Gedanken zum Anfang

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Warum schreibe ich dieses Tagebuch (oder genauer gesagt "Wochenbuch", ich will euch ja von den spannenden Sachen berichten und nicht von der 250. Blutentnahme ;-) )? 

Zum einen, weil ich mir dachte, es wäre ganz interessant für euch zu erfahren, was ich in meinem praktischen Jahr im Krankenhaus erlebe. Das praktische Jahr (oder kurz "PJ") ist das 6. und damit letzte Jahr im Medizinstudium. Natürlich machen wir auch vorher Praktika im Krankenhaus, aber im PJ arbeitet man wirklich ein Jahr durchgehend in der Klinik. Es teilt sich auf in die Pflichfächer Chirurgie (Juhu, mein Lieblingsfach! Nee, Spaß :D) und Innere Medizin (Herz, Lunge etc.) und ein Wahlfach (welches meines ist, erfahrt ihr später noch, ich will euch ja nicht gleich die Spannung verderben). In jedem Fach verbringt man 4 Monate. Oft kommen ältere Ärzte wie Halbgötter in Weiß rüber und mit diesem Buch zeige ich euch, dass jeder mal klein angefangen hat und anfangs in jede Menge Fettnäpfchen getreten ist. Patienten bekommen nicht alles mit, also auch wenn der Student/Arzt so wirkt, als hätte er den vollen Durchblick was er da tut, sieht das in Wirklichkeit oft ein wenig anders aus. 

Außerdem ist es für mich selbst nett, ein Tagebuch über mein erstes richtiges Jahr in der Klinik zu führen, um mich später an diese wichtige Zeit zurückerinnern zu können (mit allen Höhen und Tiefen). Bestimmt werde ich in diesem Jahr viel erleben und es ist einfacher, Erfahrungen zu teilen und sich das, was einen bewegt, von der Seele zu schreiben. Aus Datenschutzgründen kann ich natürlich nicht ins Detail gehen, aber ich hoffe, ihr könnt mich mit Hilfe dieses Buches trotzdem während meines PJs begleiten. 

Auf was freue ich mich am meisten?

Natürlich aufs Blutabnehmen, hehehe... Nein, Spaß, so gemein bin ich wirklich nicht. Am meisten freue ich mich auf die Arbeit mit den Patienten und darauf, praktische Fähigkeiten erlernen und verbessern zu können (Menschen im OP zusammenzunähen, mit den Ärzten "Ich sehe was, was du nicht siehst" auf Röntgenbildern zu spielen und bunte EKG-Elektroden aufzukleben). Auch darauf, als vollwertiges Teammitglied in den Stationsalltag eingebunden zu werden (wenn ich Glück mit der Klinik habe) und im PJ-Unterricht jede Menge schlauer Dinge zu lernen. Und nicht zuletzt natürlich auf eine coole Zeit mit den anderen Studenten und auszubildenden Physios, Krankenpflegern und MTAs im Wohnheim ;-)

Und vor was schlottern mir die Knie?

Davor im OP umzukippen. Ich hab nicht den besten Kreislauf und stundenlang dick eingepackt in sterilem OP-Zubehör (Kittel, Haube, Handschuhe) auf der Stelle zu stehen haut bisweilen den sportlichsten Assistenzarzt aus den Socken. Und natürlich davor, mit schlimmen Situationen konfrontiert zu sein (Reanimation, Reden mit schockierten Angehörigen, Corona). Auch bei Fehlern angeschrien zu werden oder als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden, die man wie einen Fußabtreter behandeln kann. Letzteres wird hoffentlich nicht der Fall sein, da ich mich vor der Buchung meiner PJ-Plätze gründlich informiert habe, wo man als Student was lernt und wo man in der Hierarchie unter der Küchenschabe steht.

                                                             *

So, das waren die wichtigsten Gedanken zu Anfang. Falls ihr Fragen habt, immer nur her damit, ich beiße (noch) nicht! Nächste Woche erfahrt ihr dann, in welcher Abteilung ich mit dem PJ angefangen habe und was ich dort bisher so erlebt habe (sind die Leute nett, wie stelle ich mich so an, wie lebt es sich in Zeiten von social distancing im Wohnheim). 

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