust einfach so viel für deine Schwester und ich habe es nicht mal auf die Reihe gekriegt regelmäßig anzurufen und daran zu denken, dass sie zum Arzt muss, oder aufzupassen, dass sie genug isst.", „Da kannst du nur bedingt was für. Ich mach das alles gerne und es ist überhaupt nicht schlimm auf Mena aufzupassen, aber es kann wirklich kompliziert sein, wenn mal ein Sorgeberechtigter da sein muss, oder wenn etwas unterschrieben werden muss.", „Da hast du Recht. Darüber wollte ich auch mit dir reden. Mir ist das nämlich auch eingefallen. Mal davon abgesehen, dass Leonora das Sorgerecht für Marilena entzogen gehört. Könntest du dir vorstellen temporär Marilenas Sorgeberchtigter zu sein, also immer, wenn ich auf Geschäftsreise bin. Ich hab darüber nämlich in den letzten Wochen nachgedacht und einen Kollegen aus unserer Rechtsabteilung gefragt, es gibt tatsächlich eine Form, bei der das möglich wäre."
Ich war etwas sprachlos, vor Freude. Nie im Leben hätte ich daran gedacht. Aber ja, es würde sehr vieles einfacher machen, da ich wusste, dass Papa öfter mal für ein paar Wochen weg musste. Das mit Mama sollte er machen, wie er meinte, dass es richtig wäre. „Na komm schon, sag was Junge.", „Ähh.. Ja, gerne. Liebendgern, wenn Marilena damit einverstanden ist.", „Ich frage sie. Das würde sowieso noch ne Weile dauern. Erst lass ich mich von eurer Mutter scheiden und lass ihr das Sorgerecht entziehen. Wie kann man nur so skrupellos sein. Aaaahhh! Ich könnte sie umbringen!", „Papa, dein Blutdruck.", „Du hast ja Recht."
„Bevor ich es vergesse", sagte ich, „Ich habe beschlossen du, Marilena und ich gehen heute Abend zum Italiener im Park. Damit wir alle raus kommen und Mena nicht mehr so sauer auf mich ist. Klingt das für dich nach nem Plan?", „Einem sehr guten sogar. Ich freue mich. Dann geh ich mal nach unten, schmeiß die kalte Pizza weg, räum meinen Koffer aus und ruf gleich mal unseren Anwalt an. Der wird Augen machen, wenn ich ihm sage, dass wir uns scheiden lassen.", „Willst du das wirklich Papa? Du musst das nicht nur wegen Marilena machen.", „Doch, es ist das Richtige. Eure Mutter war nie so richtig die Frau, die ich an meiner Seite wollte. Sie war immer nur am Gewinn und dem Geld interessiert. Mir ist es nur nie aufgefallen, aber das mit Marilena heute hat mir den letzten Stoß gegeben und mir die Augen geöffnet.", „Na dann, mach das was du für richtig hältst.", „Das werde ich. Fahren wir mit deinem Auto heute Abend?", „Ja klar. Nimm Mena mal lieber mit runter. Ihr habt euch echt lange nicht mehr gesehen und sie hat dich wirklich sehr vermisst. Ich muss sowieso noch ein paar Patientenakten durchgehen.", „Alles klar. Bis 18:00 Uhr?", „Ja. Ich reservier für 18:30 Uhr, dann wärs praktisch wenn wir etwa 18:00 Uhr los machen. Tschau Papá.", „Tschau hijo."
Ich ging in mein Arbeitszimmer,welches ich abschließen konnte und machte mich an die Überprüfung der Patientenakten meiner Assistenzärzte.

Ich und meine 5/3 BrüderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt