Weiter geht's mit meinem Bericht aus der Notaufnahme. Die studentischen Fähigkeiten verbessern sich und damit steigen die Erwartungen und der Druck. Du stehst in der Notaufnahme herum, du musst jetzt Leistung bringen. Arena frei.
Code Rot-Studentische Schockstarre
Irgendwann ist es doch passiert. Es piept, ich schaue auf die Anzeigentafel und es blinkt rot. Unfallchirurgie, Mehrfachfraktur, Schockraum. Schwestern und Ärzte laufen hektisch herum, fragen nach mehr Informationen. Jetzt zählt es, jeder kennt seine Aufgabe. Außer ich-ich verfalle in Schockstarre. Was soll ich machen? Mich mit in den Schockraum quetschen und ein EKG anlegen, einen Arm halten? Wo ist der Schockraum überhaupt? Was, wenn die Schwester mit der aufgezogenen Adrenalin-Spritze in mich reinrennt und der Patient wegen mir das Zeitliche segnet? Kurz und knapp: Ich bleibe draußen. Hätte ich vorher den Schockraum mal gesehen und gefragt, wo ich mich im Notfall hinstehen soll/darf, wäre ich mitgegangen, so wäre ich tatsächlich eher im Weg gestanden als zu helfen. Erkenntnis: Man muss sich nicht auf Biegen und Brechen überall dazuquetschen. Manchmal besteht die Aufgabe eines Studenten auch darin zu wissen, wann man besser wegbleibt.
Update: Mittlerweile habe ich mir den Schockraum zeigen lassen und weiß, von wo aus ich das nächste Mal zuschauen kann (hinter dem CT, da muss nämlich keiner lang). Auf jeden Fall ist der Schockraum ziemlich groß. Es gibt eine Liege für den Patienten, die auch unters CT-Gerät gefahren werden kann, ohne den Patienten zu bewegen, ein EKG- und Sonographiegerät und natürlich Intubationsmaterial, Nahtmaterial und Notfallmedikamente (zum Beispiel Adrenalin und Amiodaron bei Herzkreislaufstillstand).
Ich dachte ehrlich gesagt auch, dass jeder, der in den Schockraum kommt, in Lebensgefahr schwebt, ist aber nicht so. Oft wird der Schockraum angefordert, wenn man nicht ausschließen kann, dass der stabile Patient doch noch einen Kreislaufstillstand bekommt oder bei offenen Brüchen. Außerdem ist es gerade bei Code Rot wichtig, dass man eben nicht in Panik und Hektik verfällt, sondern die Ruhe bewahrt. Das muss ich auf jeden Fall noch üben, ich werde schon aufgeregt, wenn es gelb blinkt. Der Patient mit dem Code Rot ist übrigens mit einem komplizierten Bruch der Unterschenkelknochen und des Fußes davongekommen und war drei Tage später schon wieder auf der Normalstation, was mich sehr gefreut hat.
Reanimieren üben im Studentenunterricht-Trockenübung für den Ernstfall
Früh übt sich und beim Reanimieren am besten erstmal nicht am Patienten, sondern an der Puppe (kennt ihr vielleicht aus dem Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein). Unser Lehrer ist ein Anästhesist (Narkosearzt), der auch als Notarzt arbeitet. Witzigerweise ist er genauso, wie ich mir den perfekten Notarzt vorgestellt habe. Auf der einen Seite cool und gelassen, auf der anderen ehrgeizig und ein wahrer Anführer. Notärzte werden zu recht bewundert, den Job kann nicht jeder machen (ich geb's zu, der Franzose, der mir damals im Austauschsemester erzählte, er möchte Notarzt werden, hat einige anhimmelnde Blicke von mir abbekommen :D).
Angefangen haben wir mit der Laienreanimation (30 mal drücken, 2 mal beatmen), doch halt- wegen der Corona-Pandemie fällt das Beatmen momentan weg. Schließlich ist niemand gezwungen, sich selbst in Gefahr zu begeben, um anderen zu helfen. Mir wurde wieder mal klar, dass es nicht auf Kraft, sondern die richtige Technik ankommt (den Schwung aus der Hüfte, nicht den Armen zum Drücken nutzen) und nachdem der Defibrillator, den wir zwischendurch angeschlossen hatten, mich ein paar Mal zum tiefer Drücken aufgefordert hatte, hat es endlich geklappt. Vor dem Defibrillator muss niemand Angst haben, er spricht nämlich und erklärt Schritt für Schritt, was man tun muss. Selbst auf den Elektroden sind Bilder, die erklären, wo man sie festkleben muss. Man darf nur nicht vergessen, den Rettungsdienst zu rufen, bevor man mit dem Reanimieren anfängt (oder wenn vorhanden, andere auffordern, das zu tun), sonst drückt man sich dumm und blöde und keiner kommt!
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Medic to be
Não FicçãoMein letztes Studienjahr (oder auch Praktisches Jahr/PJ) im Krankenhaus. Werde ich im OP umkippen? Vor den Patienten so rüberkommen, als wüsste ich, was ich da tue? Und wie war das gleich nochmal mit der Pandemie? Feiert mit mir meine Erfolge und sc...