Bei den Nephrologinnen: Dialyse, Shunts und Schrumpelnieren

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Die Überschrift verrät es schon: Ich bin bei den Nephros gelandet, also auf der Nieren-Station. Nach meinen Wochen in der Notaufnahme und auf Intensiv war es gewöhnungsbedürftig, sich wieder an eine Normalstation zu gewöhnen, denn das bedeutet weniger Kontakt mit Patienten und mehr Papierkram. Trotzdem habe ich auf der Nephro schon einiges gelernt, wie ihr gleich lesen könnt.

100 Prozent Frauenquote: Die Nephro ist weiblich und Teamwork wird groß geschrieben

Der erste Eindruck vom Team der Nephro war positiv und-Überraschung: Hier arbeiten im ärztlichen Team wirklich nur Frauen. Von der Assistenzärztin bis hin zur Fachärztin und den Oberärztinnen sind alle vier nephrologischen Stellen von Frauen besetzt. Außerdem betreut die Nephro maximal acht Patienten auf einmal, was sie deutlich übersichtlicher macht als die Kardiologie, die teilweise bis zu zwölf Patienten auf einmal hatte. Die Nephro befindet sich auf derselben Station wie die Diabetologie und Angiologie, wovon die Patienten profitieren, denn Patienten mit geschädigten Nieren haben oft gleichzeitig Diabetes. Außerdem ist die Atmosphäre familiärer als auf der Kardio und man fühlt sich mehr als Team. Das liegt vermutlich daran, dass die Fachärztin und die Oberärztinnen dort schon länger gemeinsam arbeiten, während der Facharzt auf der Kardio als Honararzt nur ein Jahr lang dort arbeitet und vor allem mit wechselnden AssistenzärztInnen oder anderen Honorarärzten zusammenarbeitet.

Zusätzlich wird auf der Nephro mehr Wert auf gemeinsames Essen gelegt, so frühstückt man nach der Visite gemeinsam im Arztzimmer. Hierfür hat man auf der Nephro auch mehr Zeit, da sie weniger Patienten betreut als die Kardio und durch mehr erfahrene Ärztinnenim Team schneller mit der Arbeit fertig wird. Spannungen durch das rein weibliche Team gibt es glücklicherweise nicht, stattdessen werden in der Pause Photos von den Kindern der Ärztinnen gezeigt oder die Assistenzärztin berichtet von ihrer Wohnungssuche. An der Fachärztin und der jüngeren Oberärztin kann man sehen, dass sich Karriere und eine gute Work-Life-Balance mit Familie nicht ausschließen, denn sie bekommen ihren Job und Kinder unter einen Hut, achten nebenbei noch auf gesunde Ernährung und gehen joggen. Klar sind sie auch manchmal gestresst (vor allem, wenn die Kinder krank sind), aber trotzdem bis auf wenige Ausnahmen nett und gut drauf. Da man immer hört, wie schlecht ein Job als Ärztin sich mit einer Familie vereinbaren lässt, sieht man hier, dass in der richtigen Abteilung (siehe gute Personalsituation in der Nephro) auch beides möglich ist, ohne komplett in Stress zu versinken.

Und wie funktioniert die mysteriöse Dialyse und was ist ein Shunt?

Ein großes Patientenzimmer ist für Dialysen (Blutwäschen) von stationären Patienten reserviert. Eine Dialysemaschine ist ein riesiges Gerät mit Schläuchen, das Blut vom Patienten in die Maschine pumpt, wo es mit Hilfe eines Filters von Giftstoffen gereinigt und anschließend wieder in den Körper des Patienten zurückgeführt wird. Normalerweise übernehmen die Nieren die Entgiftung des Körpers von Abbauprodukten, die bei unterschiedlichen Stoffwechselvorgängen anfallen, doch bei vielen Patienten auf der Nephro sind die Nieren so schwer geschädigt, dass die Maschine diese Funktion übernehmen muss. Angeschlossen werden die Schläuche für die Dialyse meist über sogenannte Shunts. Das sind künstliche Verbindungen, die man zwischen einer Vene und einer Arterie geschaffen hat. Dadurch fließt mehr Blut durch die Vene und sie wird größer, was eine Dialyse einfacher macht. Die Dialysenadel wird vor der Dialyse in den Shunt gelegt, damit das Blut in die Maschine gepumpt werden kann. Eine Dialyse dauert 3-5 Stunden und muss ca. 3-mal pro Woche durchgeführt werden. Ambulante Patienten müssen für die Dialyse nicht extra auf die Station kommen, denn neben der Klinik gibt es ein ambulantes Dialysezentrum. 

Natürlich braucht man eine spezielle Ausbildung, um Dialysen anschließen und betreuen zu dürfen. Die Fachärztinnen besitzen diese Ausbildung und es gibt auch Krankenschwestern, die eine Fortbildung für die Durchführung von Dialysen machen. Außerdem sind die Patienten während der Dialyse an einen Monitor angeschlossen, der die Vitalparameter misst und die Maschine stoppt und piepst laut, wenn etwas nicht stimmt (wenn zum Beispiel Luft in den Schlauch geraten ist). Wenn die Dialyseschwester das Zimmer verlässt, nimmt sie eine Art Babyphon mit, damit sie hören kann, wann die Maschine piepst. Allgemein ist es eindrucksvoll zu sehen, wie Blut aus und in den Körper gepumpt werden kann. Für jüngere Patienten ist eine Organspende eine Möglichkeit, die Dialyse nicht mehr zu benötigen, doch aufgrund des Mangels an Spenderorganen sind solche oft nicht verfügbar.

Briefe, Briefe, Briefe

Im Gegensatz zur Kardio, wo von mir nicht erwartet/gewollt wurde, dass ich Briefe schreibe, weil die Patientenfälle zu komplex sind, habe ich auf der Nephro schon einige Briefe geschrieben. Dank einer übersichtlichen Zahl an Patienten habe ich einen besseren Überblick über die einzelnen Fälle und kann mich gut in die Patientengeschichte mit Anamnese, körperlicher Untersuchung, apparativen Untersuchungen (zum Beispiel Ultraschall oder Röntgen) und Laborwerten einarbeiten. Briefe schreiben ist gut, um sich eine Zusammenfassung über den Patientenfall zu erarbeiten, aber es gibt natürlich spannendere Aufgaben. Man fühlt sich  mehr als Teil des Teams, wenn man beim Briefe schreiben mithilft, aber dafür fehlt dann die Zeit, bei Untersuchungen in der Funktionsabteilung (ich hab immer noch keine Lungenfunktionsuntersuchung und erst einen Gefäßultraschall gesehen) zu zuschauen oder nochmal in der Notaufnahme vorbei zu sehen. 

Allgemein verbringt man auf der Nephro wie auf der Kardio nach der Visite viel Zeit mit Papierkram wie Briefe zu schreiben, Visiteneinträge zu vervollständigen und Voruntersuchungen beim Hausarzt hinterher zu telefonieren. Dennoch habe ich auch gelernt, wie man einen Anordnungsbogen ausfüllt (das ist der Bogen, der beschreibt, was für Untersuchungen der Patient braucht und welche Medikamente er bekommen soll). Das macht man am besten mit dem DAVID-Schema: D(iet) für empfohlene Nahrung-A(ctivity) für empfohlene Bewegung-V(ital parameter) für benötigte Vitalparameter wie Blutdruck oder Temperatur-I(nvestigation) für benötigte Untersuchungen wie Ultraschall oder Blutwerte-D(rugs and drains) für benötigte Medikamente und eventuell zu ziehende Drainagen. 

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Nach anstrengenden Wochen in der Klinik konnte ich endlich eine Woche lang in den Urlaub fahren und mich erholen. Ab Montag bin ich noch für eineinhalb Wochen in der Inneren und ihr könnt im nächsten Kapitel erfahren, ob ich es nochmal in die Notaufnahme oder in die Wundsprechstunde geschafft habe, bevor ich noch ein paar Tage frei habe und dann mit meinem Wahlfach beginne.

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